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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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dünn ge­wor­den, Elin“, sag­te ich, „wa­ren Sie krank?“
    Wir wa­ren ei­ni­ge Schrit­te ge­gan­gen, und sie blieb ste­hen, wand­te sich mir zu, trat dann ganz nahe her­an, fass­te den Um­schlag mei­ner leich­ten Jacke und küss­te mich auf die Wan­ge. Ihre Hän­de duf­te­ten, und ihr Ge­sicht.
    „ Sie Gu­ter“, sag­te sie, „dan­ke für den Man­tel, und Ihre Ge­duld. Der Man­tel ist schön mol­lig warm. Ihre Kör­per­wär­me hat et­was von Bier­stu­be und def­ti­gem Es­sen, John. Mö­gen Sie es, wenn ich Ih­ren Na­men nen­ne?“
    Ich nick­te. Die Fra­ge war mir pein­lich, also fuhr ich un­ter­neh­me­risch fort: „Dann ge­hen wir jetzt ein­mal in eine Knei­pe und wär­men Sie ganz auf, und dann erzählen Sie mir, was Sie mir sa­gen wol­len, mei­ne Lie­be.“
     
    Ge­sagt, ge­tan. Wir hock­ten in ei­ner je­ner zahl­lo­sen Gast­stät­ten am Mont­mar­tre (je­ner, die Hol­mes und ich kurz zu­vor auf­ge­sucht hat­ten, ich woll­te kei­ne Ex­pe­ri­men­te ein­ge­hen) und wa­ren von ei­nem mir wei­ter un­be­kann­ten Fleisch­ge­richt wun­der­bar satt ge­wor­den und gos­sen nun schon die zwei­te oder drit­te Fla­sche Weißweins nach, ein herr­li­che Land­wein, wie ich ihn noch nie ge­kos­tet hat­te, leicht, aber voll im Ge­schmack, über­haupt nicht sau­er und mit der Ei­gen­schaft, die Mund­schleim­haut woh­lig zu kit­zeln. Wir hat­ten uns über Be­lang­lo­ses un­ter­hal­ten, die Weltauss­tel­lun­gen, und das Fak­tum, daß Pa­ris je­des Mal alle an­de­ren Städ­te als Ver­an­stal­ter über­trof­fen hat­te. Als ich erzähl­te, daß ich schon 1889 bei der Weltauss­tel­lung in der Stadt ge­we­sen sei, da­mals, als ich noch an der Sor­bonne stu­dier­te, sag­te sie: „Das ist in­ter­essant. Da­mals war ich auch schon da. Man kann sa­gen, da­mit habe al­les be­gon­nen.“
    Ich merk­te, daß nun der Au­gen­blick ge­kom­men war, an dem die ärzt­li­che Kon­sul­ta­ti­on be­gann, und setzte mich zu­recht, denn es war mir un­be­hag­lich bei dem Ge­dan­ken. Denn un­ge­ahnt der Ge­spräch, die ich mit Hol­mes über den Fall ge­führt hat­te, war mir doch klar, daß die­se Ge­dan­ken eine Sei­te der Rea­li­tät wa­ren, und die Din­ge des Le­bens et­was an­de­res. Man kann Men­schen my­tho­lo­gisch über­höht be­trach­ten, wie das der jun­ge Hol­mes tat, und dann ge­heim­nis­vol­le Zu­sam­men­hän­ge erah­nen, mit de­nen die Mensch­heit mit­ein­an­der ver­strickt ist. Man kann aber auch die nüch­ter­ne Be­trach­tungs­wei­se wählen. Nach die­ser be­fand ich mich als Eng­län­der mitt­le­ren Al­ters mit ei­ner zwei­fel­haf­ten jun­gen Dame in ei­nem Pa­ri­ser Eta­blis­se­ment. Was wuss­te ich denn wirk­lich über sie und et­wai­ge Be­schwer­den, zu de­nen sie mich kon­sul­tie­ren woll­te? Sie wür­de doch si­cher­lich nicht das Ge­spräch auf das Göt­te­r­elek­tron brin­gen, von dem sie viel­leicht ahn­te, oder das sie in ih­ren Ge­fühlen er­leb­te, doch von dem ihr Ver­stand wo­mög­lich gar nichts wuss­te. Was wa­ren denn die ober­fläch­li­chen Wahr­hei­ten in ih­rem Fall? Wel­ches Schick­sal hat­te sie denn in dem All­tag, den sie leb­te? War Sie eine Ko­kot­te ge­we­sen und Sy­phi­li­ti­ke­rin ge­wor­den, hat­te sie da­mals ein Kind ver­lo­ren, wur­de ver­ge­wal­tigt, leb­te ab­sint­hab­hän­gig in ei­nem grü­nen Schlei­er oder däm­mer­te als Opi­um­süch­ti­ge in Bou­doirs? Aber so jung wie sie war, was moch­te sie als Mäd­chen da­mals so er­schüt­tert ha­ben, daß es ihr so schwer fiel, mir da­von zu erzählen?
    „ Ich kann Sie verste­hen“, sag­te sie rasch, „es war ge­ra­de so ge­müt­lich, und ich kann mich gar nicht ent­sin­nen, wann ich mich das letzte Mal so ge­löst ge­fühlt habe, so sor­gen­frei. Aber ich bin Ih­nen eine Er­klärung schul­dig, schon we­gen der Vor­fäl­le auf Tyne.“
    „ Ja“, sag­te ich rat­los.
    „ Sie kön­nen sich er­in­nern, daß ich Sie be­frag­te, we­gen mei­ner Ge­sund­heit.“
    „ Ja. Und die war dann ja, wie die Un­ter­su­chung er­gab, ta­del­los. Zu­min­dest er­schi­en es mir so.“
    „ Es mag Ih­nen so er­schie­nen ha­ben, Dok­tor, und es war für mich auch eine große Er­leich­te­rung, um nicht zu sa­gen,

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