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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Lan­ze bau­melnd be­reits von kräf­ti­gen Ar­men in die Höhe ge­zogen wur­de.
    Ich kann Ih­nen nicht be­schrei­ben, was die­ser An­blick in mir her­vor­rief. Ich bin zwar im Krieg ge­we­sen, aber in mei­ner Ju­gend­zeit, in der man we­ni­ger emp­find­sam ist. Und doch hat­te ich in al­len Schlach­ten noch nie so ein grau­si­ges Bild vor mir ge­habt wie die­ser Leich­nam ei­nes al­ten Man­nes, den ich ge­kannt hat­te, und der ge­ra­de noch at­mend und mit pul­sie­ren­dem Her­zen vor mir ge­hockt hat­te.
    Ich war schreckens­starr, und dazu trat dann der Ge­dan­ke, dass Sie von mir als dem "Fet­ten" ge­spro­chen hat­ten, denn Hol­mes war sicht­lich ma­ge­rer als ich. Ich merk­te, dass er mit mir sprach und sah dann an mir her­un­ter und er­blick­te Hol­mes, der sich vor mich hin ge­setzt hat­te und mir sei­ne Fes­seln hin­hielt, um sie eben­falls zu lö­sen. Ich sah sei­en Kopf, den er im Nacken ver­dreht hat­te, und sah ihn zu­gleich nicht, da mich ein Stich im Her­zen lähm­te im Ge­dan­ken, dass dort in kür­zes­ter Zeit die Spit­ze der Lan­ze stecken könn­te mit Wi­der­ha­ken ver­se­hen, und dass ich bleich als Leich­nam in die Höhe ge­zogen wer­den wür­de - zu wel­chem Zwecke? Wa­ren es kul­ti­sche Hand­lun­gen, bei de­nen Blut ver­wen­det wur­de? Was konn­te man mit die­sem sinn­lo­sen, grau­sa­men Mord bezwecken? Ich hat­te gar nicht be­merkt, dass mei­ne ei­ge­nen Fes­seln von selbst ab­ge­fal­len wa­ren, und ich wie­der Ge­walt über mei­ne Arme zu­rück­be­kom­men hat­ten. Schlaff la­gen mei­ne Fin­ger auf den Fes­seln mei­nes Freun­des, während ich mir neu­er­lich die äu­ßerst fes­ten Kno­ten vor­nahm, mit de­nen sei­ne Arme am Rücken fest­ge­zurrt wa­ren.
    Ich kann nicht sa­gen, wie­viel Zeit ver­gan­gen war, bis die Kraft ei­ni­ger­maßen in mich zu­rück­ge­kehrt war und ich Hol­mes be­freit hat­te. Er nutzte die Ge­le­gen­heit gleich, sei­ne Fuß­fes­seln zu öff­nen, stand auf und streck­te sich, während ich im­mer noch wie ge­lähmt da saß. Er mußte mir mei­ne Fuß­fes­seln wie bei ei­nem Klein­kind ab­neh­men, dem man die Schu­he an­zie­hen muss, und das gar nicht be­greift, dass die Füße in das Le­der sol­len.
    Ich be­ob­ach­te­te starr, wie Hol­mes un­ser Ge­fäng­nis näher un­ter­such­te. Es gab in der Wand eine Quel­le, die aus ei­nem Spalt her­vor­drang, durch eine Rin­ne im Bo­den rann, um am an­de­ren Ende durch eine Höh­lung ab­zuflie­ßen. Die­se war aber kaum so breit, dass man den Kopf durch­s­tecken konn­te, und so tief, dass man nicht sa­gen konn­te, wo­hin sie führ­te. Hol­mes stell­te sich vor das Loch und stieß einen merk­wür­di­gen ho­hen Ton aus, und dann noch ein­mal.
    Dass er of­fen­bar wußte, was er tat, weck­te ich aus mei­ner Schreck­star­re. "Bit­te Hol­mes", sag­te ich mit der Stim­me ei­nes klei­nen Bu­ben, "sa­gen Sie mir, dass Sie wis­sen, was Sie tun, und dass Sie uns aus die­sem Ker­ker be­frei­en kön­nen."
    "Ich ver­spre­che Ih­nen, dass wir hier raus­kom­men", sag­te er, dreh­te dann den Kopf wie­der in das Loch und wie­der­hol­te den klei­nen, kla­gen­den Laut, der mich ir­gend­wie an einen Pfau­en­schrei er­in­ner­te.
    "Was ha­ben Sie vor?" frag­te ich. Of­fen­bar wur­de man von oben, durch die Höh­lung in die Kam­mer her­ab­ge­senkt oder ge­wor­fen, es gab kei­nen an­de­ren Aus­gang aus dem Ge­lass. Die Wän­de wa­ren so glatt, dass kei­ner hof­fen konn­te, sie zu er­klim­men, und neig­ten sich im obe­ren Teil so­sehr, dass die Wand für einen Klet­te­rer über­hän­gend ge­we­sen wäre, so­fern man es in die Höhe von etwa sechs Me­tern über­haupt schaff­te. Ich be­fühl­te die Wän­de mit der Hand. Sie wa­ren mit dem Bimss­tein glatt ge­schlif­fen, und das durch­ge­hend bis in die Höhe. Selbst wenn sich ei­ner auf die Schul­tern des an­de­ren ge­stellt hät­te, war es aus­sichts­los, un­se­rem Ge­fäng­nis klet­ternd ent­kom­men zu wol­len. Wie­der be­fiel mich tie­fe Mut­lo­sig­keit, und ich fuhr dann er­schrocken und zu­gleich er­leich­tert zu­sam­men, als in der Öff­nung, an der sich Hol­mes ab­müh­te, ein Laut er­tön­te wie das Ab­bröckeln von Stei­nen. Dann noch ein­mal, und ein ra­scheln­der Ton.

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