Von nix kommt nix: Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens (German Edition)
stehenden sechshundert Quadrat meter für eine Zwischennutzung haben konnten. Der Immobilienbesitzer wollte sich eine derart unerwartete Zusatzeinnahme natürlich nicht entgehen lassen und stimmte zu – allerdings für einen geradewegs aberwitzigen Preis, der Robert und vor allem mich erstmal umhaute. Trotzdem oder womöglich auch gerade deshalb wollte mein geschäftstüchtiger Schatz die Sache unbedingt ausprobieren.
Idealerweise begann gerade die Weihnachtszeit. Die drei Freunde dekorierten das Geschäft mit jeder Menge buntem Kram, Christbaumkugeln und Girlanden, stellten einen Glühweinausschank an den Eingang – und nannten das Ganze »Weihnachtsbasar«. Ein wie auch immer geartetes, einheitliches Sortiment hatte dieser Basar beim besten Willen nicht. Stattdessen gab es alles Mögliche zu kaufen, durchaus brauchbares Zeug wie zum Beispiel warme Socken, winterliche Deko-Artikel und total sinnlosen Krimskrams.
Robert platzierte jedoch auch die gerade eingetroffene Klamotten-Lieferung aus Spanien prominent im Laden – und schlug auf seinen Einkaufspreis eine anständige Spanne drauf. Als die Jungs dann Anfang Januar ihren »Weihnachtsbasar« wieder räumen mussten, war der gesamte »Uncle Sam«-Bestand verkauft. Und nicht nur Bodybuilder, auch ganz normale Menschen fanden die Sachen gut. Es handelte sich damals ja auch noch lange um keine spezielle Sportswear-Marke, wie Robert sie später auf- und ausgebaut hat, sondern lediglich um leidlich schicke, auf jeden Fall aber bequeme Freizeitklamotten von zwei spanischen Designer-Brüdern.
Robert wusste nach diesem Erlebnis nun endgültig, wie er langfristig mehr Geld verdienen konnte als bei seinem Vater. Er musste nur die beiden Geschäftsmodelle, die ihm im Kopf herumschwirrten, irgendwie zusammenbringen: angesagte Kleidung à la »Uncle Sam« vertreiben – und das große Potenzial der Fitness- und Bodybuilding-Szene nutzen. Aber was heißt da »nur«. Wie sollte das gehen – ohne Werbung, ohne Vertrieb, ohne Startkapital? Er musste eine Menge Mut beweisen! Für mich jedoch war nach dem Weihnachtsbasar die Laufbahn als Leistungssportlerin beendet. Ich fing an, in Boutiquen zu jobben und hatte keine Zeit mehr fürs Training. Das nahm mich am Anfang ganz schön mit, auch rein physisch, denn mein Körper hatte sich voll und ganz auf die Belastungen eingestellt. Nur: Robert hatte schon recht – für ein paar klobige Silberhumpen allein brauchte ich diese zeitraubenden Strapazen, die sich praktisch zu einem Full Time-Job ausgewachsen hatten, nicht auf mich zu nehmen.
***
Wir beide haben, gerade am Anfang unserer Beziehung, eine Menge Courage gebraucht, um unseren Weg gemeinsam zu gehen! Kein Mensch konnte uns, als wir uns kennenlernten, garantieren, dass alles funktionieren würde, was wir uns vorgenommen haben – sei es unsere Beziehung oder das Geschäft. Insofern rate ich Euch eins ganz besonders: Wenn es etwas gibt, an das Ihr glaubt, dann steckt nicht gleich den Kopf in den Sand, wenn Rückschläge passieren. Traut Euch etwas zu! Das kann natürlich auch mal schiefgehen. Aber dann hat es Euch zumindest stärker gemacht.
3. »Schau zu, dass Du auf die andere Seite der Promenade kommst« – Robert
Die Jahre mit einer eigenen, immer größer werdenden Firma waren teilweise die Oberhärte! Das war oft Stress pur, völlig spaßbefreit. Es gab Tage, da wussten wir nicht mehr, wo oben und unten ist. Ich will an dieser Stelle gar nicht darauf eingehen, was für einen Scheiß ich hinter mir hatte, bevor ich mit meinem Bruder zusammen unsere »MiRo«-Sportswear gründete, wobei »MiRo« für Mi chael und Ro bert stand, nicht besonders originell, ich weiß. Vielleicht komm ich ja später noch drauf zu sprechen, mal sehen!
Vorher jedenfalls gab mir die Sache mit dem erfolgreichen »Weihnachtsbasar« einen enormen Schub. Ein eigenes Geschäft, das wär’s! Allerdings konnte ich noch nicht bei Vater aussteigen. Er brauchte mich im Betrieb. Ich wollte ihn außerdem auch nicht hängen lassen. Also habe ich nach dem Weihnachtsurlaub, den ich logischerweise tutto completo in unserem »Basar« verbracht hatte, wieder ganz brav täglich meinen Dienst verrichtet.
Abends aber habe ich einen kleinen und vor allem bezahlbaren Laden irgendwo in der Kölner Innenstadt gesucht, in dem ich die »Uncle Sam«-Kiste weiter vorantreiben konnte. Die Hohe Straße kam dafür natürlich nicht mehr in Frage, die Quadratmetermieten dort lagen bei über hundert Mark im Monat. Das war
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