Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Obduktion ergab, daß die Todesfolge Magendurchbruch infolge Durchspießung spitzer Gegenstände war. Die Rosen, die Lady Hampton alles bedeutet hatten, brachten ihr den Tod. Ihr Witwer wurde per Gerichtsurteil frei gesprochen und erbte das ganze Vermögen, daß er dann innerhalb von zwei Jahren in Monte Carlo verjubelte, um dann als armer Mann wiederzukehren, wodurch er gezwungen war, neuerlich bei ahnungslosen Reichen, die von der Geschichte nichts gehört hatten, die Stelle eines Gärtners zu ergattern. In seinen Aufgabenbereich gehörte dann auch die Pflege eines Rosengartens, was ihm erlaubte, einmal im Jahr am Grab seiner Frau eine solche abzulegen. Ungeschält, übrigens. Was immer er damit meinte.
Eigentlich könnte man die Geschichte hier beenden, aber im Interesse des Nachfolgenden darf hier nicht verschwiegen werden, daß die Gewalttätigkeit, die Lady Hampton in der Selbstvernichtung aus Liebe zeigte, durchaus schon in ihr angelegt gewesen war. Es ist einem diskreten Hinweis von Holmes zu verdanken, daß Lord Hampton, der erste Ehemann, wenige Monate später exhumiert wurde. Mehrere Jahre nach seinem Tod konnte die Obduktion dann nur mehr Hinweise auf eine Todesursache ergeben, diese aber wiesen in eine klare Richtung: Ein großer, von Dornen bewehrter Holzkeil hatte ihm die Atemwege verlegt. Offenbar war dem Neunzigjähren vermutlich im Schlaf, als er mit offenem Munde schnarchte, ganz tief ein riesiger Rosenstiel in die Kehle gerammt worden, den er nach schmerzhaftem Erwachen herausriss und sich damit die inneren Organe zerfetzte. Über die näheren Umstände konnte man leider nichts mehr erfahren, da Lord Hampton nicht nur alt und schon deutlich gebrechlich gewesen war, sondern durch die Durchtrennung seiner Stimmbänder im Rahmen des zum Tode führenden Vorgangs auch kein Wort mehr gesprochen hatte. Hatte die Frau, die durch Rosendornen starb, auch mit Rosen gemordet? Ich habe darauf keine Antwort. Wohl aber weiß ich, daß mit dieser Nacht im Hampton Palace eine merkwürdige Obsession des Schicksals begann, uns mit Rosen zu konfrontieren. Bald würden wir ihren Stachel spüren.
Urlaub mit Rosen
Nur die Sterne kennen unser Schicksal, wir aber sprechen zwangsläufig von Geheimnissen. Jedes Geheimnis, das gelöst wird, ruft dann automatisch Verwirrung hervor und jene tiefgehende Enttäuschung, die den Nährboden der Depression bildet, denn sein Schicksal zu kennen, und sei es nur in einem kleinen, unwesentlichen Punkt, zeigt mit Wucht die Kläglichkeit aller Erkenntnis. Nehmen Sie Moses, der Gott schauen wollte, und mit dem Mantel Gottes abgespeist wurde, im Vorübergehen. Eine ähnliche Erfahrung streifte mich in jenem Jahr, und das sprichwörtlich, denn ich kostete ein Geheimnis und schrammte dabei nur um Haaresbreite am Tod vorbei. Die Rede ist von jenem Anschlag auf mein Leben. Kurz nach unserem Eintreffen in Budapest wurde ich von einem fallenden Objekt beinahe tödlich getroffen. Ich stand eines Abends vor dem Hoteleingang, um auf Voodoo Holmes zu warten, als ich hochblickend einen rundlichen Schatten gewahrte. Im nächsten Moment gab es einen dumpfen Knall und ich verlor das Bewusstsein. Als ich wieder erwachte, hörte ich aufgeregte Stimmen und verspürte Stiche wie von Nadeln am Kopf und im Bereich meines Gesichts. Ich konnte nur mein rechtes Auge öffnen und dabei gewahrte ich Blut, Erde, Wurzeln und ein Dickicht von Dornen. Erst nachher würde ich erfahren, worum es sich dabei handelte: Um einen alten, holzigen Dornenstrauch, der sich beim Aufprall gabelartig um meinen Nacken geschlungen und sich dabei an mehreren Stellen in die Haut gebohrt hatte, sodaß er
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