Von wegen Liebe (German Edition)
schaffte es nicht, das schmutzige Gefühl von mir abzuwaschen, das Wesley auf meiner Haut hinterlassen hatte, aber zumindest löste sich die Anspannung ein bisschen, die mir in den Schultern und im Rücken saß.
Ich hatte mich kaum in ein Handtuch gewickelt, als ich hörte, wie in meinem Zimmer das Handy klingelte. Barfuß hastete ich über den Flur, um den Anruf nicht zu verpassen.
»Hey, B«, rief mir Caseys fröhliche Stimme ins Ohr. »Und? Hat das geklappt mit Wesley und dir?«
»Was?«
»Ihr habt doch heute an dem Englischaufsatz gearbeitet, oder?«, fragte sie. »Ich dachte, er wollte zu dir kommen?«
»Ach so … ja. Wir haben uns bei ihm getroffen.« Es kostete mich einige Mühe, nicht schuldbewusst zu klingen.
»In seiner Villa? Oh mein Gott!«, rief Casey. »Du Glückliche! Bist du auch auf einem der Balkone gewesen? Vikki meinte, allein deshalb will sie unbedingt noch mal mit ihm Sex haben. Beim letzten Mal haben sie es nur auf der Rückbank von seinem Porsche gemacht, aber sie will dieses Haus unbedingt mal von innen sehen.«
»Und was hat das mit mir zu tun, Casey?«
»Schon gut, ich weiß, du kannst ihn nicht ausstehen«, sagte sie. »Ich wollte mich nur vergewissern, dass es dir und ihm gut geht. Du hast ihn doch nicht etwa erdolcht oder so was? Ich meine, ich halte es zwar für ein unverzeihliches Verbrechen, einen heißen Typen um die Ecke zu bringen, aber solltest du meine Hilfe brauchen, um die Leiche verschwinden zu lassen, komm ich sofort mit einer Schaufel rüber.«
»Nett von dir«, sagte ich. »Aber er lebt noch. Und es war auch gar nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte. Im Gegenteil, er …« Fast hätte ich ihr alles erzählt. Dass Mom und Dad sich scheiden ließen und ich Wesley aus Verzweiflung darüber schon wieder geküsst hatte. Und dass es nicht beim Küssen geblieben war. Dass ich mich total schmutzig fühlte und gleichzeitig unglaublich befreit. Die Worte lagen mir auf der Zunge, aber ich konnte sie nicht aussprechen.
Jedenfalls noch nicht.
»Im Gegenteil was, B?«, riss sie mich aus meinen Gedanken.
»Ach, nichts weiter. Er hatte sogar ein paar ganz gute Ideen für den Aufsatz. Ich glaube, er steht auf Hawthorne.«
»Das ist doch gut. Ich weiß, dass du kluge Typen sexy findest. Gibst du jetzt endlich zu, dass du ihn willst?«
Ich erstarrte und wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, aber Casey ließ mich sowieso nicht zu Wort kommen.
»Ich will dich doch nur ärgern, B«, plapperte sie fröhlich. »Jedenfalls bin ich froh, dass es so gut gelaufen ist. Ich hab mir heute ein bisschen Sorgen um dich gemacht. Keine Ahnung, irgendwie hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, dass irgendwas Schlimmes passieren würde. Wahrscheinlich war ich bloß paranoid.«
»Wahrscheinlich.«
»Ich muss Schluss machen. Jess wartet auf meinen Anruf und die Details über mein Treffen mit Harrison. Sie kapiert es einfach nicht, oder? Wie auch immer, wir sehen uns am Montag in der Schule.«
»Alles klar, Case. Mach’s gut.«
»Du auch, B.«
Ich klappte das Handy zu, legte es auf meinen Nachttisch und schüttelte über mich selbst den Kopf. Gott, was war ich bloß für eine Lügnerin. Obwohl, eigentlich hatte ich nicht gelogen, ich hatte bloß ein paar Dinge verschwiegen, aber … vor Casey etwas zu verschweigen kam einer Todsünde gleich. Vor allem weil sie mir immer wieder signalisierte, wie wichtig ich ihr war und dass ich mit allem zu ihr kommen konnte.
Ich würde es ihr später erzählen. Zumindest das mit meinen Eltern. Ich brauchte erst noch ein bisschen Zeit, um selbst damit klarzukommen, bevor ich mit ihr und Jess darüber reden konnte. Aber die Sache mit Wesley … Ich hoffte, dass sie es nie herausfinden würden.
Ich kniete mich ans Fußende meines Betts und fing an, die saubere Wäsche zusammenzufalten, wie ich es jeden Abend tat. Seltsamerweise war ich nicht so gestresst, wie ich es erwartet hätte. Ich gab es nicht gern zu, aber das hatte ich definitiv Wesley zu verdanken.
NEUN
Dad verbarrikadierte sich für den Rest des Wochenendes in seinem Zimmer. Am Sonntagnachmittag klopfte ich ein paarmal bei ihm und fragte, ob ich ihm etwas zu essen machen solle, aber er brummte bloß ablehnend und kam noch nicht einmal an die Tür. Dass er sich so abschottete, machte mir Angst. Natürlich konnte ich nachvollziehen, dass er völlig fertig war wegen Mom, und bestimmt schämte er sich entsetzlich dafür, wieder zur Flasche gegriffen zu haben, aber gesund war das nicht gerade.
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