Voodoo Holmes Romane (German Edition)
unangenehme Geruch, den ich wahrnahm, einen Geruch von Fäule und Blut?
Während wir die enge Steintreppe in die Tiefe schlichen und uns dabei Mühe gaben, kein Geräusch zu verursachen, hörten wir fern einen Singsang, der sich dann im Laufe der Zeit verstärkte. Es gab hier Gewölbe, die sich dann überraschend verbreiterten und erhöhten und den Charakter eines Kellers verloren. Es mochte sich um eine Gruft handeln, aber es war alles prächtig gearbeitet und erinnerte an längst vergangene Zeiten. Wir arbeiteten uns langsam in die Richtung des Singsangs, der aus vielen Kehlen kam und hallte wie in einem großen Raum. Die Gänge waren nur spärlich mit Fackeln ausgeleuchtet, die etwas unruhig in einem Luftzug brannten, der aus der Richtung kam, in der wir uns vorsichtig vorarbeiteten. Letztendlich blickten wir auf einer Kreuzung des Ganges um eine Ecke auf eine Ansammlung von Menschen, die durch einem rundbogigen Durchgang in einen Saal schauten, der hell erleuchtet war. Nun war der Gesang so laut geworden, dass wir uns flüsternd ungestört unterhalten konnten und dann ungehindert den Gang weiterschreiten konnte, der bald zu einer neuerlichen Kreuzung führte. Wieder blickte man hier auf den Rücken von Menschen, die da standen und saßen und in einen dicht von Menschen gedrängten Raum blickten. Sie waren ganz gewöhnlich gekleidet und unterschieden sich in ihrem Äußeren von uns so wenig, dass wir es auf einen Wink von Holmes wagten, näher heranzukommen. Der eine oder andere Blick streifte uns, aber es war unwahrscheinlich, dass man uns in dieser großen Menschenmenge, die mehrere hundert zählte, als Außenseiter erkennen würde. Auch wir hielten die Hände verschränkt, wie das hier üblich war, nämlich verkehrt und mit nach unten zeigenden Fingern, wodurch in mir die Assoziation von Wurzeln aufkam. Auch wir sangen, wußten allerdings nicht genau, was. Über Schultern und an den Köpfen vorbei versuchten wir in den Saal zu blicken, der groß war und mit Bänken ausgestattet, die dicht mit Stehenden gefüllt waren. Dazwischen standen Menschenreihen eng an eng, und alles blickte in die Richtung eines Altars, auf dem ein Thron stand. Auf diesem nahm ich ein feingliedriges Persönchen war, eine mädchenhafte Erscheinung.
Es war schon eine Weile gesungen worden und es wurde auch noch eine Weile gesungen, also konnte ich die Blicke und die Gedanken schweifen lassen. Unter dem Thron fand ich einen Tisch, auf dem eine nackte Gestalt lag. Mit Grausen erkannte ich Professor Beckstein. Dann sah man eine hohe Gestalt, die eine spitze Mütze trug und somit unkenntlich war. Ihre bis zum Boden reichenden Kleider waren purpurrot, und sie war von mehreren Helfern umgeben, die ähnlich, wenn auch weit weniger prächtig gekleidet und gerade damit beschäftigt waren, in ihre
Kelche eine Flüssigkeit aus einem großen Topf zu füllen, der unmittelbar unter dem Thron stand. Dieser war äußerst prächtig aus Stein getrieben. Seine Verzierung waren große, liebevoll gestaltete Rosen, die das Mädchen rankend umgaben. Der gesamte Raum erinnerte mich vage an das Innere des Bamberger Doms, und nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Wir mußten uns unter demselben befinden, in einem Kirchenschiff, das eine Spiegelung seines Kirchenschiffs sein mußte, was man schon daran erkannte, dass es auch hier einen Reiter gab. Dieser war allerdings kein Ritter auf einem Pferd, der auf einem Sockel steht, in dem ein Ungeheuer kauert, sondern gerade umgekehrt, nun saß ein Ungeheuer auf dem Pferd, und der Ritter kauert unter dessen Hufe.
Ich merkte mit einem Seitenblick auf den singenden Holmes, dass er all das auch schon wahrgenommen hatte.
In diesem Moment drehte sich der Priester um. Sein Spitzhut reichte ihm bis
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