Von Rache getrieben - Vampirroman (German Edition)
schleppen. Der Mann hatte eine tiefe Wunde in seiner Seite und eine Gehirnerschütterung. Niklas gehörte eindeutig ins Bett, das war ihr eigentlich bereits in der Küche klar geworden. Sie hätte wissen müssen, dass selbst ein Fußmarsch von fünfzehn Minuten zu weit für ihn sein würde. Jetzt umzukehren, würde allerdings auch nichts mehr bringen. Also ging sie weiter, verlangsamte jedoch nach und nach ihr Tempo.
Als sie schließlich den See erreichten, beschleunigte Sarah ihre Schritte wieder und rief über ihre Schulter:
„Wir sind da!“
Sie eilte zu einer Hütte, vor der eine, mit Wein überwachsene, Aussichtsterrasse angelegt war, und holte zwei Stühle, Sitzkissen sowie einen Tisch daraus hervor. Als Niklas die Hütte ebenfalls erreichte, hatte sie bereits alles aufgebaut.
Er ließ sich keuchend auf einen der Gartenstühle sinken und presste eine Hand gegen seine schmerzende Seite. Sarahs besorgten Blick bekam Niklas nicht mit, da er die Augen geschlossen hatte, und sich auf seine Atmung konzentrierte. Im Stillen ärgerte er sich, dass er so schwach und wackelig war, denn es zeigte seiner hübschen Begleiterin nur zu deutlich, was für ein starrköpfiger Idiot er war. Selbst dieser kleine Spaziergang brachte seinen Körper ans Ende seiner Kräfte und er wollte von hier verschwinden? ‚ Na ja’ , versuchte Niklas sich selbst Mut einzureden, ‚ du brauchst es ja nur bis zu einem Hotel in die nächste Stadt schaffen.’
Sarah musterte Niklas’ schweißbedecktes Gesicht und stieß leise die Luft aus. Seine Haut war schon vorher blass gewesen, aber jetzt war sie kalkweiß. Schließlich begann sie schweigend, das Frühstück aus dem Rucksack auf den Tisch zu räumen. Sie war fast fertig, als Niklas sich mit seinem Oberarm den Schweiß von der Stirn wischte und sich etwas aufrichtete. Er atmete noch einmal tief durch und konzentrierte sich anschließend auf seine Umgebung. Vor ihm lag ein kleines Tal und von seinem Platz aus konnte er auf einen idyllischen See blicken, der gute zehn Meter unter ihnen lag.
Sarah stand auf und trat an den Rand der Aussichtsterrasse. Sie lehnte sich an die Sicherheitsabsperrung aus klarem Plexiglas und sagte leise:
„Das hier ist mein Lieblingsplatz.“
„Nett“, brachte Niklas hervor.
„Nett? Es ist fantastisch“, stellte Sarah mit leuchtenden Augen klar und setzte sich wieder an den Tisch.
Während sie die mitgebrachten Tassen mit Kaffee füllte, erklärte sie:
„Jetzt frühstücken wir erst einmal und dann reden wir über dein kleines Erlebnis mit Lyonel – und über deinen Gemütszustand.“
„Das werde ich garantiert nicht tun!“, stieß Niklas hervor. „Ich habe dir diesen Spaziergang versprochen, aber meine innerliche Verfassung geht dich gar nichts an.“
Seine moosgrünen Augen funkelten Sarah wütend an, doch davon ließ sie sich nicht einschüchtern. Stattdessen warf sie frustriert ihre Hände in die Luft und rief:
„Warum glaubt ihr Männer eigentlich immer, alles in euch hineinfressen zu müssen? Du sollst ja keinen seelischen Striptease vor mir hinlegen, sondern nur ein wenig über die letzten Ereignisse und Lyonel reden. Glaub mir, das wird dir gut tun, denn schließlich hast du eine Menge zu verarbeiten.“
Als Niklas daraufhin nach seiner Tasse griff, die er mit beiden Händen festhalten musste, da seine Hände zitterten, einen Schluck Kaffee trank und anschließend stur auf den See hinausstarrte, stieß Sarah einen lauten Seufzer aus. Sie trank ebenfalls einen Schluck Kaffee und griff nach einer Scheibe Brot.
„Na gut“, meinte sie schließlich „Dann werde ich dir eben die Begegnung mit Lyonel aus meiner Sicht erzählen. Wenn du etwas sagen möchtest, darfst du mich gerne unterbrechen.“
Als Antwort starrte Niklas weiter auf den See hinaus.
„Also“, fuhr die junge Frau unbeirrt fort. „Lyonel hat dir zwei Mal das Leben gerettet und sich …“
„Er hat mir nicht das Leben gerettet!“, unterbrach Niklas Sarah entrüstet, obwohl er sich fest vorgenommen hatte, nichts zu sagen.
„Hat er doch! Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du deinen Unfall ohne seine Hilfe überlebt hättest? Niemand hätte dich da draußen rechtzeitig gefunden, auch der Rettungsdienst nicht, den Lyonel angerufen hat. Die mussten die Suche nach dir nämlich abbrechen, weil sie zu einem Großeinsatz gerufen wurden.“
„Er hat den Rettungsdienst benachrichtigt?“, versicherte Niklas sich überrascht.
„Ja, und das zweite Mal hat er dir gestern Abend das Leben
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