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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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auch der afri­ka­ni­sche Knüp­pel, den man aus der Ent­fer­nung für eine Waf­fe hal­ten konn­te, trug zu sei­ner ab­leh­nen­den Mie­ne bei. Schließ­lich hat­te er mich als harm­lo­sen Spin­ner aus­ge­macht und über­re­de­te er mich, schla­fen zu ge­hen, und am nächs­ten Tage wie­der zu­kom­men, ab 9 Uhr sei das Mu­se­um wie­der ge­öff­net. Ich spiel­te mit dem Ge­dan­ken, ihn zu über­wäl­ti­gen, aber die Ver­nunft hielt mich dann doch zu­rück. Eben­so sinn­los wäre es ge­we­sen, in den Bau durch ein Sei­ten­fens­ter ein­bre­chen zu wol­len: Das Bri­ti­sche Mu­se­um ist eine Fe­stung, und das nicht zu Un­recht, denn es birgt die größten Kul­tur­schät­ze der Völ­ker.
    Was ich den Rest der Nacht ge­macht habe, kann ich heu­te nicht mehr sa­gen. Zu­erst saß ich in ei­ner Bar, dann hock­te ich eine Wei­le im Re­gents Park un­ter ei­nem Baum, den Re­gen­ma­cher zwi­schen den Bei­nen wie eine Stan­ge, an der sich ein Er­trin­ken­der aus den Flu­ten zieht, bis mich dort ein Bob­by auf­las und wie­der ver­trieb. Ich spür­te die Käl­te nicht, und nicht die Feuch­tig­keit, und kei­ne Mü­dig­keit. Kei­nes­falls woll­te ich in die Ba­ker Street zu­rück­keh­ren, der Ge­dan­ke, mich Hol­mes zu stel­len, war mir ein Gräuel, und der nächs­te Ge­dan­ke, ein Ho­tel­zim­mer zu neh­men, ge­nau­so un­er­träg­lich. Ich war, muß ich of­fen ge­ste­hen, nicht mehr ganz von die­ser Welt. Der ein­zi­ge Ge­dan­ke, den ich noch fas­sen konn­te, war der, ins Mu­se­um zu ge­lan­gen, und die ein­zi­ge Hand­lung, zu der ich noch fähig war, das Um­klam­mern des Re­gen­ma­chers, der selt­sam schwieg, seit­dem es zu Gie­ßen auf­ge­hört hat­te.
     
    Am fol­gen­den Mor­gen war mei­ne Auf­re­gung so groß, daß ich den Kaf­fee, den ich in ei­ner klei­nen Knei­pe ser­viert be­kam, zur Hälf­te ver­schüt­te­te, be­vor ich doch ei­ni­ge Schlucke war­me Flüs­sig­keit in mich hin­ein brach­te. Ich stand schon zehn Mi­nu­ten vor neun vor dem Por­tal des Mu­se­ums und muß an­ge­sichts mei­ner lä­dier­ten Klei­dung, die längst wie­der ge­trock­net war, einen ver­däch­ti­gen Ein­druck ge­macht ha­ben, denn die Blicke, die mich ver­folg­ten, wa­ren sehr un­freund­lich. Es dau­er­te eine Wei­le, bis ich in den Saal ge­kom­men war, des­sen Herz­stück der Sar­ko­phag mit der Mu­mie bil­de­te. Ich stell­te mich mit zit­tern­den Hän­den da­vor und war kaum im­stan­de, mit dem Schwen­ken des Re­gen­ma­chers zu be­gin­nen, doch kaum tat ich es, schi­en der Raum von ei­ner zau­ber­haf­ten Me­lo­die er­füllt, wie ich sie noch nie ge­hört hat­te. Es war we­ni­ger ein Tröp­feln und Pras­seln, das aus dem Holz drang, als ein Sum­men und Wis­pern und Lis­peln, als wären das die wah­ren Stim­men von Afri­ka. Zwi­schen den Klän­gen war au­ßer­dem ein klei­nes Schar­ren oder Hu­schen im Raum zu mer­ken, wie von Mäu­sen, die um Ecken flit­zen, oder große In­sek­ten, die an Schei­ben flat­tern. Ich merk­te, daß die­se Ge­räusche im oder am Sar­ko­phag ent­stan­den, vor dem ich mich auf­ge­baut hat­te. Und dann glaub­te ich, eine Stim­me zu hören, eine dump­fe, hoh­le Stim­me, die gleich­wohl un­miss­ver­ständ­lich die Stim­me ei­ner Frau war, und trat nach vor, mit sperran­gel­weit ge­öff­ne­ten Sin­nen, und Oh­ren, die auch noch das kleins­te Rau­nen und lei­ses­te Flüs­tern ver­nom­men hät­ten. Des­halb zuck­te ich zu­sam­men, als ihre Stim­me dann laut wur­de, und man hat­te gar nicht mehr den Ein­druck, daß die Stim­me die­ser Frau, die mich hier rief, aus der Tie­fe ei­nes Sar­ges kam: „Da bist du end­lich! Er­lö­se mich! Ich habe schon im­mer auf dich ge­war­tet!“ Während ich mich nach vor­ne stürz­te und be­sin­nungs­los auf den Deckel warf, um ihn bei­sei­te zu räu­men, wa­ren da schon die Mu­se­ums­wa­chen, die mich zu­rück­hiel­ten, und ich schrie auf, als sie mich vom Sar­ko­phag zerr­ten. Mei­ne Stim­me brüll­te so laut und fremd, daß ich sie selbst nicht mehr er­kann­te, und dann traf mich der be­herz­te Schlag des Re­gen­ma­chers, den man mir ent­wun­den hat­te, auf den Kopf und das war’s. Als ich wie­der zu mir kam, be­fand ich mich im Kran­ken­haus, ge­nau­er

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