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Vor Nackedeis wird gewarnt

Vor Nackedeis wird gewarnt

Titel: Vor Nackedeis wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Charles
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verärgert. Plötzlich begann er zu kichern, sein Kichern schwoll zu einem Lachen und dieses Lachen zu einem schallenden Gelächter an.
    »Bist du naß?« Er schüttelte sich.
    Adele kicherte.
    Jan lachte.
    Colette lächelte.
    Barbara lachte, und alle lachten immer noch, als das Boot sanft zum zweiten Male auf eine kleine Insel auflief.
    Colette schnappte sich das Ankerseil und sprang an Land. »Daß abe isch oft gemacht«, sagte Colette. »In Marseille.«
    Mit einer Fertigkeit, die nur eine langjährige Praxis mit sich bringen kann, legte sie das Seil in drei Knoten um einen Baum. Bernie öffnete wieder die Motorhaube und kitzelte die Ölpumpe. Sie gab ein wenig Flüssigkeit frei, und er nickte befriedigt. Merkwürdig, aber die Zufuhr vom Brennstofftank zum Motor entsprach nicht dem Bedarf der Maschine. Dreck oder Sand mußten die Ursache sein. Er betätigte den Starter, der Motor brüllte auf, und das Boot schoß auf die See hinaus.
    »Merde«, schrie Colette.
    Das Seil war fachgerecht an dem Baum befestigt. Selbst Nelson hätte das Boot nicht fester anbinden können. Deshalb war es schade, daß das Seil nicht besonders gut an dem Boot verknotet war. Colette stand verlassen am Strand und hielt das andere Ende des Taus in der Hand, während das Boot auf die offene See hinausschoß wie der von einem Bogen abgeschossene Pfeil.
    « Je suis montée sur ma tête«, erklärte Colette. Dann beruhigte sie sich mit der Überzeugung, was in der einen Richtung laufe, könne sich schließlich auch in der anderen Richtung bewegen.
    »Die kommen surrück«, sagte sie.
    Aber das war ein Irrtum.
    Denn die konnten gar nicht zurückkommen.
    Der wirkliche Grund für das Bocken und Absaufen des Motors wurde Bernie in einem grausigen Augenblick der Erkenntnis klar. Er hatte nämlich völlig vergessen, den Tank zu füllen. Tatsächlich waren sie in der Mündung herumkutschiert, ohne auch nur einen Kubikzentimeter mehr als zwei Liter Brennstoff zu haben.
    Hilflos trieben sie von der Insel weg, wo ihr französischer Gast nunmehr ausgesetzt war.
    »Das Besondere an dieser Spule ist«, erklärte Donald seinem aufmerksam lauschenden, aber auch sehr skeptischen Freund, »daß sie über eine Vorrichtung verfügt, durch die man verhindert, daß die Angelschnur sich verfängt. Man kann die Wurflänge einstellen, und automatisch blockiert die Spule, wenn diese Länge abgerollt ist. Siehst du, hier?«
    »Sehen heißt glauben«, meinte Mr. Richard Widderby. »Was diese Vorrichtung angeht, so bin ich ein Atheist.«
    Hochfahrend meinte Donald: »Ich werde meine Spule demonstrieren. So!« Er drehte sein Armgelenk. »Auf fünfzig Meter eingestellt«, gab er bekannt.
    Die Spule drehte sich, der Haken segelte in einem eleganten Bogen durch die Luft und schlug siebzig Meter weiter mitten im Fluß auf dem Wasser auf. Es gab ein vernehmliches Klick, und die Spule blockierte mit einem Ruck.
    Donald rief: »Na, siehst du!«
    Aber die Angelschnur selbst lief weiter. Sie lief sehr unregelmäßig weiter ab und zwar in allen möglichen Richtungen und verknotete sich dabei.
    »He, Mensch!« schrie der Besitzer dieses Gerätes und schlug mit seiner Hand auf die wie verrückt ablaufende Schnur. Und in weniger als drei Sekunden war diese Hand in einer Reihe von Verknotungen gefangen, auf die ein professioneller Segler neidisch gewesen wäre.
    »Hm« war alles, was Richard Widderby hierzu sagen konnte.
    Schweigend zeigte Donald seine gefesselte Hand.
    Völlig gebrochen sagte er: »Befrei mich. Komm, wir gehen schwimmen.« Richard durchschnitt die Angelschnur, und beide verschwanden in der Bootskajüte.

    Nach Ablauf einer halben Stunde wurde Colette sich endgültig darüber klar, daß ihre besorgten, englischen Eltern nicht so schnell zurückkehren würden, wie sie es erhofft hatte. Hilflos mußte sie mit ansehen, wie der Weiße Elefant flußabwärts trieb und hinter einer kleinen Insel verschwand. Mit gespitzten Ohren lauschte sie auf das Geräusch eines Motors, der vielleicht wieder anspringen würde. Aber alles, was sie hörte, war das leise Plätschern der Wellen zu ihren Füßen und das Kreischen der Möwen, die über der Insel unentwegt ihre Kreise zogen. »Merde«, sagte sie resigniert.
    Sie erhob sich und begann unruhig am Strand ihrer kleinen, verlassenen Insel hin und her zu laufen. Es soll hier festgehalten werden, daß sie nicht eine Sekunde lang die guten Absichten ihrer Pflegeeltern in Zweifel zog. Aber sie hatte bereits genug unberechenbare Dinge mit

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