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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Wer ist nun höher, der Eis­mann oder die Mu­mie? Sie ver­kör­pern bei­de den Tod, nicht wahr?“
    „ Ge­wis­ser­maßen ja, Hol­mes, aber ...“
    Er brach­te mich mit ei­nem Zi­schen zum Schwei­gen: „Da kom­men sie.“
     
    Wir setzten uns in ei­nem ver­schwie­ge­nen Win­kel des Sa­lons dem jun­gen Ehe­paar Cum­ber­ton-Shoy­le ge­gen­über. Er war noch et­was blass, aber sonst hät­te er auf dem Thea­ter die Rol­le des jun­gen Lieb­ha­bers spie­len kön­nen, ein feu­rig wir­ken­der Mann mit dunklen Haa­ren. Und sei­ne Frau war ein wirk­li­che Schön­heit, die per­fekt dazu pass­te. Es war merk­wür­dig, mit die­sen Men­schen, die das pral­le Le­ben ver­kör­per­ten, über so mor­bi­de The­men zu spre­chen, wie wir es dann ta­ten.
    Zu­erst wur­de vom Eis­mann ge­spro­chen, dem Hol­mes den pseu­do­wis­sen­schaft­li­chen Na­men Homo cry­sta­lis gab, als hand­le es sich da­bei um einen Men­schen aus Eis. Die Vors­tel­lung, daß es so et­was wie einen Homo cry­sta­lis über­haupt ge­ben könn­te, ein Kri­stal­li­sa­ti­ons­pro­dukt aus Feuch­tig­keit und ver­stor­be­ner See­le, ist ge­wagt, aber nicht ab­surd, schließ­lich stel­len wir uns Ge­spens­ter in der Re­gel als weiß­li­che, ne­bel­haf­te Kon­fi­gu­ra­tio­nen vor. An­ders steht es mit dem Ver­such, der­glei­chen wis­sen­schaft­lich zu be­wei­sen. Das woll­te Hol­mes leis­ten, und wenn das be­deu­te­te, den Win­ter in ei­nem bau­fäl­li­gen Ge­bäu­de in Schott­land zu ver­brin­gen. Schloss Tyne stemmt sich dort seit dem Jah­re 1165 auf Mee­res­klip­pen den in je­ner Ge­gend sehr hef­ti­gen auf­lan­di­gen Win­den ent­ge­gen und wird also seit Jahr­hun­der­ten von Salz und Schnee und je­weils wo­chen­lang an­hal­ten­den Re­gen­fäl­len zer­fres­sen. Die Un­ter­ta­nen der da­zu­ge­hö­ri­gen Graf­schaft er­nähren sich, wie wir von sei­ner Lord­schaft in­for­miert, seit ewi­gen Zei­ten von Fisch­zucht und Ha­sen­jagd, denn es gibt dort von ei­ner rie­si­gen mit Busch­hecken und Fel­sen be­stan­de­nen Step­pen und Moor­land­schaft ab­ge­se­hen nichts, und die ein­zi­ge Straße, die einen in Ta­ges­frist zur Zi­vi­li­sa­ti­on zu­rück­führt, ist im Win­ter in der Re­gel un­pas­sier­bar.
    „ Die Schau­er­ge­schich­ten, die sich um mei­nen Fa­mi­li­en­sitz ran­ken“, fuhr Cum­ber­ton-Shoy­le fort, „sind in die­ser ab­ge­le­ge­nen Ge­gend bei­na­he das ein­zi­ge Kon­ver­sa­ti­ons­the­ma. Sie sind reich ge­spon­nen und wer­den von ei­ner bär­beißi­gen, sonst eher maul­fau­len Be­völ­ke­rung, de­ren Ex­em­pla­re sich durch merk­wür­dig was­ser­hel­le Au­gen auf­fäl­lig macht, ger­ne erzählt. Der Aus­gangs­punkt die­ser Ge­schich­ten sind im­mer die Wol­ken - be­zie­hungs­wei­se Ne­bel- und Gischt­for­ma­tio­nen, die sich seit je­her je­den Abend, oft aber auch tags­über, vor dem meer­sei­ti­gen Trakt des Schlos­ses aus­zu­bil­den pfle­gen. Schloss Tyne soll so­gar an je­ner Stel­le er­baut wor­den sein, wo die­se Phäno­me­ne am stärks­ten auf­tre­ten.“
    „ Man kann das Schloss eine me­teo­ro­lo­gi­sche Sta­ti­on nen­nen?“
    „ Ge­wis­ser­maßen.“
    „ Wann wur­de Schloß Tyne er­baut?“
    „ Im Mit­tel­al­ter. Wann ge­nau, weiß nie­mand. Man­che Tei­le des Schlos­ses wer­den zu den frühe­s­ten Sied­lungs­spu­ren auf der In­sel ge­zählt. Es mag auf ei­nem al­ten Kult­platz er­rich­tet wor­den sein, der da­durch ge­schän­det wur­de. Seit­her spricht man vom Fluch der Cum­ber­ton-Shoy­les.“
    „ Put­zig. Und worin soll die­ser beste­hen?“ frag­te Hol­mes lei­se.
    Sein Ge­spräch­s­part­ner hüs­tel­te. „Es ist ein Fluch, der ge­wis­ser­maßen seit dem späten Mit­tel­al­ter, dem Be­ginn der schrift­li­chen Auf­zeich­nun­gen, 17 Fa­mi­li­en­mit­glie­dern das Le­ben ge­kos­tet hat. 32 Fa­mi­li­en­mit­glie­der sind nach den Be­haup­tun­gen der Ärz­te der Geis­tes­krank­heit ver­fal­len, von de­nen man­che so­gar so­weit ge­hen, zu kon­sta­tie­ren, es habe in all den Jahr­hun­der­ten kein Mit­glied un­se­rer Fa­mi­lie ge­ge­ben, das nicht ver­rückt ge­we­sen wäre.“
     
    Als wir da­mals im Shay Club un­se­rem Gast­ge­ber

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