Voodoo Holmes Romane (German Edition)
ein merkwürdiges Gefühl. Schien sich eben noch in ihren Körper etwas anderes, Mächtiges zu schieben, so hatte sie dieser Geist nun wieder verlassen. Es war ein Mädchen, das mir gegenüber saß, nicht mehr. Ich wurde aus dem ganzen nicht schlau, fragte aber nach: „Und was gedenken Sie jetzt, zu tun, Madame?“
„ Es bleibt mir wenig übrig, das gebe ich zu“, sagte sie. „Ich bin nichts als seine Rippe. Er hat mich erschaffen aus dem Nichts. Wenn er stirbt, sterbe ich auch.“
„ Das kann ich nicht ganz verstehen“, meinte ich.
„ Wie sollten Sie auch? Sie sind ein Mensch. Ich bin nur das Abbild eines Menschen.“
„ Jetzt stapeln Sie aber tief. Sie sind eine durchaus ansehnliche Frau aus Fleisch und Blut, und wesentlich jünger und vitaler als ich.“
„ Ja, meinen Sie?“ fragte sie zweifelnd. „Das Leben ist sehr schwach in mir. Ich weiß nicht, wie ich es verstärken kann. Wenn nicht bald etwas geschieht, ist es zu Ende. Eine Flamme, die erlischt.“
„ Nein, bitte“, sagte ich. Es war ein Flehen in meiner Stimme, das mir an mir selbst neu war. Ich wusste nicht genau, was es war, aber ich hatte mich unwillkürlich, während wir sprachen, immer weiter vorgebeugt, und die Hand, die die ihre hielt, drückte sie schon so fest, daß sie zusammenzuckte. War es die Wirkung des Porphyreiaöls, das gerade wieder als Geschmack in meinem Mund auftauchte? Es war ein lieblicher Geschmack, der mich von innen heraus wärmte, und mir die innigsten Gefühle bereitete. Sie schien davon etwas zu spüren, denn die Anspannung in ihrem Arm wuchs, als wollte sie ihn zurückziehe, und wage es doch nicht, da etwas Unsagbares ihn am Ort hielt.
„ Was wollen Sie denn von mir?“ brachte sie schließlich hervor, fast unwirsch, und wie ein Kind.
„ Ich möchte Ihnen näherkommen“, sagte ich mit einem Rauschen in den Ohren.
„ Was haben Sie sich da vorgestellt?“
„ Das kommt darauf an, was ich verlangen kann.“
Es gab eine kleine Pause, und danach schaute sie mich geradeaus an und sagte: „Alles. Sofern Sie mir versprechen, daß nachher mehr Leben in mir ist als jetzt.“
„ Was schwebt Ihnen vor. Wollen Sie mein Blut? Ich gebe es Ihnen.“
„ Nein, nicht ihr Blut“, lachte sie. „Vielleicht ein bisschen ... Zärtlichkeit? Ich weiß, das klingt merkwürdig, wenn ich so etwas von Ihnen verlange, einem Engländer.“
„ Nun, ich bin nicht ganz unerfahren“, gab ich zurück, und richtete mich auf. Innerlich wurde mir allerdings noch etwas schwummriger. Wollte Sie denn vielleicht, daß ich irgend so ein Säuseln von mir gäbe wie in diesen Mittelmeerländern, ich glaube, man nennt das dort „amore“? Ich erwiderte: „Okay. Aber nicht alles auf einmal.“
Also gingen wir durch die Hintertür des Lokals in einen dunklen, verwilderten Garten. Irgendwo hoch oben, aus einem Fenster, beleuchtete uns ein Kranz von Kerzen auf einem Lüster, heimelig, ein Hauch. Wir waren das erste Mal unbeobachtet, allein, und es entstand daraus eine automatische Nähe. Unschlüssig bewegte sie sich, und auch ich war scheu, und wusste nicht, wie ich mit dieser Intimität umgehen sollte. Da streckte sie überraschend die Hand wieder vor, und ich nahm sie zögernd. Es war eine warme, sichere Hand. Und so drängte sie sich an mich, etwas vom Flaum eines Vogels, ein Kontakt ihres Oberkörpers mit meinem, und die Hand dazwischen wie eine kleine Barriere. Ich spürte, wie sich Energie zwischen uns aufbaute. Ich hätte nicht sagen können, von wo sie ausging, und wer wen wärmte. Mir schien es, als glühte sie, und ich begann zugleich innerlich zu kochen. Ich fühlte mich sehr wohl. Wir standen ganz nahe, und hielten unsere Hände, ein warmer Kontakt für zehn Sekunden, und dann ließ sie sie los und sagte: „Gut, das ist genug. Das muß mir für heute Abend reichen. Und wie ist das mit Ihnen? Reicht Ihnen das, als erste
Weitere Kostenlose Bücher