Voodoo Holmes Romane (German Edition)
es war spät. Und da ist sie dann gelegen, dort unten“, sagte er beiläufig, aber nicht unwillig.
„ Die Ermordete.“
Er zuckte mit den Achseln. Ich wartete darauf, daß er mich in seine Stube bat, aber er blieb stehen und schien nachzudenken. Dann beugte er sich vor und schielte rechts und links in die Gasse, um zu sehen, ob ich allein gekommen war. Dann nickte er und trat zurück. Ich folgte ihm in den Keller, wo nicht viel mehr als ein Bett und eine Tisch stand, und zwei Stühle. Ich setzte mich auf einen, er auf den anderen. Ich verstand recht gut, was er sagte, obwohl er achtlos und im Dialekt sprach.
„ Ich habe gedacht, sie schläft dort ihren Rausch aus“, begann er zu erzählen. „Sie hat sich an die Wand gedrückt wie ein Penner, der sich vor dem Wind schützen will. Ich habe ihr einen Fußtritt versetzt und geschrieen: Weg da! Es war nämlich das Haus vom Herrn Doktor.“
„ Welchem Doktor?“
„ Nicht vom Doktor“, sagte er, „vom Professor.“
„ Welchem Professor?“
„ Ich weiß nicht, wie der heißt.“
Eine Ahnung überfiel mich. Wer konnte der Besitzer des Rosenhauses sein? Vielleicht gab es in Bamberg viele Professoren, naturgemäß würde es sie geben, aber konnte es nicht sein, daß ...?
„ Beckstein?“ fragte ich. „Gehört das Haus einem Professor Beckstein?“
Er sah mich blöde an, gab aber keine Antwort. Ich brauchte keine, ich glaubte in der Art, wie er schaute, zu erkennen, daß meine Vermutung zutraf. Aber der Mann schien mit Beckstein unter einer Decke zu stecken, und wusste etwas. Ich überlegte, wie ich ihn weiter ausfragen konnte.
„ Sie trug ein prächtiges Kleid?“ fragte ich dann.
„ Ein schwarzes Kleid bis zu den Schuhen aus Seide, und einen Pelzmantel vom Feinsten, mit Zotteln dran, wie eine Dame von Welt“, sagte er, mit sichtlichem Genuss. Dann verfinsterte sich sein Gesicht wieder, als er hinzufügte: „Ihr Gesicht war tot, das war klar, sie war steif wie ein Vogel. Wenn im Winter die Vögel tot von den Dächern fallen von der Kälte.“
„ Steifgefroren?“
„ Ja.“
„ War es so kalt an dem Tag?“
„ Nein, es war eher warm, aber viel Nebel. Man hat kaum die Hand vor den Augen gesehen. Deswegen habe ich gedacht, da schläft einer seinen Rausch aus, aber nicht vor dem Haus vom Doktor.“
„ Von Professor Beckstein?“
Wieder glotzte er mich an, ohne eine Antwort zu geben. Auch keine Antwort ist eine Antwort, dachte ich zufrieden.
„ Und sie war tot?“
„ Genau.“
„ Hatte die Leiche etwas in der Hand?“
Er betrachtete mich verwirrt. Tja, dachte ich, wenn man schon lügt, sollte man wenigstens improvisieren können. Ich war mir gar nicht mehr sicher, daß der Mann die Leiche überhaupt gefunden hatte.
„ Zum Beispiel eine Rose?“
„ Warum soll sie eine Rose in der Hand gehabt haben?“ fragte er zurück.
„ Sie hatte nichts in der Hand?“
„ Nein.“
„ Haben Sie die Frau gekannt?“
Ich wusste nicht, was mich bewogen hatte, diese Frage zu stellen, aber ich spürte sofort, daß ich mit ihr meinem Ziel näher gekommen war. „Warum soll ich sie gekannt haben?“ fragte er mich mit Zorn in der Stimme.
„ Sie kannten die Frau!“ sagte ich bestimmt. Was nun folgte, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich merkte, daß der Mann über meine Schulter blickte, und ich glaubte, hinter mir die Gemüsehändlerin zu sehen, eine Anwesenheit, vielleicht nur ein Geräusch und der Geruch nach Kohlsuppe. Im nächsten Moment glaubte ich, mir platze der Kopf, und ich sank zu Boden. Ich hörte einen erregten Wortwechsel und versuchte darauf zu merken, aber der Schmerz und die sofort aufsteigende Übelkeit machten mich kampfunfähig. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder zu mir kam. Es war überall Blut, und mein Kopf schien zu doppelter Größe aufgeschwollen, als ich mich aufrappelte. Es war dunkel um mich herum, aber über mir sah ich den Stadthimmel, und als sich meine
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