Voodoo Holmes Romane (German Edition)
letzte Mal knapp entkommen ist? Sucht sie den Tod?“ fragte ich.
„ Nein, sie erfüllt hier eine Aufgabe. Merken Sie es nicht, Watson? Eine heilige Aufgabe, die sie ungeachtet aller Hindernisse erfüllen muß, und koste es auch das Leben. Wenn man heilig sagt, meint man im Allgemeinen eine nationale Aufgabe. Aber ich habe den Verdacht, dass es damit eine andere Bewandtnis hat.“
Wir erhielten die Erlaubnis, unser Gepäck in einer Besenkammer des "Schlenkerle" unterzustellen und machten uns zum Bamberger Hof auf den Weg, der im bürgerlichen Stadtteil lag. Als wir den Kanal kreuzten, wies ich Holmes auf die Fährschiffe hin, die hier dicht an dicht an der Mauer schabten, und deren Namen und Aufschriften man entnehmen konnte, daß sie aus den fernsten Tiefen der Donaumonarchie kamen. Der Ludwig-Donau-Kanal verband den Main, über den man zum Rhein und in die Nordsee und den Atlantik gelangte, mit der Donau, die ihrerseits Verbindung ins Schwarze Meer hatte. Es gab sogar einen Lastenkahn, der den Namen „Budapest“ sein eigen nannte, was in meinem Freund Urlaubserinnerungen aufkommen ließ. Mir aber fiel es wie Schuppen von den Augen. Die Stadt war ein Umschlagplatz von Waren, die aus weiter Ferne hierher gebracht wurden. "Schauen Sie doch einmal zum Rosenhaus hinüber", forderte ich Holmes auf. "Lagern diese Schiffe nicht in seiner unmittelbaren Nähe? Übersehen wir nicht etwas, das uns direkt vor Augen liegt? Die Bedeutung des Rosenhauses könnte doch weit prosaischer sein, als Stapelplatz für verbotene Güter, vielleicht sogar für Waffen. Im Dunkel der Nacht, wenn alles schläft, lüften sich die Planen der Fährschiffe, und die Fracht, die sie zu befördern vorgeben, wird ausgetauscht womit? Es bietet sich doch dafür an, hier in der bayerischen Provinz, fernab aller großen Straßen und Eisenbahnlinien, ein Widerstandsnest zu betreiben, das doch über diesen Kanal mit aller Welt in Verbindung steht."
"Sie mögen Recht haben, dass hier eine politische Widerstandsbewegung wächst", meinte Holmes, "Sie wissen vielleicht, dass diese fränkische Landschaft erst vor einigen Jahrzehnten an Bayern fiel. Es wird hier genügend Renegaten geben. Einer davon könnte Professor Beckstein sein, der uns mit gefälschten Papieren köderte, hier für ein Attentat zur Verfügung zu stehen. Wie es auch immer stehen mag: Wir müssen die Kaiserin warnen."
Während wir durch das Tor zum Obstmarkt schritten, fiel mein Blick fiel auf der anderen Seite in ein größeres Flussbecken, dessen Ufer man, wie ich gehört hatte, Kleinvenedig nannte. Der Anblick der Schiffe in der scheu durch Wolken und Nebel lugenden Novembersonne, wie sie da wippten, schwarze Schemen im Schwarzweiß des Kanalwassers, mit einem Gleißen ihres Lacks und einem Winken der Segel, die vereinzelt geöffnet waren, war allerliebst. Zu meiner Überraschung sah ich in ihrer Mitte eine Gondola, eine originale venezianische Gondola schaukeln, doch bevor ich sie näher begutachten konnte, waren wir schon Richtung Obstmarkt abgetaucht. Wenige Minuten später kamen wir vor das Hotel und nahmen auf einer Parkbank Platz, um auf das Erscheinen Elisabeths zu warten, denn das Hotel war voller undurchsichtiger Gestalten, von denen nicht wenige Spione zu sein schienen.
Die Gräfin von Hohenems geruhte bei ihren Aufenthalten in Bamberg, wie ich im Lokalblatt gelesen hatte, im Bamberger Hof abzusteigen. In Bayreuth wohnte sie im Bayreuther Hof, und in Nürnberg im Nürnberger Hof, in Berlin aber, wo es auch einen Nürnberger Hof gibt, wohnte sie im Nürnberger Hof, und in Paris mußte sie sich wohl umgewöhnen. Sie war eine Bayerin aus Herz und Seele geblieben, und so sah sie auch aus, als sie endlich um
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