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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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13:27 Uhr das Ho­tel in Rich­tung In­nen­stadt ver­ließ in ei­nem re­schen Dirndl und ohne Be­glei­tung, was mit ver­wun­der­te. Frei­lich kann­te sie hier je­der, aber wenn sie der­ge­stalt im ge­such­ten In­ko­gni­to durch die Gas­sen schweb­te, be­müh­te man sich, nicht allzu an­ge­strengt auf sie zu star­ren oder gar den Kopf zu wen­den, schließ­lich kann­te man sie ja, und die Hys­te­rie, die sie an­dern­orts her­vor­zu­ru­fen pfleg­te, war auf Staats­be­su­che be­schränkt, bei de­nen sie im vol­len Or­nat auf­trat und da­bei tat­säch­lich wie et­was Be­son­de­res wirk­te. Nur die Jour­nail­le zu täu­schen war ihr ge­lun­gen, die kam von aus­wärts und war nicht dar­auf ge­fasst, die Kai­se­rin qua­si als ein­hei­mi­sche Bür­gers­frau zu er­le­ben, ein Stil­bruch, den sie ge­dank­lich nicht ver­ar­bei­ten konn­ten. Und die ganz Nai­ven un­ter ih­nen er­war­te­ten na­tür­lich, daß sie mit ei­nem Krön­lein auf dem Haupt zum Fri­seur oder Ein­kau­fen ge­hen mußte, denn so was mar­kier­te ja ge­krön­te Häup­ter. Wir folg­ten der Kai­se­rin un­auf­fäl­lig ins Cafe Graup­ner, wo in ei­nem Hin­ter­zim­mer längst ein Tisch­chen für sie ge­deckt war, und sie rühr­te dort un­ge­stört in ih­rer Tas­se Kaf­fee und sah Zei­tun­gen durch, als wir in den Raum tra­ten, auf die er­schreck­te Ab­wehr der Kell­ne­rin gar nicht ein­ge­hend, die uns den Raum ver­weh­ren woll­te. Hol­mes nahm den Hut ab und sag­te: „Gnä­di­ge Frau, mein Name ist Hol­mes, und ich bin ge­kom­men, um Sie zu war­nen.“
    Nach die­sen Wor­ten blieb es im Raum ein Wei­le ru­hig, und ich hat­te Ver­an­las­sung, die Dame, die uns ge­gen­über saß und uns et­was rat­los an­schau­te, ein­ge­hend zu mus­tern. Ich hat­te die­sem Au­gen­blick schon ent­ge­gen­ge­fie­bert und merk­te nun, dass mein Herz vor Er­re­gung hef­tig zu schla­gen an­fing.
    „ Sher­lock Hol­mes?“ frag­te sie zu­rück. Ihre Stim­me war neu­gie­rig und glocken­hell.
    „ Ge­wis­ser­maßen“, sag­te Hol­mes, ohne bei der Lüge die Mie­ne zu ver­zie­hen.
    „ In­ter­essant. Ich bin ent­zückt, Ihre Be­kannt­schaft zu ma­chen, Mr. Hol­mes. Und der Herr an Ih­rer Sei­te wäre dem­nach Ihr ge­treu­er Ge­fähr­te, Dr. Wat­son?“
    Aus nächs­ter Nähe war die Kai­se­rin eine der schöns­ten Men­schen, die ich je­mals ge­se­hen habe. Mit­tel­groß und schlank, fast drah­tig, schi­en der Kör­per ju­gend­lich, ob­wohl sie ge­wiss nicht mehr jung war, mit fei­nen, nied­li­chen Fält­chen um Au­gen und Mund. Ihre Hän­de, ihre Fes­seln, ihre Oh­ren, ihre Nase, all das war wohl­ge­formt, ihr wich­tigs­tes Ka­pi­tal aber wa­ren Au­gen und Mund. Wie sie die Lip­pen kräu­sel­te, wenn sie sprach, war al­ler­liebst. Und ihr Blick: Hoch­mütig, dann wie­der scheu, klar blickend und dann wie­der um­wölkt von ei­ner un­be­kann­ten Emo­ti­on, ei­nem un­säg­li­chen Schmerz, ei­ner trü­ben Er­in­ne­rung, als gin­gen Wol­ken über eine Land­schaft, es war be­rau­schend! Ja, sie war eine Göt­tin, und sie sprach mit ei­ner Stim­me, die mich so­fort ge­fan­gen nahm, die mich fes­sel­te, von der mir die Haut von oben nach un­ten warm wur­de und emp­find­sam.
    Hol­mes nick­te, um so­gleich fort­zu­fah­ren: „Gnä­di­ge Frau, ich scheue mich, dar­auf Be­zug zu neh­men, daß Sie sich hier in­ko­gni­to auf­hal­ten, und ich emp­fin­de kei­ne Freu­de da­bei, in die we­ni­gen Mu­ße­stun­den ein­zu­drin­gen, die Ih­nen ver­blei­ben“, be­kann­te er mit ei­ner Stim­me, die er­ken­nen ließ, daß die Rei­ze der Dame auch ihn nicht un­be­rührt lie­ßen. Viel­leicht hat­te es da­mit zu tun, dass sie qua­si sei­ne zwei­te Lan­des­mut­ter war, so­fern wir die Ge­schich­te, die er da­mals Pro­fes­sor Becks­tein im Zug erzähl­te, ernst neh­men wol­len. Und doch sag­te er ein­fach "Gnä­di­ge Frau", was so­gleich einen sach­li­chen Ton in die An­ge­le­gen­heit brach­te und zu­gleich ihr In­ko­gni­to wahr­te. „Mor­gen ist der 11. No­vem­ber“, fuhr Hol­mes fort, „ein be­son­de­rer Tag, der im ver­gan­ge­nen Jahr ein großes Un­glück zur Fol­ge hat­te. Ich bin ge­kom­men, um in die­sem Jahr ein weit größe­res Un­glück zu

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