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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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jün­ge­ren Bru­der an­zuschlie­ßen, der mich auch be­reit­wil­lig mit­nahm. Und doch hat­te ich von An­fang an ein merk­wür­di­ges Ge­fühl in die­sem Som­mer. Viel­leicht plag­te mich das schlech­te Ge­wis­sen, Sher­lock im Stich ge­las­sen zu ha­ben, denn ich fühl­te wohl, daß es ihm schlecht ging, daß er aus­ge­laugt und ori­en­tie­rungs­los war. Zwar schick­te er mich weg, doch wür­de sich ein wirk­li­cher Freund so weg­schicken las­sen? Und dann moch­te da schon eine Vor­ah­nung beste­hen, daß ich in we­ni­gen Ta­gen einen Mord­an­schlag er­lei­den wür­de. Das Ge­heim­nis aber da­bei ist die Tat­sa­che, daß ich mich die gan­ze Zeit seit­dem wir in Hamp­ton Pa­lace ge­we­sen wa­ren, mit der Rose be­schäf­tigt hat­te. Zu­erst un­ter­schwel­lig. Nach­dem ich aber nur knapp dem Tode ent­gan­gen war, ließ mich die­ser Ge­dan­ke über­haupt nicht mehr los. Ich zit­ter­te am gan­zen Leib, wenn ich dar­an dach­te, daß die Haut mei­nes Hal­ses von al­len Sei­ten mit Dor­nen ge­spickt ge­we­sen war. Eine wei­te­re As­so­zia­ti­on: Die Dor­nen­kro­ne Jesu. Wie ver­kom­men mußte man sein, einen zum Tode Ver­ur­teil­ten mit ab­ge­blüh­ten, ver­trock­ne­ten Blu­men der Lie­be zu krö­nen, die der Welt nur mehr ihre Sta­cheln zu bie­ten hat­ten? Ich kann nicht sa­gen, was es war, das mich da­bei quäl­te. Ich lag ta­ge­lang im Halb­dun­kel oder im Dun­kel, je nach Ta­ges­zeit, und war­te­te dar­auf, bis mei­ne Wun­den und die Kratz­spu­ren auf Ge­sicht und Hals ver­heilt wa­ren und ver­säum­te so den schö­nen Ur­laub, den Hol­mes während­des­sen, wenn er nicht an mei­nem Kran­ken­la­ger weil­te, mit vol­len Zü­gen ge­noss. Die äu­ße­ren Ver­let­zun­gen aber wa­ren ge­ring im Ver­gleich zu der in­ner­li­chen Er­schüt­te­rung, die ich er­fah­ren hat­te. Da­bei dach­te ich un­abläs­sig an die­se ein­sa­me Frau in Eng­land, die sich mit den großen, har­ten Dor­nen ei­nes Va­sen­schmucks ins Schat­ten­reich ver­ab­schie­det hat­te. Ich dach­te an mei­ne we­nig ga­lan­te Be­mer­kung be­züg­lich ih­res Äu­ße­ren. Ich schäm­te mich da­für und ich glaub­te, vor mei­nem in­ne­ren Auge im­mer wie­der ihre Ge­sichts­zü­ge auf­tau­chen zu se­hen, die blei­che, stum­me Mie­ne ei­ner To­ten, mit ei­nem Blit­zen kal­ter Au­gen zwi­schen halb ge­schlos­se­nen Li­dern. Dazu trug auch der Dau­er­re­gen bei nach un­se­rer An­kunft, der uns an frem­de Ho­tel­bet­ten fes­sel­te. In all die­sen Ta­gen war es dunk­ler, als man es im Herbst ge­wohnt ist. Dau­ernd hat­te man das Ge­fühl, das Licht ein­schal­ten zu müs­sen, aber wenn man es dann tat, brann­te das Gas in ei­ner ganz trü­ben Fun­zel. Ein­mal schlief ich ein und mir träum­te von der Ma­ri­en­sta­tue, die ne­ben dem Bett stand. Im Traum war sie größer und es schi­en, als be­we­ge sie sich. Da öff­ne­te sie den Mund und da­bei schi­en es, als quell­ten Dor­nen her­vor. Beim nähe­ren Hin­se­hen aber wa­ren es Hai­fisch­zäh­ne, und die Sta­tue lach­te.
     
    Viel­leicht hat­te es mit dem Va­sen­sturz oder mit die­sem Traum zu tun, aber von die­sem Tag an hat­te ich den Ein­druck, daß die­se Blu­me uns ge­ra­de­wegs zu ver­fol­gen schi­en. Die Va­sen und Bee­te quol­len über von die­ser Blu­me. Über­all in der Stadt stieß man auf Ro­sen­gär­ten, Ro­sen­auss­tel­lun­gen, und selbst, wenn man einen ge­wöhn­li­chen Sa­lat bes­tell­te, war die­ser mit Ro­sen­blät­tern gar­niert. Man fei­er­te in die­ser Zeit in Bu­da­pest das Ro­sen­fest, wie ich später er­fuhr. Wenn das aber so war, warum hat­te die Rose auch bei der letzten Er­mitt­lung mei­nes Freun­des Sher­lock eine tra­gen­de Rol­le ge­spielt? Konn­te es sol­che Zu­fäl­le ge­ben? An­fangs hat­te ich da­von, daß man sich in Bu­da­pest als Tou­ris­te­nat­trak­ti­on mit die­ser Pflan­ze be­schäf­tig­te, kei­ne Ah­nung und be­trach­te­te es mit großem Miss­trau­en und wach­sen­der Sor­ge, daß uns im „Va­raz­din“, ei­nem re­nom­mier­ten Ho­tel am Stadt­rand von Bu­da­pest, ein mit Heil­quel­len und Rö­mi­schen Bä­dern gar­nier­ten Ba­rock­bau im Zucker­bäckers­til, je­den Mor­gen eine Rose auf den Tisch

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