Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Decke, dann hatten wir ihn bezwungen. Ich riss das Bettlaken in Stücke, wir fesselten ihm die Arme auf den Rücken, verschnürten seine Beine, und dann gaben wir ihm noch ein paar Ohrfeigen auf die Wangen, um unsere Aufregung und Angst abzureagieren. „Sie verrückter Teufel!“ rief ich, „sie hätten uns beinahe erschossen. Und warum? Schämen Sie sich, ein Mann in Ihrem Alter!“
Er dagegen, mit puterrotem Gesicht, versuchte mir mitten ins Gesicht zu spucken, verfehlte mich aber.
Es herrschte einige Minuten Stille, während denen Holmes, die Hände auf dem Rücken, die Kammer mit langen Schritten durchmaß. Schließlich stellte er sich vor Professor Beckstein auf und meinte: "Führen wir doch ein offenes Wort, Herr Professor. In welchen Diensten stehen Sie?"
Der alte Mann würdigte ihn keines Blicks.
"Die Sachlage ist doch durchaus klar", fuhr Holmes fort. "Sie haben uns unter einem Vorwand in diese Stadt gelotst und uns zu diesem Zweck mit einem Ermächtigungsschreiben ausgestattet, das uns als Spione Ihrer Majestät, Kaiser Franz Joseph II., ausweist. Dann haben Sie eine schwere Erkrankung vorgetäuscht, um sich unverdächtig zu machen, und uns hierher in ihre Wohnung verfrachtet, wo wir demnächst unsere Verhaftung zu gewärtigen haben, nicht wahr? Denn es wird ein Verbrechen passieren, und wir sitzen hier als die Sündenböcke. Welches Verbrechen könnte das sein? Die Ermordung Ihrer Majestät, der Kaiserin Elisabeth, die morgen hier in der Stadt eintrifft. Dann war der Mord an ihrer Dienstbotin im Vorjahr tatsächlich ein Unglück, denn es sollte Elisabeth selbst treffen. Wahrscheinlich haben Sie auch damals schon Sündenböcke bereit gehalten, doch Sie wollten damals Verschwörungstheorien vermeiden, denn diese hätten Elisabeth womöglich davon abgehalten, wieder nach Bamberg zu kommen. So gesehen könnten Sie im Dienst des bayerischen Königs stehen, aber das ist unwahrscheinlich. Er ist doch Elisabeth sehr nahe, ein guter Freund, nicht wahr? Wie steht es nun mit dem deutschen Kaiser? Was könnte er dabei gewinnen, seinen wichtigsten Verbündeten, den Habsburger, zu brüskieren? Es gibt also nur zwei Möglichkeiten - entweder es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit, Franz Joseph möchte sich noch einmal vermählen und will seine Gemahlin deshalb töten lassen. Oder es handelt sich um Kräfte, die die Monarchie in Deutschland beenden wollen und gerade deshalb, um diesen Eindruck zu erwecken, dergleichen Intrigen einfädeln."
Holmes hatte ruhig gesprochen und blickte nun Professor Beckstein in die Augen, der ihn stumpf ansah.
"Wir haben keine Zeit, hier nach Papieren zu suchen", meinte Holmes, der bedauernd den Kopf schüttelte. "Denn Sie haben doch nicht nach einem Wundarzt für Holmes gerufen, sondern nach der Polizei. Oder täusche ich mich?"
Der alte Mann gab keine Antwort.
"Noch stehe ich im Dienste seiner Majestät", sagte Holmes. "Ich werde es nicht zulassen, dass seine Gemahlin zu Schaden kommt. Sagen Sie das Ihren Auftraggebern."
"Entschuldigen Sie, Holmes", unterbrach ich seine Rede, "ich habe hier eine Frage, Herr Professor. Stimmt es, dass Ihnen das Rosenhaus in der Lugbank gehört?"
Er betrachtete mich schweigend. Dann schüttelte er den Kopf. Es war schwer zu sagen, ob als Antwort auf die Frage, oder weil er sie absurd fand. Wir verbrachten die folgenden Minuten damit, vergeblich den Professor zu befragen, denn er schwieg eisern, und wir waren nicht gewillt, ihn zu foltern. Außerdem brannte uns die Zeit unter den Nägeln, denn bald würde der Bote mit Verstärkung zurückkehren, um uns gefangen zu setzen für ein Verbrechen, das noch nicht begangen war, und für das wir als Ausländer und Spione des österreichischen Kaisers
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