Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)
gestriegelt, habe sie angespornt, wenn sie schwächelten, und ich habe ihre Anspannung gespürt, wenn ich im Sandsturm ganz dicht bei ihnen lag und sich ihre Muskeln verhärteten.
Manchmal habe ich auch zu dem einen oder andern Kamel eine Art Beziehung aufgebaut, wenngleich ich keines jemals beim Namen genannt habe. Ihre Namen wollte ich nie wissen. Zu sehr wären sie mir ans Herz gewachsen, wusste ich doch, dass mir der Abschied dann noch schwerer fallen würde.
Auch zurück in Deutschland vermisse ich die Kamele oft. Und so durchdringen die Schritte meiner Wegbegleiter zuweilen nachts meine Träume. Wie flüchtige Schatten sehe ich dann ihre staubumwirbelten Leiber durch Sand und Stein dahinziehen, mit tappenden Schritten die Balance ihrer Körper haltend, in einem lichtflirrenden Ozean, wo die Linien im Sand filigranen Wasserwellen gleichen. Diesen endlos dahinfließenden Bewegungen möchte ich immerzu – in meinen Träumen – folgen und mich mit ihnen in der grellgelben Weite verlieren, wo sie mir nicht nur unendliche Freude bereiteten, sondern auch Freunde in der Not waren: vor allem wenn mir die Wüste an manchen Tagen als trostlose und feindliche Welt erschien, mein Waten im Sand viel Kraft aufsaugte, das Licht in den Augen schmerzte und ich mich in einem ungeheuer leeren Raum winzig und mutlos fühlte. Das waren Momente, in denen die Kamele für mich auch ein Stück Geborgenheit waren. Und es tat gut, ein lebendiges Wesen an meiner Seite zu wissen.
Ernährung und Energie
Beim Unterwegssein auf dem Meer oder in der Wüste beschränkt sich die Ernährung auf das Wesentliche. Alle Nahrungsmittel, die an Bord unter Deck oder in den Satteltaschen der Kamele verstaut werden, um für einen längeren Zeitraum autark zu sein, müssen bei der Zusammenstellung gut aufeinander abgestimmt werden. Kulinarische Delikatessen können natürlich nicht berücksichtigt werden, aber schmecken muss es. Denn bei einem strapaziösen Trip gibt es immer wieder Momente, in denen man unzufrieden, traurig oder einsam ist. Dann kann man mit einem guten Essen dagegenhalten. Und eine warme Mahlzeit, auch wenn sie nur aus einfachsten Zutaten besteht, verändert das Stimmungsbarometer, kompensiert viele negative Seelenlagen und ist der Quell frischer Energie.
Kokosnuss & Corned Beef
Wilfried Erdmann
Ich denke, diese Suppe wäre besser, um darin zu schwimmen, als um sie auszulöffeln.
Robert Louis Stevenson
Wie haben wir uns Essen an Bord und Verproviantierung vorzustellen, als ich mich 1966 zur Atlantiküberquerung rüstete?
Keineswegs sorgfältig geplant und mit Listen oder gar nach Bedarf an Kilokalorien. Ich wusste nur, dass dieser nach einer anstrengenden Sturmphase sicher hoch sein würde, vielleicht 4000. Ob ich eher Kohlenhydrate oder Fett verbrennen würde? Keine Ahnung. Es kümmerte mich auch nicht. Ich war 26 Jahre alt und packte an Proviant nur ein, was mir schmackhaft schien. Kochen konnte ich jedenfalls nicht.
Immerhin bunkerte ich einen ganzen Sack Zwiebeln als Vitaminträger. Ich hatte gelesen, dass sich schon Columbus überreichlich damit versorgt hatte. Die Spanier bunkerten für eine Ozeanfahrt Zwiebeln gegen Skorbut, die Engländer Limes und Rum. Als Trinkreserve staute ich kartonweise Saft in Dosen.
Dann war ich einfach losgesegelt. Die Menge des Proviants hatte ich nach Gefühl kalkuliert und auf die zu erwartende Zeit hochgerechnet. Ich wusste nicht, wie viele Tage ich für die Überquerung einplanen musste und wie viel ich an Verpflegung verbrauchen würde. Ich segelte und segelte länger als jeder andere über den Atlantik, doch der Proviant hat gereicht.Ein richtiges Essen kochen lernte ich nicht. Nur Bohnen, Erbsen, Möhren und anderes Gemüse aus Konserven wurden aufgewärmt. Meist als Beilage zu Reis und Nudeln. Mit Kartoffeln und Fleischprodukten hielt ich mich zurück. Als Dessert stand mir meist eine Dose Früchte zur Verfügung, Höhepunkt war ein Becher Kakao mit einer Stange Butterkeks. Die absolute Krönung bildete eine Flasche Bier, aber zu feiern gab es nicht viel, sodass sechs Flaschen und eine Handvoll Tafeln Schokolade für die Atlantiküberquerung ausreichten.
Nachdem wir Kym einen Fisch gefangen hatten, war Fisch sein Leben.
Alles, was in der tropischen Hitze den Durst stillt, ist doppelt lecker. Kaffee trank ich damals nicht, sondern vor allem Tee, Milch und Wasser. Saft aus Dosen, bestimmt nicht sonderlich vitaminreich, stürzte ich schnell hinunter, weil er gesund sein sollte.
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