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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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alle wollen dieses Problem freundschaftlich lösen. Sie haben hervorragend für Alex gesorgt, das bezweifelt niemand.«
    Â»Ich bin sein Vater, Ms. Haranzo«, erwiderte ich.
    Â»Natürlich. Doch jetzt ist Christine in der Lage, für den Jungen zu sorgen, und sie ist die Mutter. Außerdem ist sie Rektorin einer Grundschule in Seattle.«
    Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. »Sie hat Alex vor einem Jahr verlassen.«
    Â»Das ist nicht fair, Alex«, meldete sich Christine zu Wort. »Ich habe dir gesagt, dass du ihn fürs Erste nehmen könntest. Unsere Übereinkunft war immer vorübergehend gemeint.«
    Â»Dr. Cross, stimmt es, dass die meiste Zeit Ihre zweiundachtzigjährige Großmutter für das Baby sorgt?«, fragte Ms. Haranzo.

    Â»Wir alle sorgen für ihn«, sagte ich. »Außerdem war Nana voriges Jahr, als Christine nach Seattle zog, nicht zu alt. Sie ist extrem fähig, und ich glaube nicht, dass Sie Nana je im Zeugenstand haben möchten.«
    Die Anwältin fuhr fort. »Ihre Arbeit hält sie oft fern von daheim, nicht wahr?«
    Ich nickte. »Gelegentlich. Aber Alex ist immer bestens versorgt. Er ist ein glückliches, gesundes und gescheites Kind, das die ganze Zeit über lächelt. Und er wird geliebt. Er ist das Zentrum unseres Haushalts.«
    Ms. Haranzo wartete, bis ich fertig war, dann begann sie von neuem. Ich hatte das Gefühl, hier vor Gericht zu sein. »Ihre Arbeit, Dr. Cross, ist gefährlich. Sie haben schon mehrmals Ihre Familie in Gefahr gebracht. Außerdem hatten Sie intime Beziehungen mit anderen Frauen, seit Ms. Johnson weggegangen ist. Das stimmt doch, oder?«
    Ich seufzte. Dann stand ich langsam auf. »Es tut mir Leid, aber diese Besprechung ist zu Ende. Entschuldigen Sie mich. Ich muss hier raus.« An der Tür wandte ich mich zu Christine um. »Das hier ist falsch.«

70
    Ich musste raus und für eine Zeit lang auf andere Gedanken kommen. Ich kehrte ins Hoover Building zurück; niemand schien mich vermisst zu haben. Unwillkürlich drängte sich mir der Gedanke auf, dass einige dieser Agenten, die hier im Haupthaus umherwieselten, keine Ahnung hatten, wie man in der realen
Welt Verbrechen bekämpfte. Sie schienen zu glauben, dass man einen Computer mit Daten fütterte und dieser dann irgendwann einen Verbrecher ausspuckte. Auf der Straße passiert es! Geht raus aus diesem fensterlosen »Crisis«-Raum, wo die Luft so schlecht ist!, hätte ich am liebsten geschrien.
    Aber ich sagte kein Wort. Ich setzte mich vor den Computer und las die letzten Meldungen über die Russenmafia. Ich sah keine vielversprechende Verbindung. Nach dem Treffen mit Christines Anwältin konnte ich mich allerdings auch nicht richtig konzentrieren. Kurz nach sieben packte ich meine Sachen zusammen und verließ das Hoover Building.
    Niemand schien zu bemerken, dass ich ging. Und dann fragte ich mich: Ist das so schlimm?
    Als ich heimkam, wartete Nana bereits. Ich ging die Stufen hinauf, da öffnete sie auch schon die Tür und kam nach draußen. »Damon, pass auf Klein Alex auf. Wir sind bald wieder da«, rief sie über die Schulter.
    Nana humpelte die Treppe herunter und ich folgte ihr. »Wohin gehen wir?«, fragte ich.
    Â»Wir machen eine Spazierfahrt«, antwortete sie. »Ich muss mit dir ein paar Dinge besprechen.«
    Oh, Scheiße.
    Ich stieg wieder in meinen alten Porsche und ließ den Motor an. Nana ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.
    Â»Fahr los«, sagte sie.
    Â»Jawohl, Miss Daisy.«
    Â»Riskier bloß keine große Lippe, das könnte dir noch Leid tun.«
    Â»Ja, Ma’am.«
    Â»Das ist ein gutes Beispiel für deine große Lippe.«
    Â»Das weiß ich, Ma’am.«

    Ich beschloss nach Westen zu fahren, in Richtung der Shenandoah Mountains, eine wunderschöne Landschaft und Nanas Lieblingsroute. Anfangs schwiegen wir beide, was äußerst ungewöhnlich war.
    Â»Was war bei der Anwältin los?«, fragte Nana schließlich, als ich auf die Route 66 einbog.
    Ich erzählte ihr die lange Version, wahrscheinlich weil ich Dampf ablassen musste. Nana hörte still zu, dann tat sie etwas für sie sehr Ungewöhnliches: Sie fluchte. »Zum Teufel mit Christine Johnson. Sie ist im Unrecht.«
    Â»Ich kann nicht Christine die gesamte Schuld geben«, erklärte ich. Obwohl ich es nicht wollte, sah ich auch ihre Seite bei

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