Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
Vom Netzwerk:
in der Es­sex Road. Die gan­ze Fahrt lang be­schränk­te sich Hol­mes auf die kryp­ti­sche Be­mer­kung: „Wenn wir zu spät kom­men, ist al­les zu­nich­te!“
 
    Er leg­te den Fin­ger auf die Lip­pen, als wir den Hin­ter­ein­gang des Tier­präpa­ra­tor­la­dens ge­räusch­los öff­ne­ten. Es war dun­kel und still, während wir uns auf Ze­hen­spit­zen zwi­schen den Präpa­ra­ten durch­ar­bei­te­ten. Und dann, mir stock­te der Atem, sah ich halb ver­bor­gen in der Tie­fe des Raums eine Be­ton­wan­ne. Auf den ers­ten Blick glaub­te ich an eine Wasch­vor­rich­tung für Tier­ka­da­ver, doch bald sah ich, daß es sich um wohl­ver­zier­ten Mar­mor han­del­te, in des­sen Kuh­le je­mand lag. Ja, es war die La­den­be­sit­ze­rin. Sie schlief mit über­kreuzten Ar­men und of­fen­sicht­lich sehr tief. Sie trug ein Pail­let­ten­kleid und war et­was hef­tig ge­schminkt. Sie schi­en kaum zu at­men. Die Haut ih­rer wohl­ge­form­ten nack­ten Bei­ne war ala­bas­ter­far­ben und ström­te Käl­te aus. Hol­mes zeig­te mit dem Blick auf eine Plat­te, die da­ne­ben an der Wand lehn­te und ich ver­stand au­gen­blick­lich. Blitzschnell und un­ter größter An­stren­gung, kein Ge­räusch zu ver­ur­sa­chen, pack­ten wir die Plat­te, schwe­ren, kühlen Stein, der un­se­re an­ge­sam­mel­ten Kräf­te be­an­spruch­te, schwenk­ten sie und plat­zier­ten sie mit ei­nem be­herz­ten Ruck ge­ra­de­wegs auf den Sar­ko­phag. Das war so schnell und stim­mig ge­sche­hen, daß ich es so­gleich als Lö­sung emp­fand und ein er­leich­ter­tes Seuf­zen aus­s­tieß. Ich ver­stand selbst nicht, warum, aber es war so. Es konn­te et­was da­mit zu tun ha­ben, daß die An­span­nung im gan­zen La­den mit ei­nem Mal ab­fiel. Es war so, als hät­te man seit Stun­den un­ter ei­nem quälen­den Sum­men ge­lit­ten, daß nun plötz­lich ver­stumm­te.
    Auch Hol­mes wirk­te sicht­lich er­leich­tert, sah sich einen Au­gen­blick vor­sich­tig um und als nichts wei­ter pas­sier­te, ent­spann­te er sich ganz und sag­te dann: „Also gut, Wat­son, dann kön­nen wir nun ge­trost nach Schott­land fah­ren.“
    „ Aber was ist pas­siert, Hol­mes, wie soll es nun hier wei­ter­ge­hen?“
    „ Ich habe dir et­was ver­schwie­gen“, sag­te er, „die Se­an­ce, die du er­lebt hast, soll­te auch dazu die­nen, die Mu­mie ein­zu­lul­len, und das ist uns ge­lun­gen.“
    „ Die­se jun­ge Dame hier ist also die Mu­mie?“
    Er schüt­tel­te den Kopf. „Sie war es“, sag­te er.
    Ich konn­te mit die­sen Wor­ten nichts an­fan­gen. Zwar spür­te ich, daß mein Angst­pe­gel im­mer wei­ter sank, und ich die Be­dro­hung, die das Haus in der Es­sex Road aus­ge­strahlt hat­te, in sich zu­sam­men­fiel. Aber der Ge­dan­ke dar­an, eine jun­ge Frau un­ter ei­ner schwe­ren Stein­plat­te ein­ge­schlos­sen zu ha­ben, be­rei­te­te mir Kopf­zer­bre­chen.
    „ Und was pas­siert jetzt wei­ter?“ frag­te ich Hol­mes. „Zwei­fel­los wird sie un­ter dem Stein ers­ticken, wenn wir ihn so las­sen. Und selbst, wenn sie er­wach­te, wäre sie nicht fähig, die schwe­re Plat­te wie­der zur Sei­te zu räu­men.“
    “ Da­von gehe ich aus“, sag­te Hol­mes.
“Aber das ist Mord“, wand­te ich ein.
“Eine Mu­mie er­mor­den? Nein, das geht nicht“, be­haup­te­te er. „Man kann sie höchs­tens kon­ser­vie­ren, und das wird ge­sche­hen, ver­lass dich drauf.“
“Aber bist du dir si­cher, daß sie eine Mu­mie ist?“
    „ War, Wat­son. Sie war eine Mu­mie.“ Er zog eine die­ser franzö­si­schen Zi­ga­ret­ten aus sei­ner Brust­ta­sche und steck­te sich eine an.
“Hol­mes“, be­gann ich in vor­wurfs­vol­lem Ton.
    „ Kei­ne Dis­kus­sio­nen“, sag­te er mit schnei­den­der Stim­me, wie ich den jun­gen Mann noch nicht er­lebt hat­te. Es ka­men of­fen­bar doch ver­stärkt die Hol­mes’schen Gene durch. „Wir ha­ben noch zu packen. Bis mor­gen.“
    Ich wuss­te, daß jede wei­te­re Ge­gen­re­de zweck­los war. Er schick­te sich be­reits an, den La­den zu ver­las­sen. „Ach, ei­nes noch, Wat­son. Kannst du den Re­gen­ma­cher ho­len? Er liegt noch im Shay-Club.“
    „ Ja, ger­ne“, sag­te ich. Der Club lag in der Rich­tung mei­ner Woh­nung, und Hol­mes mach­te sich sicht­lich

Weitere Kostenlose Bücher