Von Moerdern und anderen Menschen
bringen! Ich schlage also in diesem Sinne vor, daß wir unsere nächtlichen Streifen ab sofort verdoppeln.»
Aber Dr. Neumann, durch seinen Titel ohnehin etwas im Vorteil, ließ sich keinesfalls das Wasser abgraben. «Und ich schlage vor, daß wir unsere Räuber-und-Gendarm-Spielerei sein lassen und zwei echte Profis engagieren.» Der Beifall, der ihm gezollt wurde, war um erhebliche Phonstärken höher, als eben bei Raupach.
«Das ist doch viel zu teuer!» rief Erika Raupach und fand damit auch einige Zustimmung.
Dr. Neumann nahm die ungewollte Hilfe dankbar an. «Aber liebe gnädige Frau, meinen Sie denn wirklich, daß man nicht – sagen wir –0,5Prozent des Wertes der Sammlungen Ihres Mannes pro Jahr aufwenden sollte, um diese wertvollen Sammlungen der Familie Raupach zu erhalten? Und da das Gehalt, das unsere Wachmänner beziehen, ja auf alle Bewohner des Erlengrundes umgelegt wird – denjenigen, der da nicht mitmacht, den möchte ich sehen! –, na, da ist der Betrag mit Sicherheit für jeden hier tragbar… Fälle von Bettelei und Sozialhilfe haben wir ja hier im Erlengrund nicht – oder? (Selbstgefälliges Gelächter.) Na also! Der Erlengrund muß bleiben, was er seit hundert Jahren ist: das Nobelviertel dieser Stadt!»
Man war, wie der Beifall zeigte, voll auf seiner Seite.
«Dann liegen also zwei Anträge zur Abstimmung vor», stellte Raupach fest.
Doch Dr. Neumann ließ sich so schnell nicht bremsen. «Zwei Wachmänner, die wir einkleiden werden. Und die Karate, Judo und Ken-Jitsu können. Gute Schützen, zuverlässige Leute, jeder mit einem sechsschüssigen Trommelrevolver bewaffnet, Kaliber 38.»
Erika Raupach protestierte nochmals. «Was das kostet! Die Streifen unserer Mitglieder hätten wir dagegen umsonst, und außerdem stärkt es unser Gemeinschaftsgefühl, wenn wir unser Leben und unser Eigentum selber schützen – und Spaß macht es ja wohl auch, so nachts…»
«Bitte stimmen wir doch ab!» rief Dr. Neumann.
«Also gut», brummelte Raupach. «Wir haben den Antrag Raupach und den Antrag Dr. Neumann.»
«Meiner ist der weitergehende», sagte Dr. Neumann.
«Gut. Meine Damen und Herren, wer dem Antrag Dr. Neumanns zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen.»
Raupach brauchte ein Weilchen, bis er, von seiner Frau unterstützt, alle Stimmen gezählt hatte. «Fünfunddreißig, sechsunddreißig… Das ist eindeutig die Mehrheit! Damit ist der Antrag Dr. Neumann angenommen.»
«Herzlichen Dank allerseits!» rief Dr. Neumann.
Man konnte Raupach ansehen, daß er verärgert war. «Dann übernehmen Sie aber die Anwerbung der beiden Männer und regeln die Finanzierung.»
«Aber gern, aber selbstverständlich», erklärte Dr. Neumann.
«Aber den Fall Markulla sollten wir unter uns regeln!» rief Erika Raupach.
Raupach war schon wieder voll da. «Ich darf denjenigen Damen und Herren, die noch nicht unterrichtet sind, einige kurze Informationen über Markulla geben… Ist eigentlich unsere Frau Frisörmeisterin da, Frau Marotzke?»
«Nein», sagte seine Frau, «ist nicht da; letztes Mal war sie zwar da, aber heute…»
«Nein, die Mona ist nicht da, die hätt ich schon längst gerochen – bei dem Parfüm!» lachte Dr. Neumann.
Raupach wurde offiziell. «Also gut. Aber sie wird schon wissen, warum… Seit zirka zwei Wochen wohnt ein gewisser Manfred Markulla bei Frau Marotzke. Weshalb und warum, weiß ich nicht. Tatsache aber ist, daß Markulla fünf Jahre in Tegel gesessen hat, in Berlin-Tegel. In seinem Strafregister stehen: Verbreitung von Falschgeld, Notzucht, Kuppelei, Zuhälterei, schwere Körperverletzung, Diebstahl, Sachhehlerei und vor allem gewerbsmäßiger Kreditwucher. Markulla gilt als gewissenloser, aber intelligenter Gewalttäter. Und so was lebt nun in unserer Mitte!» Die Empörung der Leute wuchs weiter.
«Und woher wissen Sie das alles?» fragte Dr. Neumann.
Raupach lächelte. «Nun, im Stadtrat haben wir zur Genüge darüber gesprochen, in den Ausschüssen, mit der Kripo… In meiner Funktion als… Na, ist ja auch egal. Jedenfalls, nachdem Markulla sich hier gemeldet hatte, ist unsere hiesige Kripo vom BKA in Wiesbaden gebeten worden, ihn im Auge zu behalten, da nicht auszuschließen ist, daß er sofort wieder aktiv wird. Die Bombe tickt also schon, meine Freunde, und es wird höchste Zeit, sie zu entschärfen!»
Starker Beifall.
«Ja, da kann ich mich meinem Mann nur anschließen!» rief Erika Raupach. «Hat der sich erst mal hier eingenistet, dann zieht er
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