Von nun an fuer immer
Ich habe sie noch gar nicht kennengelernt.“ Sie trank einen Schluck ihres Johannisbeersafts und sah ihn an.
„Wir haben uns getrennt.“
„Oh, das tut mir leid!“
„Nicht nötig. Es lief schon länger nicht mehr so gut.“ Er zappte durch die Fernsehprogramme, bis plötzlich etwas seine Aufmerksamkeit erregte. „Oh, das ist ja …“ Er stoppte, denn es war Lornas Lieblingsfilm, zumindest damals war es ihr Lieblingsfilm gewesen. Immer, wenn der Film während der letzten zehn Jahre im Fernsehen lief, hatte er sofort umgeschaltet.
„Das habe ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen!“, rief Lorna, und so legte er die Fernbedienung beiseite.
Lorna wünschte sich, sie hätte nichts gesagt. Es war ein Film, den Geschiedene sich lieber getrennt ansehen sollten. Leider war es für diese Erkenntnis zu spät, und so saßen sie stumm nebeneinander und sahen sich die Geschichte zweier Freunde an, die sich mit Händen und Füßen gegen die Anziehungskraft wehrten, die sie aufeinander ausübten.
Selbst von seiner Ecke der Couch aus konnte James ihr Haar riechen. Es war so lang und voll, dass immer der Duft ihres Shampoos in der Luft lag. Nur dass es diesmal sein Shampoo war. Ein weiterer Unterschied bestand darin, dass er es nicht wie früher anfassen durfte.
Nein, das war eigentlich kein Unterschied. Am Ende ihrer Beziehung war Lorna jeder Berührung ausgewichen, hatte ihn sogar mehrmals wütend von sich gestoßen.
Heute Abend würde sie ihn nicht wegstoßen. James wusste es, spürte ganz deutlich, dass Sex in der Luft lag. Es fühlte sich so an, als wollte man in einer heißen Sauna tief einatmen. Unmöglich. Nur wenige Zentimeter trennten sie. Und zehn lange Jahre.
Lorna weinte. Er konnte hören, wie sie schniefte. Auch wenn der Film gerade ausgesprochen lustig war, weinte sie immer an dieser Stelle, denn sie wusste ja bereits, was bald darauf passieren würde.
Er hatte damals geglaubt, sie so gut zu kennen. Doch dann hatte er plötzlich feststellen müssen, dass er sie überhaupt nicht richtig kannte.
„Was ist mit uns passiert, Lorna?“
„Bitte nicht, James!“, flehte Lorna, denn sie wusste, dass sie es nicht ertragen konnte. Am liebsten wäre sie in seine Arme gesunken, hätte sie ihren Kopf in seinen Schoß gelegt, während sie den Film schauten, und er hätte zärtlich ihr Haar gestreichelt. Es wäre egal gewesen, wie der Film ausging, denn in seiner Nähe war immer alles gut. Doch natürlich ging das nicht. „Bitte fang nicht davon an.“
Aber er hatte keine andere Wahl. Es hatte nie einen endgültigen Streit gegeben, keine bösen Worte, keinen Lebewohl-Sex. James hatte oft versucht, sich zu erinnern, wie es gewesen war, als sie das letzte Mal miteinander geschlafen hatten. Aber er konnte es nicht. Sosehr er auch darüber nachdachte, es fiel ihm nicht ein, wann er sie das letzte Mal in seinen Armen gehalten hatte.
„Du bist einfach fortgegangen.“
„James!“
„Wenn wir über alles geredet hätten …“
„Was gab es denn noch zu reden?“ Ihre bernsteinfarbenen Augen sahen ihn traurig an. „Du hast damals gesagt, du fühltest dich gefangen. Und dass du mich nicht mehr liebst.“
„Das habe ich niemals gesagt!“
„Doch, James, das hast du. Du hast mich geheiratet, weil ich schwanger war. Und sechs Wochen später war ich es dann nicht mehr.“ Obwohl der Film noch nicht zu Ende war, stand sie auf. „Ich bin müde.“
„Lorna, bitte …“ Auch James war aufgestanden. Er griff nach ihren Armen, fühlte, wie dünn sie waren und wie angespannt Lorna war – diese kleine, zurückhaltende Frau, die ihn schon immer verwirrt und von Anfang an in ihren Bann gezogen hatte. „Ich wünschte, wir würden endlich darüber reden …“
„Ich kann nicht.“
„Na gut“, gab er nach, denn schließlich hatte er es versprochen. „Du brauchst nichts zu sagen.“ Nur zögernd ließ er sie los. War es denn wirklich so schlimm, dass er sie gern im Arm halten wollte? „Geh schlafen. Wir haben schließlich morgen einen Einkaufsmarathon vor uns.“
Sie nickte und wischte sich verstohlen die Tränen aus dem Gesicht. „Gute Nacht, James.“ Sie küsste ihn auf die Wange. Es war nur ein flüchtiger, kurzer Kuss. Aber immerhin ein Kuss. Bittersüß. Obwohl sie wusste, dass sie nun besser nach oben gehen sollte, blieb sie vor ihm stehen.
„Gute Nacht, Lorna.“ Er meinte es ernst. Wollte sich wirklich für diesen Tag von ihr verabschieden. Er hatte schon mehr von sich preisgegeben, als ihm lieb
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