Voodoo Holmes Romane (German Edition)
entnahm ihr ein Dokument, das sehr prächtig gestaltet war und ein Siegel trug. Ich warf einen Blick darauf. Es handelte sich um eine Autorisierung, im Namen des Kaisers zu handeln. Auf der Strichlinie hatte der Herrscher der Donaumonarchie offenbar eigenhändig „Voodoo Holmes“ gekritzelt. Auch einige höhere Beamte hatten ihren Servus auf dem Papier hinterlassen, was seinen offiziellen Charakter unterstützte.
„ Ist das echt?“ fragte ich. Da kramte Professor Beckstein erneut in seiner Tasche und hielt mir ein ähnliches, wenn auch weit abgegriffeneres Dokument unter die Nase, das er offenbar schon seit vielen Jahren in seiner Schatulle für dergleichen Situationen bereit hielt.
„ Das könnte eine ältere Fälschung sein“, meinte ich.
„ Gut“, gab er zurück, „dann darf ich Ihnen sagen, daß vor etwa drei Wochen auf Sie ein Attentat ausgeübt wurde und daß Sie seither rund um die Uhr von unserem Geheimdienst bewacht wurden. Was glauben Sie denn sonst, woher wir wissen, daß Sie sich in diesem Zug befinden?“
„ Wenn Sie uns bewacht haben, wo waren wir gestern Abend?“ fragte ich.
„ Sie befanden sich im Kurhaus.“
„ Das könnten Sie erraten haben.“
Der ältere Herr rollte mit den Augen, öffnete seine Diplomatentasche und entnahm ihr einen schmalen Akt, öffneten ihn und las: „Um 21.32 wurden Sie von einem Engländer angesprochen. .Er hatte weißes Haar und ein rötliches Gesicht. Das Gespräch war kurz und schien Ihnen lästig zu fallen, Herr Holmes. Sie gingen darauf lange im Kethereszty-Park spazieren und nahmen dann um 1:17 eine Droschke an der Belemendij-Chaussee, um gegen 2:42 in Ihrem Hotel, dem „Varazdy“ einzutreffen.“
„ Varazdin“, sagte ich, aber er rollte nur noch einmal mit den Augen und klappte den Akt zu.
„ Das würde ja bedeuten, das ich mit dieser Stunde selbst dem Geheimdienst des Kaisers angehöre“, meinte Holmes. „Und ich habe immer gedacht, dazu wäre eine Art Eid oder ein Ritterschlag oder dergleichen notwendig. Meinen Sie nicht selbst, es hat etwas Schlampertes, wenn man diese Ehre so im Vorübergehen, in einem fahrenden Zug erfährt?“
„ Da stimme ich Ihnen zu“, sagte der Professor, „aber so ist seine Majestät eben. Ich habe selbst den Eindruck, in diesen Details offenbart sich so etwas wie der Nationalcharakter. Aber ehrlich gesagt ist es mir lieber so, als wie in Preußen. Ich gehöre seit 28 Jahren dazu und habe es nicht bereut.“
„ Nun gut, und wie kommt Ihre Majestät überhaupt auf den Gedanken, mich in seinen Dienst zu nehmen?“ fragte Holmes.
„ Er verpflichtet Sie gewissermaßen als Staatsangehöriger“, gab Professor Beckstein mit einer seltsamen Betonung zurück.
„ Was das betrifft, gehört mein Herz der britischen Krone“, bekannte Holmes kühl.
„ Ist das so richtig? Wenn die Informationen stimmen, die mir zur Verfügung stehen, Herr Holmes, dann liegt Ihre Herkunft im Dunkeln, nicht wahr? Und vergessen Sie nicht, daß Sie keineswegs auf britischem Boden geboren sind.“
Holmes lachte darüber amüsiert. „Ja, da haben Sie Recht. Gewissermaßen fließt karibisches Blut in mir.“
„ Holmes!“ rief ich erschreckt aus.
„ Erzählen Sie uns doch mehr darüber“, bat der Bamberger mit einem abgefeimten Lächeln.
„ Was soll das jetzt?“ fragte ich aufgeregt dazwischen. „Erklären Sie sich bitte, mein Freund! Das sind ja unglaubliche nationale Verunglimpfungen!“
„ Ich wüsste nicht, daß es in Bezug auf meine Herkunft etwas zu verbergen gäbe“, meinte Holmes, dem die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, sichtlich unangenehm war, „es stimmt, daß ich in Wien geboren wurde. Aber meine Eltern sind keine Österreicher.“
„ Vergessen Sie nicht, daß
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