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Von Zweibeinern und Vierbeinern

Von Zweibeinern und Vierbeinern

Titel: Von Zweibeinern und Vierbeinern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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sie keineswegs abweisend, sondern charmant, und so kam ich zu dem Schluß, daß sie einfach nicht hatte heiraten wollen. Sie hatte ein hübsches Zuhause und besaß offenbar viel Geld. Sie war, so schien es, vollkommen glücklich.
    Es gab überhaupt keinen Zweifel, daß die Ziegenköddel ein Zeichen ihrer Gunst waren. Miss Grantley nahm ihre Viehzucht sehr ernst und bestand auf regelmäßigen Laboruntersuchungen von Fäkalienproben ihrer Tiere nach Parasiten oder sonstigen Anomalien.
    Diese Proben waren immer an Dr. Siegfried Farnon persönlich adressiert. Ich hatte weiter nie darüber nachgedacht, bis ich eines Morgens, nachdem ich ihr den Gefallen getan hatte, ein Stück Häcksel aus dem Auge eines ihrer Ziegenböcke zu entfernen, die vertraute Kakaodose hinter meinem Frühstücksteller stehen sah. Ich las die Adresse: Dr. James Herriot, Tierarzt.
    Da erst wurde mir klar, daß es eine Ehre war, eine Auszeichnung, ein Ausdruck der Anerkennung, die Dose zugesandt zu bekommen. Für Miss Grantley waren Ziegenköddel das Zeichen ihrer Gunst.
    An jenem Morgen, als ich zum erstenmal die Dose bekam, huschte eine Spur von Überraschung über Siegfrieds Gesicht, und ich vermute, daß in meinem Gesicht eine Spur von Selbstgefälligkeit zu sehen war. Aber er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Zwei, drei Wochen später waren die Kakaodosen wieder an ihn adressiert und standen an seinem Ende des Tisches.
    Eigentlich war das die natürlichste Sache von der Welt, denn wenn es um männliche Attraktivität ging, schoß Siegfried ohne jeden Zweifel den Vogel ab. Tristan lief mit Begeisterung und mit beträchtlichem Erfolg den Mädchen aus der Umgebung nach, während ich selbst keinen Grund hatte, mich über meinen Anteil an weiblicher Gesellschaft zu beklagen. Bei Siegfried war das etwas anderes. Er schien die Frauen verrückt zu machen.
    Er brauchte ihnen nicht nachzustellen, sie stellten ihm nach. Ich kannte ihn noch nicht lange, als ich feststellen mußte, daß all die Geschichten über die unwiderstehliche Anziehungskraft großer, schmalgesichtiger Männer stimmten. Und wenn man bei ihm noch den Charme und die beherrschende Persönlichkeit hinzunahm, war es ganz selbstverständlich, daß die Ziegenköddel auf lange Sicht immer neben seinem Teller landen würden.
    Und so war es denn auch lange Zeit hindurch, obwohl Tristan und ich fast ebenso viele Besuche bei Miss Grantley machten wie Siegfried. Wie gesagt, sie schien ziemlich reich zu sein, denn sie holte uns bei dem leichtesten Wehwehchen und war eine genauso gute Kundin von uns wie manche von den großen Bauern.
    Doch als ich an diesem Morgen ihre aufgeregte Stimme am Telefon hörte, wußte ich, daß es diesmal keine Belanglosigkeit war.
    »Dr. Herriot, Tina ist mit der Schulter an einem Nagel hängengeblieben und hat sich eine ziemlich üble Verletzung zugezogen. Ich hoffe, Sie können gleich kommen.«
    »Ja, zufällig ist das möglich. Es liegt im Moment nichts Dringendes vor. Ich fahre sofort los.«
    Ich freute mich fast auf den Besuch. Ich würde eine Wunde nähen müssen, und ich nähte gern. Es war eine leichte Arbeit, die überdies immer großen Eindruck auf die Klienten machte. Und ich bewegte mich dabei auf sicherem Grund, als wenn ich Miss Grantley auf ihre Fragen nach Ziegenkrankheiten Rede und Antwort stehen müßte. Meine Professoren hatten mir praktisch nichts über Ziegen beigebracht, und obwohl ich gelegentlich versucht hatte, mich durch Lektüre von Büchern und Zeitschriften weiterzubilden, war ich mir doch mit Unbehagen der Tatsache bewußt, daß ich alles andere als ein Ziegen-Experte war.
    Ich ging aus dem Zimmer, als Tristan sich gerade aus den Tiefen des Sessels erhob, in dem er zuweilen ganze Tage verbrachte. Seit dem Frühstück hatte er dort mit dem Daily Mirror vor der Nase gesessen und seine Morgenzigarre geraucht.
    Er reckte sich gähnend. »Miss Grantley, nicht? Ich glaube, ich begleite dich. Ich muß mal raus hier.«
    »Gut. Komm mit.« Ich freute mich immer, wenn er mir Gesellschaft leistete.
    Miss Grantley empfing uns in einem enganliegenden, blaßblauen Overall aus einem seidenartigen Stoff, der ihre schöne Figur sehr hübsch zur Geltung brachte.
    »Oh, vielen Dank, daß Sie gekommen sind«, sagte sie. »Gehen wir gleich zum Stall.«
    Miss Grantley zu folgen, war ein Schauspiel für sich, und Tristan übersah prompt die Stufe zum Ziegenstall und fiel hin. Miss Grantley bedachte ihn mit einem kritischen Blick, dann steuerte sie eilig

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