Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Auge auf meine Frau geworfen haben sollten, dann seien Sie versichert, daß mein Humor Grenzen hat, Holmes.“
Mit diesen Worten verließ er die Bibliothek. Was konnte er mit dieser letzten Anspielung gemeint haben? Ich warf meinem Gefährten einen fragenden Blick zu. Er tötete die Zigarette aus und sagte: „Gehen wir essen.“
6
So begannen unsere Tage auf Tyne. In der ersten Zeit bestanden sie vor allem darin, Wolkenformationen zu studieren und diese mit dem französischen Photoapparat auf Platte zu bannen. Vor allem am frühen Morgen haftete den Wölkchen ein gelblicher Hauch an. Und wir kommen nun zu einem Teil der Ermittlungen, über den ich nicht gerne berichte, aus Gründen der Diskretion, und auch aus Verbundenheit mit meinem Freund Sherlock. Denn wieder ging es um die leidige Frage, ob sein jüngerer Bruder überhaupt geeignet war, kriminologische Untersuchungen durchzuführen. Nur ein Beispiel: Bei der Qualifikation der Wolkenformationen schien er auf den ersten Blick durchaus eifrig. Bald aber merkte man, daß sein Interesse eher sagen wir einmal lausbübischer Natur zu sein schien. So hing er Morgen für Morgen am Fernrohr. Ich fragte ihn, woran er arbeite, aber antwortete nicht. Eines Morgens dann löste er sich befriedigt von der Optik des Gerätes und sagte mir lächelnd: „Watson, ich glaube, den Ansatzpunkt gefunden zu haben. Schau mal hier rein.“
Ich war nicht erstaunt, eines jener vermaledeiten Wolkendreiecke im Fadenkreuz des Fernrohres zu erblicken in einem beinahe makellosen Himmelsblau über dem Dunst des Horizonts, über dem Dunkelblau des Meeres. Es handelte sich um ein beinahe perfektes, auf dem Kopf stehendes, gleichschenkeliges Dreieck, das an einen Teil der weiblichen Anatomie erinnerte, den ich eigentlich nur aus dem Seziersaal kenne. Aber es war täuschend echt, soviel kann ich sagen. Dieses Wölkchen wirkte wie ein Fellchen. Und dieses Fellchen brachte man unwillkürlich – auch ich muß mir hier die Schuld geben, mit unserer Gastgeberin in Verbindung. Nun, was sollte das Ganze? Ein Wissenschafter oder ein Gerichtspathologe hätte dabei nichts empfunden, so aber war die Assoziation ein Affront, und nicht ungefährlich, wenn man in Betracht zieht, daß unser Gastgeber Holmes schon unlauterer Motive geziehen hatte.
Und Holmes tat nichts dazu, diesen Verdacht auszuräumen, ganz im Gegenteil. Er hatte von Anfang an die Photoaufnahmen der Wolkenformation, die man den „Dreizack“ nannte, sich selbst vorbehalten, eine Entscheidung, die mir anfänglich nicht einleuchtete, schließlich schien der Schwertreiter ein weit lohnenderes Objekt. Daß er diesen „Dreizack“ nun in „Venusdreieck“ umbenannt hatte, erfüllte mich mit Peinlichkeit, obwohl zugegeben werden muß, daß es mit einem solchen frappante Ähnlichkeit hatte. Die erotische Anspielung hatte in der Einsamkeit des Hochlandes allerdings die Wirkung eines ständigen, schabenden, juckenden Reizes.
Nun grinste er mich an, und ich wusste, was er dachte, und meinte resignierend: „Wir könnten doch lieber ‚Dreispitz’ dazu sagen.“
„ Wenn Sie wollen“, meinte er gutmütig. „Und nun achten Sie auf die Oberkante.“
Ich blickte noch einmal hinein. Da war, die geometrische Perfektion des Wölkchens störend, eine Locke rechts oben im mittleren Drittel, ein aufsteigender Dunstschleier.
„ Sie meinen dieses Büschel, diese Verwirbelung?“
„ Genau.“
„ Ein atmosphärisches Phänomen, ohne Zweifel“, meinte ich. „Es wird dort Winde, ich denke, man nennt das Aufwinde, geben, die dann die Wolkenformation oben aufbrechen lassen, sie zerfließen lassen und so weiter.“ Ich blickte
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