Voodoo in London
Ganges. Er wusste, was sich hinter ihr abspielte, doch er wollte es nicht sehen. Der King sollte mit seinen lebenden Leichen allein bleiben. Von einem Augenblick zum anderen verstummten die Trommeln. Ein letztes Echo schwang noch durch den Keller, danach herrschte Ruhe. Bisher war Querada auf-und abgewandert, nun stoppte er, atmete tief durch und starrte die Tür an.
Auf seinem Rücken hatte sich eine Gänsehaut gebildet. Er bewegte sich nicht mehr. In seinem Mund sammelte sich der Speichel, und er schluckte ihn nicht herunter.
Sekunden vergingen. Die Stille zerrte an seinen Nerven. Querada überlegte, ob er nachschauen sollte, dazu kam er nicht mehr, denn die Tür wurde von innen geöffnet. Gerade so weit, dass sich ein Mensch hindurchschieben konnte. Im Spalt erschien das Gesicht des Kings. Zu einem Grinsen war es verzogen, und er lachte plötzlich geifernd, als er Querada zu sich heranwinkte.
»Komm her. Du darfst sie sehen!«
Der Leibwächter wusste, dass Widerspruch zwecklos war. Mit »weichen« Knien setzte er sich in Bewegung. Dafür umklammerten seine Hände hart das automatische Gewehr.
Der King öffnete die Tür weiter. Jetzt konnte auch Querada über die Schwelle gehen, tat dies und stand in dem Verlies, in dem die Zombies lauerten.
Mit dem Anblick hätte er eigentlich rechnen müssen, dennoch zeigte er sich geschockt, als er die zahlreichen lebenden Toten sah, die nun frei waren.
Man konnte sie als eine Truppe des Grauens, als eine kleine Armee des Schreckens bezeichnen. Nein, gegen sie hatten die Menschen keine Chancen, wenn sie unbewaffnet waren.
Der King stand dort, wo auch die Fotos an der Wand hingen. Er hatte seinen massigen Körper gegen die Vitrine gelehnt, und um seine Lippen zuckte ein Lächeln. Den Voodoo-Stab hielt er in der rechten Hand, und Querada erkannte das seltsame Glühen der Köpfe.
Sie hatten ihre Magie ausgespielt und schützten auch den, der über die lebenden Leichen befahl.
»Schau sie dir an«, sagte der King. Er genoss es, die Beklemmung seines Leibwächters zu erleben.
Die lebenden Leichen standen nie still. Sie gingen, wankten, torkelten, fielen hin, standen wieder auf und näherten sich der Tür, ohne sie allerdings zu durchschreiten. Bestimmt hatte ihnen der King noch keinen entsprechenden Befehl erteilt.
Auch Querada wurde nicht angegriffen, da hielten sich die Zombies stark zurück.
Zwischen ihnen befanden sich die absurdesten und schrecklichsten Geschöpfe. Leichen, die sich bewegten, ansonsten schon Spuren von Verwesung zeigten. Ein widerlicher Gestank schwängerte den Raum. Knochensplitter schauten aus manchen Gesichtern hervor. Andere Körper zeigten Messerwunden oder Kugeleinschläge.
Die Haut der meisten war gelblich, zum Teil mit dunklen Flecken übersät und an manchen Stellen schon gerissen.
Eine Armada des Grauens befand sich in diesem Kellerraum. Und sie war bereit, London zu überschwemmen.
»Na, wie gefällt dir das?« fragte King Grenada.
»Ich bin beeindruckt«, gab der Leibwächter zu.
»Mehr nicht?«
Querada hob die Schultern und verzog die Mundwinkel. Im Hals spürte er einen trockenen Geschmack. Die Handflächen waren feucht. Sie schmierten auf dem Kolbenholz der Waffe. »Was soll ich noch dazu sagen? Ich hoffe, dass Sie sie auch unter Kontrolle haben.«
»Das habe ich!« King Grenada ging einen kleinen Schritt vor. »Sie gehorchen mir aufs Wort. Wie die Raubtiere einem Dompteur.«
»Der Vergleich ist schlecht, King. Ich las vor Kurzem noch, dass ein Dompteur von seinen Tigern zerfleischt wurde.«
»Zweifelst du?« Kings Stimme klang drohend.
»Nein, nicht.« Querada schaute seinen Chef bei der Antwort nicht an. Sein Blick war auf die Zombies fixiert, die in etwa eine Reihe gebildet hatten. Sie nahmen die gesamte Breite des Raumes ein. Ein lebender Leichnam war besonders vorwitzig. Während er ging, drehte er sich und stand plötzlich vor Querada.
Bevor dieser sich versah, hatte der Untote ihn schon angefasst. Die Klaue des Zombies lag auf seiner Schulter und rutschte an seinem angewinkelten Arm nach unten.
Querada drehte durch. Sein Gesicht verzerrte sich für einen Moment, als er sich drehte und genau zielte, bevor er abdrückte. Die Kugel traf aus kürzester Distanz mitten ins Zentrum.
Sogar die Mündungsflamme berührte noch die teigige Haut, und in Grenadas Sammlung fehlte ab jetzt einer.
Der King wurde wütend. »Mach das nicht noch einmal, sonst ergeht es dir schlecht!« drohte er.
»Verdammt King. Ich bin auch nur ein
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