Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Augen klärten, erkannte ich, das ich mich in einem Innenhof befand. Unter Aufbietung aller Kräfte tastete ich mich ins Freie und kam in eine Straße, die ich sogleich als die Lugbank erkannte, und den Laden der Gemüsehändlerin, die mich in mein Unglück geschickt hatte, und mußte dort vorbei, denn die Nähe zum Rosenhaus, aus dem ich gerade gekommen war, ertrug ich nicht. Nun fiel mir erst auf, daß der Keller, in dem der Hausbursch vom Ochsen hauste, zu einem Kellersystem gehörte, das dem Rosenhaus zuzuordnen war. Er wohnte quasi im hinteren Teil desselben. Ich taumelte und torkelte mehr, als ich schritt, und sah doch, daß das Licht im Inneren des Gemüseladens gelöscht war. Schwankend machte ich mich die Hauswände entlang auf den Weg und war dann erleichtert, eine Kutsche zu erblicken, und noch erfreuter, als mir aus dem Fond das besorgte Gesicht meines Freundes Holmes entgegenleuchtete. Als er mein blutüberströmtes Haupt erblickte, bestand er darauf, mich zu einem Wundarzt zu bringen. Ich aber drang in ihn, den Verdächtigen zu verfolgen, in dem ich längst den mutmaßlichen Mörder der Rosentoten sah. Mein Verdacht schien sich zu bestätigen, denn kaum waren wir vor seine Wohnung gekommen, fanden wir diese leer, und als ein Polizist herbeigerufen wurden, bestätigte er uns, daß es sich bei dem Burschen um eine ganz zwielichtige Existenz handle, der Raub und Körperverletzung zuzutrauen sei, ein ehemaliger Zuchthäusler. Er bestand darauf, uns mit aufs Revier zu nehmen, und war dann höchst ungehalten, als sich Holmes bedankte und mich dann mit grimmiger Miene nach Hause fuhr, wo er mir eigenhändig die Wunde reinigte, eine Eispackung auflegte und eine Prise Kampfer zu schnupfen gab, um mich wieder auf den Damm zu bringen.
Als ich Holmes erzählte, dass das Rosenhaus in der Lugbank offenbar unserem Gast gehörte, nickte er nur. "Ich habe mich, während Sie sich verausgabten, mit Nummerologie beschäftigt, Watson", sagte er, "und dabei einige Hinweise gefunden. Sind Sie interessiert, davon zu hören?"
Ich nickte, und wollte mich erheben, doch er drückte mich mit einer sanften Geste in die Kissen zurück: „Gemach, mein Freund“, und legte mir einen Stadtplan auf die Knie. Es handelte sich um eine Straßenübersicht Bambergs, in der alle Gassen und Sträßchen verzeichnet waren. „Ich habe den Nachmittag für einen kleinen Spaziergang genutzt“, sagte Holmes, „und mich dabei mit dem Domvikar unterhalten, der mir eine kleine Audienz gewährt hat. Ein bezaubernder Mensch. Sie müssen wissen, Watson, diese kleine Stadt hat im christlichen Kosmos größere Bedeutung, als man ihr gemeinhin zugestehen würde. Nicht zufällig steht hier eine der bedeutendsten Sakralbauten der Welt, im 11. Jahrhundert (achten Sie hier auf die Zahl 11, quasi die Zahl der Stadtgründung) zu Zeiten Kaiser Heinrichs des II. errichtet, ein Meisterwerk der Gotik mit dem berühmten Reiter, der wohl einen damaligen Krieger oder Feldherrn darstellt. Bamberg galt damals im Hochmittelalter als das Rom des Nordens. Wahrscheinlich hat das damit zu tun, daß es auch eine Siebenhügelstadt ist und diese sieben Hügel in den Stadtplan integriert wurden. Bamberg wurde der Legende zufolge aufgrund dieser Hügel zuerst als neues Rom von der heiligen Kunigunde, der Gemahlin Heinrichs II., gegründet und sollte dann später die Stelle Jerusalems einnehmen, des Nabels der Welt. Achten Sie auf die Zahl Sieben. Zu diesem Zwecke errichtete man am Doplatz eine Säule, die man hier den Tartarmann nennt. Der Name könnte an Jesus Christus, den Schmerzensmann erinnern, der auf dem Kreuz Qualen, also Torturen, erleidet, oder an den Tartarus, das Totenreich. Oder der Name kommt aus dem hiesigen Dialekt,
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