Voodoo Holmes Romane (German Edition)
aufgetischt hat, um etwas ganz Ähnliches handeln?“ fragte ich.
„ Die Hyäne? Nun, es ist möglich. Ich kann mir nicht erklären, wie ein Eismensch, der wohl eher ein wächsernes, gar durchscheinendes Antlitz haben müsste, so einen pelzigen hundskopfartigen Aspekt annehmen könnte. Aber vielleicht ist es ähnlich wie mit Cumberton-Shoyle: Das Gesicht des Eismenschen wirkt in dem Fall dann zu schrecklich, um vom Gehirn akzeptiert zu werden, weshalb es an die Stelle seines Bildes ein anderes setzt.“
„ Was nicht dazu passt, ist ihre Aussage, er hätte die kopflose Leiche ihrer Herrin in Armen gehalten“, gab ich zu bedenken.
„ Tatsächlich. Man muß aber sagen, daß das ihre Geschichte eher glaubwürdiger macht. Und es ist auch denkbar, daß er ihren Astralleib in Händen hielt, während die physische Leiche zurück in der Kammer blieb.“
„ Merkwürdige Angelegenheit, Holmes“, meinte ich, während ich mich am Kinn kratzte.
„ In der Tat. Deshalb ist es Zeit, die Initiative zu ergreifen“, meinte er. „Ich glaube, die Abendstunden, wenn sich Lady Elin zurückgezogen hat, sind am Geeignetsten, sie zu beobachten.“
10
Das Dinner war auch an jenem Abend kaum unter zivilisierten Bedingungen durchführbar. Unser Gastgeber hatte offenbar einen schlechten Tag, er wirkte krank, war unrasiert und ließ beinahe jedes Gericht, das ihm gereicht wurde, durchgehen. Ganz im Gegensatz dazu ließ es sich Lady Elin angelegen sein, ihre Speisen mit Genuss und lautem Schmatzen zu verschlingen. Man kann sich kaum vorstellen, wie schwierig es ist, unter derart lauten, sittenlosen Geräuschen zu tafeln und zugleich die Contenance zu wahren. Mit großer Erleichterung erhob sie sich dann nach einem Rülpsen und verließ wortlos den Tisch.
„ Was ist bloß in sie gefahren?“ fragte uns Cumberton-Shoyle, kaum daß wir im Rauchersalon zusammen saßen. Er flüsterte fast, oder raunte, als könnte sie ihn durch die Schlosswände durch hören. „Ich erkenne sie nicht mehr“.
„ Ja, in der Tat, Sir, es scheint fast ein Zustand der Besessenheit vorzuliegen“, meinte Holmes.
„ Aber dann tun Sie doch etwas, um Himmels Willen, Holmes, wie lange möchten Sie denn noch zusehen? Sie ist ja offenbar vom Teufel besessen, nicht wahr?“
„ Was schwebt Ihnen vor, Sir Oswin?“
„ Nun, es gibt doch Exorzismen und dergleichen?“
„ Wenn man den Teufel kennt, ja“, gab Holmes zu. „Aber es scheint hier ein anderes Phänomen vorzuliegen. Nach meinem Eindruck bestehen die Verhaltensauffälligkeiten, auf die Sie sich beziehen, seit vorgestern, jenem Abend, an denen in ihrer Kammer der Eismensch lag ...“
„ Ja, das ist wahr.“
„ Zuvor hatte sie sich aber auch schon verändert. Zumindest hatte ich den Eindruck, daß Ihre Ehe, wenn Sie den Ausdruck erlauben, Sir Oswin, seit dem Eintreffen auf Tyne nicht mehr so glücklich war wie zuvor.“
„ Ich weiß nicht, ob man die Missstimmung, auf die Sie sich beziehen, zeitlich so genau zuordnen kann, Holmes, und Sie wissen ja, daß ich zwischendurch in unverantwortlicher Weise verdächtigte ... aber Sie haben Recht, es muß etwas mit diesem verdammten Schloss zu tun haben.“
„ Sir Oswin, wann und wie haben Sie eigentlich Ihre Frau kennen gelernt?“
„ Inwiefern hat das mit den Vorfällen hier zu tun?“
„ Das wird sich weisen. Ich denke, es ist Zeit, darüber zu sprechen.“
Unser Gastgeber machte eine kleine Pause, dann seufzte er, lehnte sich in seinem Sessel zurück und überkreuzte die Beine. „Es war in einer kleinen Bar in Paris, Sie kennen das vielleicht. Sie war sehr hübsch, und ich war allein. Sie kannte mich, hatte mich in der Oper gesehen. Eine Cousine von mir, Lady Ashley, hatte sie während eines Opernbesuchs auf meine Person aufmerksam gemacht, ohne mich ihr damals
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