Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vor dem Fest

Vor dem Fest

Titel: Vor dem Fest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saša Stanišic
Vom Netzwerk:
»Frau Mahlke, das ist ganz in Ordnung, dass Sie jetzt keine Sonnenbrille aufhaben. Wegen den Augen. Weil die sind wirklich in Ordnung, so wie sie sind.«
    Ja, und da wollte Frau Mahlke die Bulette dann doch probieren, eine kleine Ecke nur, später unterschrieb Herr Schramm den Vertrag, und Frau Mahlke gab ihm die Hand und fuhr los nach Berlin zurück, den Sonnenuntergang im Rückspiegel.
    Herr Schramm setzte sich in den Kahn und fuhr raus, diesmal allein. Eine Kante, der Typ. Das Gesicht wie eine Stiefelsohle. Fest und ledrig und narbig. Akut weißes Haar, das Stressweiß des Ex-Militärs, dünn, brüchig. Er rauchte. Er hatte an dem Tag – zwei Monate ist das jetzt her – viel geraucht. Wir wundern uns nicht, dass die Vermittlerin keine Fragen zum Rauchen gestellt hat. Herr Schramm rauchte und nahm sich vor, aufzuhören, ließ sich treiben, bis das Licht nur noch eine Vorstellung von Glanz war in Frau Mahlkes Augen, während sie die Bulette aß.

METZGEREI KRONE – MITTAGSTISCH
    Montag: Braten in Bratensoße (4,40 EUR )
    Dienstag: Kassler mit Sauerkraut (4,40 EUR )
    Mittwoch: Buletten (3,90 EUR )
    Donnerstag: Wurst im Speckmantel (4,40 EUR )
    Freitag: Braten in Bratensoße (4,40 EUR )
    Sonnabend (Fest-Spezial): Grillen hinten

IM JAR 1589, ZU ANNENFESTE , hat sichs zugetragen, daß dem hiesigen Krüger, Ulrich Ramelow, die Frau abhanden gekommen, und er an ihrer statt eine andere bekommen, die er gleichwol nicht wolte behalten. Das Volck sagte, der Krüger hette wol nicht gentzlich verstanden, wie er einst gemahnet, davon zu lassen, uns schlechtes Bier vorzusetzen. Für das Annenfeste hatte er widerum ein Gebräude nemlich ausgeschancket, daß die Trinkenden allerley Incommodität erfuhren, und geschmecket hat es übel obendrein!
    Der Krüger traff alsdann das fremde Weib in seinem Hause an und nirgendwo fandt das eigne. Derb theilte die Fremde ihm mit, daß er müsse jetzt mit ihr auskommen und daß derowegen er ja nicht sinne, die Sache dem Schultzenanzuzeigen. Tue er es, so brächte er sie, sich selbst, doch vor allem seine liebe Frau in eine noch größere Noth als ohnhin. Umb seine Pferde stehe es im Übrigen bestens.
    Unser Erbbraukrüger wußte nicht, wie ihm geschehen! Wie ihm geschehen, war aber, daß er kein anständiges Weib haben solte, so er kein anständiges Bier braute. Dieß Weib war nemlich eine liderliche Person, welche wenig zu Gott, seinem Wort und heiligem Abendmahl gehalten und Fluchen und Lästern sehr ergeben und bald auch belegt war mit etlich übel Gerucht.
    Der Krüger ergab sich seinem Loos, umb seine Frau und Pferde nicht zu gefehrden, doch schwor er auch, nicht mehr zu pfuschen. Bis daß der nächste Vorrath aber würde gebraut sein, konnte das Weib an seinem Namen und im Kruge viel Schaden anrichten. Sie bürdete Ramelow verschiedentlich Begehr und Befehl auff und machte ihn arm.Auch zog sie allerlei Gesindel und Außländer und Taugenichtse an. Ehrlicher Mann ward im Kruge kaum noch gesehen.Täglich hat es groben Schimpff und Heddern zwischen den Gästen gegeben und Faustkampff, wol auch umb des Weibes Gunst, dasselbe eine sehr freie Person gewesen.
    In der Nacht als der Krüger das frische, ehrliche Gebräude ausgeschancket, war das Weib verschwunden, und im Bette lag ein Besen. Bald kehrte auch seine wahre Frau zurück und war darob auch wol gantz froh. Sie theilte mit, zwey Männer hetten sie mit Gewaldt in eine Hüle im Kiecker entführet und erpresset, daselbst mit ihnen zu verweilen. Dieß weren böse Buben, wol gar diebisch und betriegerisch unterwegs, zu ihr indes stets vornehm und brav. Essen habe sie allwege gut können, auch ernstzlich und lustig erzelen mit den beiden. Manches mal weren die beiden fort gewesen und hetten sie mit einem Fuchse gelassen, welcher ein gantz zahmes Thiere gewesen, und sie liebten es sehr. Sodann sie später wider gekommen, brachten sie allerley schöne Wahren mit: gantze Tucher, gute Röcke aus Damast, Atlas, Seide gar, dann Geschmeide und sonstiges.
    Einmal habe sie fleuchten wollen, doch der Fuchs sey ihr wie ein Hund gefolget. Voller Furcht, dieß Thier könnte sie verrathen, gab sie auff.
    Die Krügerin wußte die Männer zu describiren und kannte ihre Namen. Der eine von langer Gestalt, der andre klein und wie ein Karpfen rund. Geheißen hat der erste Kuno und der andre Hinnerk. Sie seyen aus Fürstenfelde gebürtig. Diese Mittheilung hat etliche Überfäl und Raubzüge explizirt, dieselben sich zugetragen in der Gegend. Der

Weitere Kostenlose Bücher