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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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un­gläu­big. Wir stan­den ein­an­der ge­gen­über, und das ste­ti­ge Wip­pen un­se­res Gast­ge­bers auf sei­nen Schuh­soh­len ver­setzte das Par­kett in ein Knacken und Knir­schen, das sich bis in die Tie­fe des Saa­l­es fort­pflanzte.
    „ Sie sind mit dem Hu­mor un­se­rer Fa­mi­lie na­tür­lich nicht ver­traut“, mein­te er, „aber ja, na­tür­lich ist es mög­lich.“
    „ Ich gebe Ih­nen zu, daß die­ses gan­ze Schloss eine In­sze­nie­rung sein kann, Lord Cum­ber­ton“, stam­mel­te ich, „ja, durch­aus, schon wenn Sie be­den­ken, daß Bal­ko­ne wie jene Mee­res­bal­ko­ne da oben un­ten im Wohn­trakt ei­gent­lich erst sehr späte Krea­tio­nen sein kön­nen und vom Baus­til eher in un­ser Jahr­hun­dert pas­sen. Aber wür­de sich der­glei­chen Fäl­schung nicht her­um­ge­spro­chen ha­ben, hät­ten Sie nicht da­von ein­mal er­fah­ren?“
    „ Bit­te von wem?“ er­wi­der­te er. „Von mei­nen Dienst­bo­ten? Von den Leu­ten im Dorf? Die sind doch ge­nau­so ver­rückt wie ich.“
    Er  war ein gut aus­se­hen­der Mann mit fein­ge­schnit­te­nen Ge­sichts­zü­gen, aber sei­ne Au­gen blick­ten ver­wirrt, während er geis­tes­ab­we­send im Hu­mi­dor kram­te, um sich eine Zi­gar­re her­vor­zu­zie­hen, und er tat mir fast leid, als er hin­zu­füg­te: „Wir ha­ben alle un­se­re Ge­schich­ten. Schon des­halb habe ich Sie ge­be­ten, mir hier­her zu fol­gen. Ich glau­be, Sie sind re­sis­tent ge­gen den Ein­fluss. Es ist eine Epi­de­mie, wis­sen Sie? Wer im Epi­de­mie­ge­biet lebt, ist da­von so in­fi­ziert, daß er von der Krank­heit selbst nichts mehr weiß.“
    Ich war be­trof­fen, als er das sag­te, denn es er­in­ner­te mich an die Wor­te, die Sher­lock ge­spro­chen hat­te, als es noch um das Haus in der Es­sex Road ging. Ich schau­te zu Hol­mes hin, um zu er­grün­den, ob ihm die Di­men­si­on des Fal­les, in den wir ver­wickelt wa­ren, auf­ge­gan­gen war. Er stand auf der Spie­gel­sei­te der Bi­blio­thek, die sich aus glän­zen­den Flächen und lan­gen Re­gal­rei­hen un­zäh­li­ger Bücher zu­sam­men­setzte, und war da­mit be­schäf­tigt, Po­sen ein­zu­neh­men und sei­ne Wir­kung in den ver­schie­dens­ten Spie­ge­lun­gen zu über­prü­fen. Ne­ben­bei blät­ter­te er in Fo­li­an­ten, wo­bei ich nicht hät­te sa­gen kön­nen, ob er die nun zur Kräf­ti­gung sei­ner Arm­mus­ku­la­tur her­un­ter­ge­nom­men hat­te, oder um aus ih­nen et­was zu er­fah­ren. Ich hät­te nicht ge­dacht, daß er ge­dank­lich an un­se­rem Ge­spräch teil­ge­nom­men hat­te. Des­halb über­rasch­te es mich, als er frag­te: „Wenn Sie Epi­de­mie sa­gen, mei­nen Sie dann die Vö­gel oder die Wol­ken­ge­bil­de?“
    „ Bei­des sind si­cher­lich Ma­ni­fe­sta­tio­nen ur­al­ter Wahn­bil­der. Aber wenn sie auch von Men­schen ge­se­hen wer­den kön­nen, die von aus­wärts kom­men, was sind sie dann? Rea­li­tät?“
    „ Se­hen Sie da einen Zu­sam­men­hang zwi­schen den Wol­ken­ge­bil­den und wirk­li­chen Per­so­nen, etwa Ih­ren Vor­fah­ren?“ frag­te Hol­mes wei­ter.
    Cum­ber­ton-Shoy­le zö­ger­te, während er in einen Ses­sel ver­sank und nach­denk­lich an sei­ner Zi­gar­re sog. „Durch­aus mög­lich. Se­hen Sie, im Grun­de ge­nom­men sind die Wol­ken­phäno­me­ne letztend­lich die ein­zi­ge Kon­stan­te durch alle Zei­ten. Man fin­det sie schon in den Auf­zeich­nun­gen iri­scher Mön­che, die um 900 die Ge­gend be­sie­del­ten. Auf den Fun­da­men­ten ih­res Klos­ters, das im Jah­re 1112 aus un­kla­ren Grün­den nie­der brann­te, er­rich­te­te mein Ahn­herr Tyne, wo­bei am Süd­tor auch noch die Ap­sis der ro­ma­ni­schen Kir­che er­hal­ten blieb. Schon die Mön­chen kann­ten die Wol­ken­for­ma­tio­nen, von de­nen wir auch heu­te noch heim­ge­sucht wer­den, den Drei­spitz, den sie al­ler­dings das „Kru­zi­fix“ nann­ten. Sie be­schrie­ben den „Mar­tins­man­tel“, den „Rei­ter der Apo­ka­lyp­se“ und die „Jung­frau Ma­ria“. Sie er­ken­nen die Par­al­le­len. Merk­wür­di­ger­wei­se blieb ih­nen die „Sil­ber­bu­che“ fremd, je­nes wind­ge­zaus­te Baum­wölk­chen, das im 16. Jahr­hun­dert erst­mals be­schrie­ben wur­de und of­fen­bar

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