Vor Schmetterlingen wird gewarnt (German Edition)
telefonierend im Salon. „Sie haben es für übermorgen eingetragen, ja?“, sagte er. Dann hörte er zu und nickte nachdrücklich, obwohl der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung es nicht sehen konnte. „Gut, abgemacht.“
Ava wartete still, bis er fertig war und sie ansah. Sie trat näher. „Hast du eine Minute Zeit?“
Er wirkte ein wenig müde, doch er klang entspannt. „Klar doch. Was gibt’s denn?“
Sie schilderte ihm Mr Tarrofs Situation und dass sie dem alten Herrn ein Taxi geschickt hatte, damit er hierbleiben konnte, bis sie eine Unterkunft für ihn organisiert hatte. „Ich hoffe, das war in Ordnung.“
„Ja, selbstverständlich. Was für ein Unglück.“
„Ja, nicht wahr? Es muss schrecklich sein, wenn jemand in das Zuhause eindringt, in dem man sich sicher fühlte. Und dann bekommt man auch noch eins über den Kopf. Es macht mich ganz fertig, was der arme Mann jetzt ganz allein durchstehen muss.“ Ava fand es eigenartig, sich zur Abwechslung mal mit Cade einig zu sein und ungezwungen mit ihm zu sprechen.
Deshalb verzichtete sie auch auf die weitere Durchführung ihres neuen Plans. Zumindest vorübergehend. Denn es war wirklich nett, dass sie auf der gleichen Seite standen. „Danke, Cade.Ich gebe zu, dass ich während meines Telefonats mit Mr Tarrof kurz vergessen habe, dass dieses Haus im Augenblick nicht mehr mir gehört. Deswegen bin ich dir dankbar für dein Verständnis.“
„Kein Problem.“ Er zuckte die Schultern und musterte sie eingehend von Kopf bis Fuß. „Vielleicht besorgst du dir lieber eine Schürze oder so was. Mr Tarrof muss ja nicht auch noch einen Herzanfall bekommen, nach allem, was er schon durchgemacht hat. Wahrscheinlich hat er die Nase fürs Erste voll von Krankenhäusern.“
Ava musste sich ein Lachen verkneifen. Stattdessen seufzte sie demonstrativ. „Tja, das war’s wohl mit der Ruhe. Da du gerade so verständnisvoll bist – kannst du mich für eine Dreiviertelstunde entbehren? Ich würde gern zu Mr Tarrofs Haus fahren und ein paar Sachen für ihn zusammenpacken. Ich glaube, es wäre besser, wenn er nicht mehr dorthin zurückkehrt, bis ich es habe aufräumen lassen.“
„Das dürfte eigentlich kein Problem sein. Sag mir einfach Bescheid, wenn du aufbrichst.“
„Klar.“ Sie sah ihm ins Gesicht. „Das ist sehr nett von dir.“ „Das Gleiche kann ich von dir sagen. Du kümmerst dich um einen alten Mann, dem du erst ein einziges Mal begegnet bist.“
„Na ja, das mache ich nun mal gern.“ Sie grinste schief. „Ich kümmere mich gern um Menschen.“
Sie sahen einander einen Moment lang an, ehe Ava sich verlegen abwandte. „Gut.“
Cades Telefon klingelte, und sie ließ ihn mit seinem Anruf allein. Nachdem sie den Raum verlassen hatte, atmete sie erleichtert auf. Sie wusste nicht genau, warum, doch dieser kleine Moment der Einigkeit und des gegenseitigen Verständnisses zwischen ihnen schien irgendwie noch gefährlicher zu sein als jede sexuelle Anziehung.
Ava verdrängte diese Gedanken.
Sie kehrte in die Küche zurück, um einen ihrer Kontakte an der Rezeption im Fairmont Olympic anzurufen und über ein freies Zimmer zu verhandeln.
11. KAPITEL
Was für ein langer, anstrengender Tag. Ich bin völlig erledigt. Und was wollen wir wetten, dass ich schon wieder eine schlaflose Nacht vor mir habe?
T ony blieb einen Schritt hinter dem Rundbogen zur Küche wie angewurzelt stehen. Leise beugte er sich nach hinten, um noch einen Blick zu riskieren, und richtete sich sofort wieder auf.
Mist! Er hatte sich nicht geirrt. Was machte denn Tarrof hier?
Heiliger Strohsack, war der etwa hier, um ihn zu identifizieren? Waren die Cops womöglich auch schon unterwegs?
Verdammt, er hatte doch gewusst, dass er lieber nicht versuchen sollte, an den Originalgrundriss des Wolcott-Anwesens heranzukommen. Er war eben kein Einbrecher. Es war viel einfacher für ihn, einsame Frauen zu umgarnen und um ihr Geld zu bringen.
Es war auch viel sicherer. Denn welches Haus der höheren Schichten besaß heutzutage keine Alarmanlage?
Und trotzdem …
Die Gelegenheit war einfach zu gut gewesen, um sie sich entgehen zu lassen. Er hatte am Set gehört, wie jemand einem anderen erzählte, dass Tarrofs Großvater diese Villa gebaut hatte. Aber noch wichtiger, zumindest für Tony, war die Information, dass der Originalgrundriss sich in Tarrofs Besitz befand. Da wusste er, dass er die Lösung für sein Problem mit dem Geheimversteck in der getäfelten Wand gefunden hatte.
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