Vor Nackedeis wird gewarnt
habe dir ein Nachthemd herausgesucht, das du anziehen kannst. Manche mögen so was, manche nicht!«
»Du, du willst sagen, du glaubst, ich bleibe über Nacht hier?«
Michael sah ehrlich überrascht aus. »Natürlich«, meinte er, »warum sonst hast du dich denn den ganzen Abend an mich geklammert?«
Colette sprang auf, ihre Augen wurden schmal. »Ich dachte, ich mag dich. Ich dachte, du magst mich«, schrie sie ärgerlich. »Was Wildest du dir ein, was ich eigentlich bin? Vielleicht eine kleine Freundin?«
Michael erwiderte lakonisch: »Was denn sonst wohl? Mensch, du bist ein erwachsenes Mädchen, Colette. Du mußt doch zwischen den Dingen unterscheiden können. Du meinst doch nicht, ich sei ernstlich in dich verliebt, oder?« Unglaublich, wie er das so dahinsagte, und das war vielleicht das Verletzendste an der ganzen Sache, verletzender als irgend etwas, das er in diesem Moment hätte von sich geben können.
Colette näherte sich der Haustür.
Sie fragte schnaubend zurück: »Du wolltest also nur mit mir ins Bett? Du würdest nicht den Wunsch haben, mich zu heiraten?«
»Heiraten«, kreischte Michael Redfern. »Sei vernünftig, mein Kind. Warum sollte ich mich an dich binden? Ich mag dich -so aus Spaß und so -, aber mit dir Zusammenleben? Niemals! Würdest du auch nur einen Blick an mich verschwenden, wenn ich nicht diese hübschen Dollars verdienen würde? Du würdest mich meines Geldes wegen heiraten und deinen Körper in diesem Geschäft investieren. Wenn der Mann aber nur deinen Körper will, dann tust du beleidigt. Du hast mit mir herumgespielt, Herzchen, und jetzt mußt du dafür bezahlen. Oder auch nicht. Ich mag willige Mädchen, und wenn du das nicht bist, dann hau ab, Kindchen, hau ab, so schnell du kannst. Es gibt verdammt viele andere Fische in diesem Ozean von Menschen.«
Er stürzte auf sie zu und ließ deutlich erkennen, daß er keine weiteren Worte verschwenden würde. Jetzt mußte sie sich entscheiden, ob sie über Nacht bleiben oder flüchten wollte.
Colette gab Fersengeld.
Sie riß die Haustür weit auf und stolperte in die Dunkelheit der Nacht hinaus. Sie rannte am Strand entlang, bis sie Haus Seeblick erreicht hatte.
Sie war hart, praktisch veranlagt und egoistisch, aber gleichzeitig jung und unreif. Sie war unter zweifelhaften Verhältnissen aufgewachsen und hatte deshalb geglaubt, solche Dinge verstehen zu können. Aber jetzt, da für sie der Zeitpunkt gekommen schien, mußte sie erkennen, daß sie gar nichts verstand. Auch » war sie bis in die tiefsten Tiefen ihrer bürgerlichen Seele erschüttert. Als Ehefrau, so hatte sie immer gedacht, würde sie in Kauf nehmen, daß ihr Mann eine kleine Freundin hatte, aber nie, niemals war es ihr möglich erschienen, daß ein Mann das Ansinnen an sie stellte, selbst die Rolle einer kleinen Freundin zu spielen. Dabei hatte dieser Mann nicht eine Sekunde daran gedacht, sie möglicherweise zu heiraten.
Michael Redfern betrachtete sein gut geschnittenes Gesicht im Spiegel. »Grausam?« fragte er sich forschend. »Ja, ich glaube schon, aber das muß doch so sein, oder? Ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende.« Er blickte finster in den Spiegel. Angewidert sagte er zu sich: »Gott, du bist so schön, und ich wünschte, du wärst es nicht. Heute abend liegst du mir gar nicht, aber schließlich müssen wir ja weiterleben, wir beide, du und ich.« Er ging in sein Schlafzimmer und zog die Decke weg.
Ein Nachthemd lag nicht da. Es hatte auch nie eines dagelegen.
Statt dessen lag da ein Telegramm von seinem Agenten, der ihm mitteilte, seine Frau würde am Wochenende in London eintreffen.
Colette kam am Morgen nach dem Sommerball zum Frühstück herunter. Sie sah bleich und mitgenommen aus.
Adele schaute sie prüfend an, entschied sich dann aber für die Erklärung, der Grund sei der wenige Schlaf. Sie wußte, daß Colette erst gegen drei Uhr nach Haus Seeblick zurückgekommen war.
Sie mußte allerdings zugeben, daß Colette im Vergleich zu Bernie ein Bild strahlender Gesundheit war. Der nämlich lag im Bett und machte den Versuch, mit dem Kater aller Kater fertig zu werden. Bernie sah bleich, alt und gelb aus.
» Maman«, sagte Colette leise, »isch farren nach Ause diese Woche bitte.«
Adele schnappte nach Luft. »Wie bitte, mein Herz?«
»Isch farren nach Ause diese Woche«, erwiderte Colette. »Sie sind serr nett gewesen su misch, aberr isch bleiben nischt längerr.
Bitte können Sie fürr misch buchen eine
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