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Vor dem Sturm

Vor dem Sturm

Titel: Vor dem Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Lichterschein, der von rechts und links her auf die Gasse fiel, ließen sich die aus Piken und Gewehren zusammengesetzten Pyramiden deutlich erkennen. Vor den Häusern standen die Landsturmmänner im Gespräch mit den Frauen und Mädchen, denn alles, was Waffen tragen konnte, war in Reih und Glied.
    Bamme hielt bei Miekleys Mühle neben einer Art Biwaksfeuer, das hier mitten auf dem Fahrdamme angezündet worden war. Die Pelzmütze tief ins Gesicht gerückt, den Husarensäbel über den grauen Mantel geschnallt, gewährte er jetzt, angeglüht von dem Flammenschein, auf seiner hochbeinigen roten Fuchsstute einen noch groteskeren Anblick als bei seinem Ritte zur Revue. Neben ihm hielt Hirschfeldt.
     
    Und nun schlug es neun, und ehe noch der letzte Schlag verklungen war, hieß es: »An die Gewehre!« Jeder, der das Kommando hörte, wußte, von wem es kam. Diese scharfe Krähstimme hatte nur einer. Die Landsturmmänner des zunächststehenden Bataillons gehorchten augenblicklich und mit der Präzision alter Soldaten, während Hirschfeldt die Dorfgasse hinaufjagte, um den Befehl von Bataillon zu Bataillon zu bringen. Dann warf Bamme die Fuchsstute links herum, nahm zwischen zwei Holzpfeilern, die den Eingang zum Mühlengehöft bildeten, Stellung und kommandierte: »Bataillon, marsch!«. Die Tambours schlugen an, und unter Hurra ging es im Geschwindschritt an dem Alten vorbei, der immer, wenn ein neues Bataillon herankam, die Pelzmütze lüpfte, um wenigstens die vordersten Rotten zu begrüßen. Jetzt kam auch das Bataillon Lebus, das die Nachhut bildete; die Schwedentrommel lärmte, und der Protzhagener Kuhhirt, mit dem Junker-Hansen-Horn, blies unablässig dazwischen. Es klang wie Feuerruf.
    Vitzewitz und Drosselstein ließen im Vorbeimarsch präsentieren, und erst als der letzte Mann ihres Nachhut-Bataillons vorüber war, gab auch Bamme seinen Platz zwischen den zwei Pfeilern auf und folgte an der Queue der Kolonne.
    Eine halbe Stunde später war wieder alles still in der Dorfgasse, und nur die Lichter brannten noch bis tief in die Nacht hinein; denn da war kein Haus, dessen Insassen nicht den Zug in Furcht und Hoffnung, mit Sorgen und Gebet begleitet hätten.
    So war es auch in der Pfarre. Hier saßen Renate und die Schorlemmer, die gekommen waren, sich Rat und Trost zu holen. Wenigstens galt dies von Renate. Die Schorlemmer hatte selber, was sie brauchte, und nahm ihre Zuflucht lieber zu dem eisernen Bestand ihrer Lieder und Sprüche, die sie, nicht ganz mit Unrecht, für heilskräftiger ansah als alles, was ihr Seidentopf bieten konnte.
    Beide (Renate wie die Schorlemmer) waren noch nicht lange zugegen, als auch Marie vom Schulzenhofe her eintrat. Man begrüßte sich herzlich, aber es wollte kein rechtes Gespräch aufkommen, und nachdem einige gleichgültige Worte gewechselt waren, sahen alle schweigend vor sich hin. Immer wieder im Laufe des Tages war versichert worden, daß es sich aller Wahrscheinlichkeit nach nur um ein leichtes Unternehmen handle, daß die Franzosen demoralisiert seien und daß man angesichts dieser Tatsachen einen regelrechten oder gar hartnäckigen Widerstand kaum zu gewärtigen habe; nichtsdestoweniger hatte Hirschfeldts ernste Miene und mehr noch Bammes inmitten aller Heiterkeit unverkennbar hervortretende Unruhe deutlicher gesprochen als alle jene hoffnungsreichen Versicherungen. Die Gefahr sollte geleugnet werden, aber sie war da. So hing jeder allerlei trüben Gedanken nach, am meisten aber Marie. Für Lewin fürchtete sie nichts, es war ihr, als ob irgendein Flammenschild ihn schützen müsse; aber Tubals gedachte sie mit Zittern. War es eine Neigung, ihr selbst zum Trotz? Nein. Es lag nur tief in ihrer Natur, an einen Ausgleich zu glauben, das Mysterium von Schuld und Sühne war ihr ins Herz geschrieben, und ihre geschäftige Phantasie malte ihr dunkle Bilder, wechselnd in der Szenerie, aber ihr Inhalt immer derselbe.
    So vergingen Minuten; das Schweigen wurde peinlich, um so peinlicher, als auch der sanguinische Seidentopf, der seiner Natur nach immer mehr hoffte als fürchtete, an diesem Schweigen teilnahm.
    Endlich sagte Renate: »Welchen Weg werden sie nehmen? Ich habe den Papa zu fragen vergessen. Am Fluß hin ist es näher, aber der Höhenweg ist besser und nicht so trist und öde.«
    »Soweit ich Bamme verstanden habe«, antwortete Seidentopf, »wollen sie bei Reitwein oder doch spätestens bei Podelzig die Kolonne teilen und auf
beiden
Straßen vorgehen, die Barnimschen unten an

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