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Von Flammen verzehrt

Von Flammen verzehrt

Titel: Von Flammen verzehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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über ihren beschissenen Job, den sie nun aufgrund ihrer Abwesenheit sicher verlieren würde. Wenn es ihnen gelingen sollte, Chloé zu befreien, dann stünden sie vor den Trümmern ihres Lebens. Sie müssten wieder bei null anfangen!
    Aber irgendwie gelang es ihr, das als unwichtig abzutun, sobald sie Juliens Blick auf sich ruhen spürte. Nie hatte sie sich einem Menschen mehr verbunden gefühlt, und sie wollte nicht glauben, dass die Sache zwischen ihm und ihr nicht etwas Besonderes war. Sie wollte dieses Gefühl der erwachenden Liebe festhalten und darin den Halt finden, der ihrem Leben so sehr fehlte.
    Sie verflocht ihre Finger mit seinen und spürte die Lederstulpe unter seinem kuttenähnlichen Hemd, als ihre Arme sich berührten. Er trug – ähnlich wie Gabriel in Paris – über seiner Hose etwas, das einem altmodischen Waffenrock glich. Der breite Gurt aus Leder um seine Taille war glänzend bestickt, und in einem Schaft seines Stiefels versteckte sich ein kleines Messer mit rubinroter Schneide. Ein dunkler Ledermantel verlieh dem ganzen eine etwas unauffälligere Note. Nur sie, die ihm so nahe war, erkannte, dass er sich von anderen unterschied. Er trug seine ungewöhnliche Kleidung mit einer Selbstverständlichkeit, dass auch Fay sich schon nach wenigen Augenblicken daran gewöhnt hatte. Wenn sie an die Pfeile in Gabriels Brust zurückdachte, dann war sie sogar froh um den Schutz, den Juliens Kleidung ihm bot.
    Es war unvorstellbar, dass er ein Krieger sein sollte, wo er ihr doch Stunden der Zärtlichkeit beschert hatte, die sie nie für möglich gehalten hatte. Wie konnte so ein Mann eine Waffe führen? Doch die Narben, die er am Körper trug, zeigten deutlich, dass Julien mehr war als der gut aussehende Mann, der er auf den ersten Blick zu sein schien.
    „Julien?“, fragte sie unsicher und blieb mitten auf der Brücke stehen. Sie griff nach seiner zweiten Hand und sah ihm in die Augen. „Julien, du hast gesagt, es wird alles gut gehen … aber wenn nicht … dann …“
    „Dir wird nichts geschehen, Fay“, versuchte er, sie zu beruhigen, aber sie schüttelte energisch den Kopf.
    „Nein, hör mir zu! Ich weiß, du willst das nicht hören, und ich weiß, du hast deine Gründe, dich nicht ebenfalls zu öffnen, aber ich will dir das sagen, ehe … ehe wir weitergehen.“
    Sie suchte in seinen undurchsichtigen Augen nach Zustimmung. „Ich lie …“
    „Nicht!“
    Mit einem Kuss unterbrach er sie. Obwohl seine Lippen auf ihren ein Versuch waren, sie um Verzeihung zu bitten, wusste sie, dass er ihrer Liebe noch immer keine Chance gab.
    Er hielt sie fest in seinen starken Armen und seine Finger gruben sich in ihre roten Locken, aber Fay hörte Bedauern in seiner Stimme, als er flüsterte: „Ich werde vielleicht gezwungen sein, Entscheidungen zu treffen, die … keine Rücksicht auf meine oder deine Gefühle erlauben, Fay. Versuch nicht, mich als etwas zu sehen, das ich nicht bin. Wir sprechen über uns … wenn das alles hier vorüber ist. Lass uns nun Chloé retten, ja?“
    Fay war den Tränen nahe, aber sie nickte. Das Letzte, was sie wollte, war, sich lächerlich zu machen, und so schluckte sie die Enttäuschung hinunter und deutete auf die Kirche, die vor ihnen aufragte.
    „Ist es dort?“
    „Ja. Der Bocca della Verità befindet sich in der Vorhalle der Kirche. Wenn wir dort sind, möchte ich, dass du dich hinter mir hältst und versuchst, immer eine Wand in deinem Rücken zu haben.“
    Fay nickte stumm. Der Schweiß lief ihr den Rücken hinab, während sie auf die Kirche zugingen.
    Rhododendren wuchsen zu beiden Seiten des Weges, und ein steinerner Pavillon sah wie verwunschen aus, so umrankte ihn der Efeu. Schlanke Zypressen neben rundgeschnittenen Bäumen und im Schatten wachsenden Gräsern verwandelten sich vor Fays Augen in das perfekte Versteck für Psychopathen.
    Julien hielt noch immer ihre Hand, als sie schnell über die Straße rannten und die Vorhalle der Kirche betraten.
    „Sind wir hier richtig?“, fragte sie, und ihre Worte klangen in der Säulenhalle hohl.
    Mit schnellen Schritten hatte Julien den ehemaligen Schachtdeckel erreicht und fluchte. Ein Umschlag mit einem Lorbeerzweig steckte im Mund der Flussgottheit.
    „Was ist los?“ Fay trat zu ihm und versuchte, zu erkennen, was er in Händen hielt.
    „Eine neue Nachricht – vom Wanderer“, murrte er und riss den Umschlag auf.
    „Er schreibt, wir müssten den Weg der Wahrheit beschreiten, um zu ihm zu gelangen. Die blinde Frau

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