Voodoo Holmes Romane (German Edition)
belassen. Es ist allgemein bekannt, dass bei manchen Frauen die erste Blutung dadurch ausgelöst wird, dass sie ihre Unschuld verlieren. Der Vorgang, der dazu nötig ist, weist ein Element der Gewalttätigkeit auf, und doch ist häufig so, dass beide Parteien, die daran beteiligt sind, diese Gewalttätigkeit willentlich herbei führen, wohl wissend, dass dieser Willensakt verheerende Folgen haben kann. Es ist also etwas Stachliges in der ganzen Angelegenheit, etwas Blutfarbenes wie das manche Rosen zeigen und zugleich liegt darin ein Element großer Schönheit, denn meist sind an der Affäre Menschen beteiligt, die sich in der ersten Blüte des Lebens befinden.
Näher kann ich auf dieses Erlebnis meiner Jugend nicht eingehen, wenn ich nicht befürchten soll, dabei indiskret zu werden. Nun aber Folgendes: In jener Nacht, als ich dieses Erlebnis der Rose hatte, kehrte ich sehr spät in den Landsitz meiner Verwandten zurück. Ich befand mich in heller Aufregung, und es mischten sich Glückseligkeit, Grauen und Sorge über meine Zukunft mit Übernächtigkeit zu einem Delirium, das mich anfänglich unruhig im Gewächshaus auf und ab gehen ließ, schließlich aber erschöpft in die Kissen warf. Als ich wieder erwachte, war das unter großen Schmerzen, und das kam so: Ich hatte mich offenbar in meiner Verwirrung schlafwandelnd erhoben und dabei aus unerfindlichen Gründen zwischen die Rosenstrünke gedrängt, und das so, dass ich von ihren Stacheln an mehreren Stellen durchbohrt war und nun hilflos inmitten von Dornen hing. Meine Schmerzensschreie weckten schließlich die Dienstboten, die sich große Mühe gaben, mich zu befreien, das aber unter Zerstörung unendlich kostbarer Pflanzen, wodurch meine Tante so außer sich geriet, dass sie die nächsten Wochen mit Migräneanfällen im Bett verbringen mußte. Auch mein Onkel war nun gezwungen, der Tatsache in die Augen zu sehen, dass ich sein Ausgangsverbot mißachtet hatte, und so kam es, dass ich meine letzte Zeit auf dem Landsitz mit Stubenarrest verbrachte, um dann an der Seite eines kräftigen Stallburschen mit der Bahn nach London eskortiert und meinen Eltern übergeben zu werden. Diese äußerlichen Verwicklungen traten nun zu den inneren Verwicklungen hinzu, und ich lag nun selbst eine Weile im Fieber, wodurch sich selbst noch nach all den Jahren ein Schleier über die Geschehnisse legt. Erst mein Eintritt in die Armee und meine baldige Verlegung nach Burma beendeten die Seelenqualen die ich litt, und mit der Zeit legte sich darüber das Vergessen.
Diese Jugendtage wurden durch den merkwürdigen Sturz des Rosentopfs wiederbelebt, und obwohl ich heute weiß, dass die Verwirrtheit dieses denkwürdigen Sommers keine weiteren Folgen hatte, schien es mir doch, als sei es nun an der Zeit, alte Sünden zu sühnen. Ich empfand mich in einem merkwürdigen Bann stehend, was der ärztliche Kollege, der nach mir sah, auf eine Gehirnerschütterung zurückführte, weshalb ich mir auch große Mühe gab, diese Empfindung abzuschütteln. Und doch blieb es mir in den folgenden Tagen unangenehm, zum Frühstück hinab zu gehen, und das wegen einer Kleinigkeit. Ich schwieg zu allem, und verbat es mir auch nicht, hinkünftig mit Rosen konfrontiert zu werden, denn ich wusste, daß sich Zwänge nur lindern lassen, indem man sie konsequent negiert und ignoriert. Daß unser Frühstückstisch aber jeden Morgen mit einer Rose garniert war, und das jedes Mal mit einer roten Rose, schien Holmes gar nicht weiter aufzufallen. Gleichwohl hatte ihn aber auch das Thema gepackt. Wie denn auch nicht, schließlich tat auch das Fremdenverkehrsamt alles dazu, einen an die Rose zu erinnern. Also ging er Tag für Tag daran, über das Wesen der Rose zu
Weitere Kostenlose Bücher