Von jetzt auf gleich
sich daran erinnern, eine Menge Geld besessen zu haben?«
Hat Travis ihn auf diese Spur gebracht? Ben? Ich war nahe dran, aufzugeben. »Nein«, sagte ich.
Es gab eine kurze Pause, um ein neues Band einzulegen. Und als es weiterging, musste Travis unter Eid aussagen.
»Bitte sagen Sie uns Ihren Namen, und buchstabieren Sie ihn für das Protokoll«, sagte unsere Anwältin.
Dann fing sie an, seine persönliche Geschichte zu durchleuchten, und ich war gelangweilt, aber wütend genug, um nicht ganz abzuschalten.
»Waren Sie vorher jemals in einen Autounfall verwickelt?«, fragte unsere Anwältin.
»Einspruch gegen die Form«, sagte Manning, »Sie können antworten.«
»Einmal, als ich siebzehn war«, sagte Travis.
»Sind Sie schon einmal verklagt worden?«
»Nein.«
»Wo wohnen Sie?«
»Siebzehnte Straße Ost.«
»Leben Sie allein?«
»Ja«, antwortete Travis.
»Sind Sie verheiratet?«, fragte unsere Anwältin.
»Einspruch«, sagte Ben, und Manning sah ihn von der Seite an.
»Bleiben Sie bei der Sache.«
»Ich bin lediglich dabei, die Lebensumstände festzustellen«, antwortete unsere Anwältin. »Das ist eine Aussage unter Eid, Ben. Wir können es streichen, wenn dem Einspruch stattgegeben wird, aber das sind Hintergrundinformationen.«
Ben schaute zu Travis.
»Sind Sie verheiratet?«, wiederholte unsere Anwältin.
»Ja«, antwortete Travis.
24. Aus und vorbei
Nie im Leben wäre ich darauf gekommen, dass Travis verheiratet sein könnte.
Ich war geschockt, verletzt, traurig, wütend.
Es heißt, dass man bei der Bewältigung von Trauer verschiedene Phasen durchläuft: Schock, Leugnen, Wut und Akzeptanz. Ich weiß nicht genau, wie der zeitliche Ablauf dieser Phasen aussieht, aber ich durchlief sie alle und landete wieder bei Schock, noch bevor die Gerichtsschreiberin das Wort ›Ja‹ getippt hatte. Dazu kam noch, dass Travis mich ansah, als er das Unglaubliche aussprach, und ich bin mir ziemlich sicher, er lächelte dabei. So eine Art von mattem Lächeln, als würde er mir seine Frau gerade vorstellen.
Verständlicherweise war ich schon vorher bestürzt. Er hatte nicht genug Vertrauen zu mir, um mir zu glauben, dass ich dieses Gerichtsverfahren nicht eingeleitet hatte. Das war die eine Sache. Aber ich hatte gedacht, wir würden dieses Problem irgendwie lösen. Das war eine kleine Panne. Ein dummes Missverständnis.
Das hier – das war eine andere Geschichte. Eine, die das Aus für uns bedeutete. Verheiratet? Wie um alles in der Welt war das möglich? Welcher Gott ließ so etwas zu? Und warum hatte ich nicht die leiseste Ahnung?
Und plötzlich wusste ich es: Schicksal. Ich wurde für mein Experiment bestraft. Ich hatte mir überlegt, es Experiment zu nennen, weil das irgendwie nicht so befremdlich schien. Ich fragte mich, ob ich mir das selber zuzuschreiben hatte.
Meine Mutter nahm diese schockierende Beichte zum Anlass, ihren Stuhl zurückzuschieben und sich von der Aussage zu entbinden. Das war gut, denn diese kleine Bewegung verhinderte, dass ich in Ohmacht fiel. Wenn man hätte hören können, wie mein Herz brach, hätte dieses Geräusch alles andere übertönt. Während der Anwalt weiterredete, packten wir unsere Sachen und verließen den Gerichtssaal. In nur einer Sekunde löste sich meine Zukunft mit Travis in Luft auf. In diesem Modell war es seine Schuld, aber in einem anderen hätte es leicht auch meine sein können. Er hätte ebenso gut herausbekommen können, dass ich nur simulierte, und deshalb nichts mehr von mir wissen wollen.
Aber dann hätte ich die Chance gehabt, ihn um Verzeihung zu bitten, ihm alles zu erklären und … –. Ich hätte immerhin irgendetwas tun können. Aber so war mir alles komplett aus der Hand genommen. Es gab nichts, was ich sagen konnte, um seine Frau wegzuentschuldigen. Nichts auf der Welt konnte das umkehren.
Seine Frau. Wie ich diese Worte hasste. Ich hasste die Bilder, die sich mir aufdrängten – Hochzeit, Zusammenziehen, schmutzige Wäsche in einem gemeinsamen Wäschekorb, die verzweifelte morgendliche Suche nach den Zahnbürsten, innige Umarmungen, die gemeinsame Ansage auf dem Anrufbeantworter.
Wie hatte er nur diese entscheidende Kleinigkeit verschweigen können? Ich konnte nicht aufhören, mir vorzustellen, was für ein Typ sie wohl war. Wie hatten sie sich kennengelernt? Waren sie glücklich? Das konnten sie gar nicht sein. Oder doch? Er hatte sein eigenes Appartement. Lebten sie getrennt? Hatten sie Kinder? Gab es Lebensversicherungen
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