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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Er­in­ne­run­gen, die ich habe, sind die aus dem Licht­spiel, ein kur­z­er Strei­fen mit dem Ti­tel: „An Af­ter­noon by the Seas­ho­re“. Ich weiß, daß ich in die­sem Film ge­lebt habe, ich ken­ne ihn wie mei­ne Wes­ten­ta­sche, und das ein­zi­ge Merk­wür­di­ge dar­an ist, daß die­se Er­in­ne­run­gen laut­los sind, und in Schwarz­weiß.“
    „ Wie alle Er­in­ne­run­gen“, sag­te ich.
    „ Mit dem Un­ter­schied, daß ich nur eine Fi­gur auf Zel­lu­loid war, und von ei­nem Gott – denn nichts we­ni­ger als ein Gott muß er sein – in Fleisch und Blut ver­wan­delt wur­de.“
    „ Ein­ver­stan­den.“ Ich ver­such­te, mich mit die­sem Ge­dan­ken an­zuf­reun­den.
    „ Das muß doch ir­gend­wie me­di­zi­nisch nach­zu­wei­sen sein, oder?“ frag­te sie mich jetzt im drän­gen­den Ton­fall. „Mit ei­ner Blut­ab­nah­me? Es geht doch nicht, daß man ei­nes Ta­ges flackern­des Licht ist, und im nächs­ten Mo­ment ein Mensch aus Fleisch und Blut, oder?“
“Es er­scheint auf den ers­ten Blick un­wahr­schein­lich, das gebe ich zu“, mein­te ich vor­sich­tig.
    „ Es gab einen Puff, und die Filmspu­le brann­te, an je­nem Don­ners­tagnach­mit­tag im Ode­on in der Nähe der Place Ven­do­me. So hat man es mir nach­her erzählt. Er selbst sag­te, er habe mich auf der Lein­wand ge­se­hen und er sei sich nicht be­wusst ge­we­sen, mich zum Le­ben er­wecken zu wol­len. Er habe es sich nur ge­wünscht.“
    „ Und der Film ver­brann­te.“
    „ Die Ko­pie ver­brann­te, das ist wahr. An­de­re Ko­pi­en aber lie­fen wei­ter, in an­de­ren Licht­spiel­thea­tern. Auf die­sen war ich dann aber ver­schwun­den. Man kann es se­hen, daß ich ein­mal in der Hand­lung vor­ge­kom­men bin. Die Kin­der spie­len am Strand, und man merkt, sie rich­ten ihre Rede an ihr Kin­der­mäd­chen, das nicht da ist. Die El­tern er­mah­nen das Kin­der­mäd­chen, und ein­mal wan­dern Pick­nick­korb und Spiel­zeug, wie von Geis­ter­hand ge­tra­gen, durch die Luft. Ich feh­le in den Sze­nen, oder je­mand wie ich. Das Licht­spiel wur­de zum Rät­sel, zum Ge­heim­nis, und wird im­mer wie­der ge­zeigt, weil die Men­schen die­sem Ge­heim­nis auf die Spur kom­men wol­len. Der Re­gis­seur, ein Ame­ri­ka­ner, hat te­le­gra­phisch ver­si­chern las­sen, daß er da­für nicht ver­ant­wort­lich sei, was die Po­pu­la­ri­tät von „An Af­ter­noon by the Seas­ho­re“ noch er­höht hat. Der Gott, der mich be­frei­te, sag­te, er hat­te den Wunsch dazu ver­spürt, es hat­te ihn die Hoff­nungs­lo­sig­keit ge­rührt, die ich spiel­te.“
    „ Der Gott, wie Sie sa­gen“, ich räus­per­te mich, „wie lebt es sich mit ihm? Ich neh­me doch im­mer­hin an, daß Sie das tun, oder?“
    Sie senk­te den Kopf.
    „ Wol­len Sie mir da­von nicht erzählen?“
    „ Es darf von ihm kein Bild ge­ben“, sag­te sie.
    „ Viel­leicht des­halb, weil es für das al­les eine ganz na­he­lie­gen­de Er­klärung gibt, nicht wahr? Sie wa­ren Schau­spie­le­rin, das kann ja sein. Aber das Licht­spiel scheint ein Scherz zu sein, eine in­ter­essan­te An­spie­lung, viel­leicht dar­auf, daß man Dienst­bo­ten nicht se­hen darf, also ein künst­le­ri­scher Ein­fall. Und Sie wa­ren die Freun­din ei­nes Man­nes, der Ih­nen wie ein Gott er­schi­en, oder die Toch­ter oder sonst je­mand. Sie be­such­ten mit ihm das Licht­spiel­thea­ter und be­ka­men einen Schlag auf den Kopf vom Kar­ten­ab­zwicker, und Ihr Freund war so rück­sichts­voll, für Ihre Amne­sie eine poe­ti­sche Ge­schich­te be­reit­zu­hal­ten. Se­hen Sie, das ist die Kraft der Ver­nunft – nicht, daß ich mei­ne, recht zu be­hal­ten, son­dern nur, daß es auch an­de­re Aus­le­gun­gen ge­ben kann als die Ihre, und das mit höhe­rer Wahr­schein­lich­keit.“
    „ Ich kann mir vors­tel­len, daß Sie so den­ken“, mein­te sie. „Aber es wird Ih­nen auch klar sein, daß das kei­nen Un­ter­schied macht. Es gibt den Film und es gibt mich und mei­ne Ge­schich­te. Und Ihre In­ter­pre­ta­ti­on ist ge­nau­so gül­tig für Sie wie mei­ne für mich.“
    „ Ja, das ist wahr“, gab ich zu, „und doch gibt es eine Ge­schich­te, die wir ge­mein­sam er­lebt ha­ben und das aus ei­ner ähn­li­chen Per­spek­ti­ve, näm­lich Tyne.“
    „

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