Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Verwunderung, dass er lächelte. "Ich habe noch zu lesen", wiederholte er und grinste breit. "Na, dann ist ja die Welt in Ordnung!"
"Und wenn es sich um eine Täuschung handeln könnte?" fragte ich.
Über diese Frage verfiel er ins Grübeln. Die Antwort wurde uns rasch gegeben, denn mit einem Mal wurden die Fensteröffnungen des Wagens mit Schiebegittern verschlossen, Riegel wurden von außen umgelegt und wir saßen in dem Wagen gefangen!
In diesem Moment öffnete sich die Dachluke der Kutsche, und man hörte ein lautes Zischen. In Sekundenschnelle war das Wageninnere mit Rauch und einem beißenden Geruch erfüllt. „Lachgas!“ rief Holmes aus, doch im letzten Moment, nach einem kurzen Husten, begann er auch schon zu kichern. Er lachte so albern, daß ich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen kann, warum ich ebenfalls bellend mit dem Lachen begann. War das nun die Wirkung des Giftes oder half uns unser Humor über die peinliche Situation und die Angst, die sie ablöste, hinweg? Wir saßen einander gegenüber, und die Tränen liefen uns die Wangen hinunter. Wir kriegten fast keine Luft mehr, und dann sah ich, daß Holmes die Augen verdrehte und ohnmächtig wurde, was ich so witzig fand, daß ich darüber ebenfalls den Verstand und somit auch das Bewusstsein verlor.
Es mochte eine lange Weile oder eine kurze Weile vergangen sein, jedenfalls fanden wir uns in einem Verlies wieder, in dem beständig Wasser tropfte, und man hörte ein Rauschen, also mochte der Fluss nicht weit sein. Ich fror entsetzlich, und der Nacken war mir steif geworden. Holmes – das konnte ich im Zwielicht erkennen – schlief noch, ich stieß ihn an, soweit es meine gefesselten Knöchel zuließen. Auch die Arme waren mir auf den Rücken gebunden, und ich konnte erst dann, als ich mich scharrend zur Wand des Verlieses vorgearbeitet hatte, in eine sitzende Position hochrappeln. Holmes war ebenfalls wach und musterte aufmerksam die Decke unseres Gefängnisses. Es war in der Form rund und oben in der Decke gab es ein Loch, durch das Licht in das Verlies drang. Nun erst fiel mir auf, dass wir einen Mitgefangenen hatten.
"Professor Beckstein", rief ich überrascht. Auch er war gefesselt und starrte uns aus dem Dunkel der gegenüberliegenden Wand mit funkelnden Augen an.
"Er spricht nicht mit uns", bemerkte Holmes, der mir mit seinem Rücken voraus entgegenrutschte. "Sehen Sie mal, was Sie gegen meine Fesseln tun können, und ich werde mich Ihrer annehmen."
Wir mochten hier etwa eine Stunde gehockt haben, als es Holmes tatsächlich gelang, meine Knoten zu lösen. Die gerade noch straffen Fesseln wurden locker, als man über unseren Köpfen Geräusche hörte, worauf wir unsere Versuche aufgaben und rasch auseinanderrutschten. Schon verdunkelte sich die Öffnung, die groß genug war, um einen Ochsen durchzulassen. Es erschienen zwei Köpfe. Einer kam mir vage bekannt vor, doch das Gegenlicht war so stark, dass ich wenig mehr als Umrisse sah. Es war ein älterer Mann, und nun, da als ich ihn sprechen hörte, verstärkte sich der Eindruck, ihm schon einmal begegnet zu sein, obwohl er sagte: "Der Fette da unten, der ist der Nächste."
"Und der Alte?" fragte eine Männerstimme neben ihm, die weit weniger gebildet und feinsinnig war.
"Der kommt heute dran. Den Schmalen heben wir uns auf, dem krümmst du kein Haar, verstanden?"
"Ja", sagte der Mann, und dann ging alles sehr schnell. Ich sah etwas wie einen schwarzen Blitz herunterfahren und wollte schon zur Seite rutschen, als ein markerschütternder Schrei aufgellte. Es war Professor Beckstein, der von einer Lanze getroffen und durchbohrt worden war. Diese hatte einen Widerhaken, der ihm nun aus dem Brustkorb herausstach, während der tödlich Getroffene, der nur mehr einen schmatzenden Laut von sich gab, an der
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