Von nix kommt nix: Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens (German Edition)
wegen meiner immer größer werdenden Flugangst vorne schön bequem im Liegestühlchen lag, während sich die anderen hinten in die Holzklasse quetschten.
Doch in der Nacht vor dem Abflug wachte ich schweißgebadet auf. Am Nachmittag hatte ich mich über eine Kleinigkeit im vorgesehenen Produktionsablauf geärgert. Die Sache ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich deutete das als schlechtes Omen und weckte Carmen.
»Wir können nicht fliegen!«, sagte ich.
»Du spinnst doch«, antwortete Carmen. »Wir haben doch schon alles gebucht. Überleg mal wie teuer das alles war.«
»Scheiß aufs Geld!«, sagte ich. »Wir sagen das ab. Es geht nicht. Ich hab’ da keinen Bock drauf!«
Danach schlief ich wieder ein.
Am nächsten Morgen informierte ich zuerst die Agentur. Natürlich waren die Leute stinksauer auf mich. Das wurde auch nicht besser, als ich zwei Stunden später in der Firma der versammelten Mannschaft und den angefressenen Werbefuzzis meinen Alternativplan vorschlug, den ich mir ausgedachthatte:
»Wir machen die ganze Geschichte jetzt in der Eifel«, verkündete ich.
In den Gesichtern meiner Leute konnte ich sehen, dass jeder dachte, ich hätte einen an der Waffel.Aber ich meinte es verdammt ernst! Wir konnten die Tickets nicht mehr vollständig stornieren und schmissen sie in den Papierkorb.
Einen Tag später ging es mit einem eilig gecharterten Bus tatsächlich in die Eifel. Wir begannen, unsere Produktion aufzubauen und die ersten Aufnahmen zu machen. Leider muss ich gestehen, dass das Wetter zwischen Euskirchen und Monschau nicht ganz so verlässlich ist wie die Sonne Floridas. Nach zwei noch halbwegs ordentlichen Tagen begann es am dritten Tag wie aus Eimern zu schütten. Die Stimmung war am Tiefpunkt. Wir mussten ja unsere kommende Sommerkollektion fotografieren! Doch selbst ein noch so knappes Tank Top an einem gut gebauten Model sieht bei Nieselregen einfach scheiße aus. Ich gab zähneknirschend nach und machte über einen Reiseveranstalter Flüge auf die Malediven ausfindig. Die ließ ich dann für die Truppe buchen. Selber bin ich allerdings nicht mitgeflogen – zum ersten Mal. Ich wollte einfach nicht mehr.
Ganz konnte ich mich aber nicht um die Fliegerei drücken. Schon ein paar Monate später musste ich notgedrungen über Chicago erneut mit nach Las Vegas, wo wir geheiratet haben, wie Euch Carmen ja schon erzählt hat. Anschließend fotografierten wir unsere Sachen vor der Wahnsinns-Kulisse des Monument Valley. Der Job an sich war Routine. Nach einer Woche hatten wir alles im Kasten. Doch ich wollte nur noch nach Hause, denn in den letzten ein, zwei Tagen hatte ich affenartige Zahnschmerzen bekommen. Ich musste dringend zum Arzt meines Vertrauens.
Der Rückflug war tatsächlich die erste Non-Stop-Verbindung, die es von Vegas nach Köln gab. Und ich meine wirklich die Allererste! Denn wir hatten ohne es zu wissen den Jungfernflug gebucht, der mit großem Zinnober vonstattengehen sollte! Die Passagiere bekamen Champagner zur Begrüßung. Das wirklich Besondere aber war, dass sich die Werbefuzzis der Fluglinie als Überraschung ausgedacht hatten, die Maschine durch den Grand Canyon fliegen zu lassen. Mir ging das alles am Arsch vorbei. Mein Zahnweh brachte mich an den Rand der Verzweiflung.
Der Schampus und die Schmerztabletten wollten gerade anfangen zu wirken. Da gerieten wir mitten über dem Atlantik in die schlimmsten Turbulenzen, die ich jemals erlebt habe. Der Vogel wackelte wie eine morsche Pappel in einem Tornado. Wir stürzten mehrmals zwei-, dreihundert Meter tief in ein Luftloch. Mir wurde heiß und kalt. Die meisten Mitreisenden schrien oder weinten. Ich fing an mir vorzustellen, wie mein Bruder die Firma ohne mich weiterführen würde. Carmen war bei mir. Sie würde also mit mir in den Tod segeln. Das war zwar schlimm, aber immerhin würde sie dann in ihrem Kummer nicht was mit jemand anderem anfangen.
Nach einer halben Stunde Höllenangst war der Spuk vorbei. Meine Panik wich langsam wieder den Schmerzen. Ich schwor mir, nie wieder in so einen Vogel zu steigen. Das habe ich natürlich nicht auf Dauer durchgehalten. Aber seit diesem Tag habe ich irrsinnigen Respekt vor der Schwerkraft. Und eine ganz schlechte Beziehung zu Flugzeugen.
Nach ein paar Jahren, in denen aus der kleinen »MiRo«-Sportswear-Klitsche das große Textilunternehmen »Uncle Sam« wurde, wurden nun auch ganz andere Leute auf uns aufmerksam. Das lag auch ein bisschen an einem netten jungen Typen namens
Weitere Kostenlose Bücher