Von nix kommt nix: Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens (German Edition)
nach der üblichen Voruntersuchung nicht zur Visite, sondern ein junger Arzt, den ich nicht kannte.
»Grüß Gott«, lachte mich der Nachwuchs-Chirurg an. »Wir beide haben morgen Früh einen kleinen Termin miteinander!«
»Da muss ein Irrtum vorliegen«, sagte ich. »Ich habe einen Termin bei Ihrem Chef.«
»Nein, nein«, lachte der Jüngling. »Das ist schon in Ordnung! Der Herr Doktor operiert nicht mehr so viel. Das mache jetzt dafür ich.«
Ich war geschockt.
»Das möchte ich aber nicht«, stammelte ich und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Der erste Eingriff war ja schon nicht zu meiner hundertprozentigen Zufriedenheit verlaufen. Aber wenn nun nicht einmal der Chef selbst mehr das Skalpell in die Hand nehmen würde, dann wollte ich hier nur noch weg! Auf alle Fälle machte ich dem Nachwuchs-Arzt klar, dass ich auf keinen Fall länger hier bleiben würde, packte meine Sachen und machte mich auf den Weg zum Bahnhof. Dort stand ich dann, aufgebrezelt wie eine Gräfin und mit einigen Tausend Mark in der Handtasche und wartete auf den Nachtzug nach Köln.
So konnten meine beiden Brüste aber auf Dauer nicht bleiben. Abhilfe musste also her! Und sie kam dann auch eine Zeit später, in Gestalt eines anderen Arztes, den wir auf einer Veranstaltung in Köln kennenlernten. Ich fand ihn sofort sympathisch und berichtete ihm von meinem Dilemma. Nach einer kurzen Untersuchung wenige Tage später hat mir der Meister dann meine beiden Tennisbälle, mit denen ich so unglücklich war, raus- und ein paar Gramm größere Kissen reingemacht. Nun trug ich ein Pfund zusätzlich auf jeder Seite mit mir herum. Das sah doch mal nach etwas aus! Und inzwischen fand auch Robert meinen Wunsch nach einem größeren Busen ganz okay.
Was er allerdings nicht ganz so gut fand war, dass ich nach der erneuten OP nicht nur mit neuen Brüsten, sondern auch mit zwei Tampons in der Nase nach Hause kam.
»Was hast Du denn da?«, fragte er. »Bist Du vom Operationstisch gefallen?«
»Nee«, sagte ich. Ich hatte Robert nicht erzählt, dass ich meinen kleinen Höcker, den ich auf der Nase hatte, bei der Gelegenheit mitbegradigen lassen wollte. Wenn ich doch schon mal da war...
»Ich dachte, Du wolltest Dir nur die Brüste machen lassen«, sagte Robert streng. »Was soll das denn?«
»Hat mir nicht mehr gefallen«, näselte ich durch meine Tampons.
»Das hätte es nicht gebraucht«, ärgerte er sich. »Dass Du da auch noch an Dir rumschnippeln lässt.«
Ich hatte ein schlechtes Gewissen, denn eigentlich fand ich es ja ganz süß, dass Robert mein Hubbel nicht störte. Aber nun war er eben weg. Und meine blöden Komplexe wegen meiner zu kleinen Brüste auch! Bis zur heutigen Oberweite war es allerdings noch ein weiter Weg, das muss ich zugeben. Da musste der ein oder andere Schönheitschirurg noch ein paar Mal ran, darüber kann ich im Vergleich zu manch anderen Damen ganz offen sprechen. Allerdings war das erst Jahre später und dann von Anfang an mit Roberts Einverständnis.
Natürlich habe auch ich Robert immer den Rücken freigehalten und ihn in seinem Tun bestärkt – auch dann, wenn’s möglicherweise manchmal wehtat. Im Gegenzug hat er wirklich alles dafür getan, um uns das Leben zu ermöglichen, das wir heute führen. Das ist der Deal, der unausgesprochen zwischen uns bestand. Kein schlechter, wie ich finde.
***
Im Grunde genommen hat es mit Robert und mir wahrscheinlich deshalb funktioniert, weil wir beide trotz unserer unterschiedlichen Charaktere einfach Seelenverwandte sind – wir gucken uns an und wissen praktisch im selben Moment, was der andere einem sagen will. Das ist wirklich praktisch und bewahrt einen vor großen Missverständnissen. Was ich noch ganz wichtig finde: Wir nehmen den anderen ernst, wenn es denn mal sein muss. Aber wir lachen auch übereinander, wenn etwas nun mal zum Lachen ist. Manche Sprüche von Robert zum Beispiel. Für andere Menschen mag das manchmal fies klingen, aber ich muss in den allermeisten Fällen dann doch darüber schmunzeln. Der aber vielleicht bedeutendste Aspekt in unserer Beziehung ist: Wir sprechen miteinander anstatt aneinander vorbeizuleben! Wenn ich beim Mittagessen manchmal andere Paare beobachte, die sich von der Vorspeise bis zur Rechnung anschweigen, dann läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Bei uns redet immer einer. Und das, obwohl wir kaum einen Tag in den letzten dreißig Jahren ohne den anderen verbracht haben.
15. »Bleib Dir selber treu« –
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