Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Gemüsehändlerin befand sich bereits im fortgeschrittenen Alter, es war eine äußerst blasse, hagere Person mit schütteren Haaren, die halb blind vor mich hintrat, um mir das Gesicht zu befühlen und dabei zu prüfen, ob ich vertrauenswürdig sei. Sie sprach etwas Englisch und schlug die Hände über den Kopf zusammen, als ich hörte, daß ich aus London hierher in die Stadt gekommen war. „Ja, wie haben hier alles, Chinesen und Neger und alles“, sagte sie dazu.
Ich begann ihr einige unverfängliche Fragen zu stellen. Natürlich hatte sie von dem Mord gehört, der vor einem Jahr hier in der Gasse passiert war. Jedenfalls nickte sie bedauernd, ohne sich zu äußern. Manches, was ich sagte, schien sie auch gar nicht zu verstehen, obwohl ich mich um eine sehr klare Aussprache bemühte. Als ich erwähnte, daß der Mord vor dem Rosenhaus stattgefunden habe, stutzte sie und fragte: „Was für ein Haus?“
„ Das Haus mit der Rose. Gegenüber liegt doch ein Haus, an dessen Fassade eine Rose angebracht ist.“
„ Das habe ich noch nie gehört“, behauptete sie.
Ich zog sie vor die Ladentür, und sie folgte mir willig, sagte dann aber kopfschüttelnd: „Meine Augen sind so schwach geworden, und es ist jetzt immer so dunkel.“
„ Wollen Sie behaupten, Sie hätten noch nie gehört, daß man das Haus gegenüber das Rosenhaus nennt?“
Sie schüttelte wieder den Kopf. Dann ging ein Lächeln über ihr Gesicht und sie sagte: „Aber ich kenne den Mann, der die Tote gefunden hat. Ein Hausbursche.“
„ Ein Hausbursch?“ fragte ich, hoffnungsvoll.
„ Ja, ich weiß nicht, wie der heißt, der Hausdiener vom Ochsen. Kennen Sie den Ochsen?“
„ Nein.“
„ Ich weiß, wo er wohnt.“ Sie erklärte mir den Weg. Die Wohnstatt des Mannes lag drei Straßen weit entfernt, im Keller eines Wohnhauses. Ich sollte dort an die Tür klopfen, und es würde mir aufgetan. Ich bedankte mich und ging, hüpfte beinahe. Ich fühlte mich beschwingt und hatte erstmals gute Hoffnung, Holmes mit meinem Ausflug behilflich zu sein. Ein Augenzeuge! Ich spürte, daß ich damit der Lösung des Falls näher kam, denn der Mann, der die Leiche aufgefunden hatte, bewahrte den Schlüssel zu dem Rätsel der Rose, die die Tote in Händen gehalten hatte!
Wenige Minuten später – wie verwinkelt und klein hier die Häuschen waren, wie Minipaläste, die man als Kinder zu oft und zu hart verprügelt hat und die deshalb als Erwachsene nur geduckt und mit verkrümmten Gliedern stehen gelernt hatten – kam ich etwas atemlos in einer sehr engen, dunklen Gasse vor eine kaum mannshohe Tür und klopfte. Prompt wurde mir die Pforte aufgetan. Es erschien ein mißtraurisch schauender Mann mittleren Alters, grobschlächtig und mit zerzausten Haaren. Ich erkannte sogleich, dass er kein Wort englisch sprach und drückte ihm erst einmal meine Visitenkarte in die Hand, die er ratlos hin und her drehte.
"Die Tote mit der Rose", radebrechte ich mühselig auf deutsch. "Letztes Jahr. Sie haben Sie gefunden."
"Wer?"
"Die Tote mit der Rose, Rose in der Hand, die Rosentote", wiederholte ich, mich um ganz klare Aussprache bemühend. Langsam schien ihm zu dämmern, was ich von ihm wollte, denn er fragte: „Wer will das wissen?“
Ich zückte meine Brieftasche und hielt ihm einen größeren Geldschein entgegen, den er zuerst betrachtete und dann entgegennahm und in der Tasche seiner speckigen Lederhose verstaute.
„ Sie sind also derjenige welche, Sie sind der Fackelträger?“
"Wie?"
"Der Mann mit der Fackel. Der Lichtträger. Damals, vor dem Haus. Die Tote. Sie gefunden, Sie waren der Mann, der hat sie gefunden, nicht wahr?"
„ Ich weiß nicht, was Sie damit meinen. Ich bin der Hausbursche vom Ochsenwirt“, sagte er.
„ Aber Sie haben die Leiche gefunden?“
„ Ich habe damals ein paar Herren nach Hause gebracht,
Weitere Kostenlose Bücher