Vor Vampiren wird gewarnt
zu verheimlichen?«
»Hör zu«, begann ich, hielt aber gleich wieder inne, weil ich völlig durcheinander war. Wie auch immer die Umstände sein mochten - Claude nackt zu sehen... nun, da hätte auch keine andere Frau zuerst mit Wut reagiert. »Ich werde dir jetzt mal ein paar Dinge sagen, und ich will, dass du das ernst nimmst.«
Er wartete, mit der Büste in der Hand und einfach nur höflich aufmerksam.
»Erstens. Ich habe einen Freund, und er ist Vampir, und ich habe kein Interesse daran, ihn zu betrügen, was auch bedeutet, dass ich keine anderen Männer nackt sehen will... in meinem Badezimmer«, fügte ich hastig hinzu, da mir so einige Zweier einfielen, die ich durchaus schon nackt gesehen hatte. »Falls du das nicht respektierst, muss du wieder ausziehen, und wenn du auf dem Weg nach Hause noch sosehr heulst. Zweitens. Ich bekomme heute Abend Besuch, von einem kleinen Jungen, auf den ich aufpassen soll, und ihm gegenüber verhältst du dich besser anständig. Verstehst du, was ich dir hier zu sagen versuche?«
»Nicht nackt rumlaufen, nett sein zu Menschenkindern.«
»Richtig.«
»Ist der Junge dein Kind?«
»Wenn es so wäre, würde ich ihn auch großziehen, darauf kannst du wetten. Er ist der Sohn meiner Cousine Hadley, der Tochter meiner Tante Linda. Hadley war die, äh, Geliebte von Sophie-Anne. Du weißt schon, die einstige Vampirkönigin. Und irgendwann wurde Hadley selbst zur Vampirin. Hunter, den kleinen Jungen, bekam sie, bevor all das geschah. Sein Vater bringt ihn vorbei.« War Claude nicht auch mit Hadley verwandt? Ja, natürlich, und folglich mit Hunter. Ich wies ihn darauf hin.
»Ich mag Kinder«, erzählte Claude mir. »Und werde mich benehmen. Und es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe.« Er machte immerhin den Versuch, zerknirscht zu klingen.
»Komisch, du siehst gar nicht aus, als ob's dir leidtäte. Überhaupt nicht.«
»Es weint tief in mir drin«, erwiderte er mit einem frechen Grinsen.
»Um Himmels willen«, stöhnte ich und ließ ihn stehen, um mich im Badezimmer allein und unbeobachtet ausgehfertig zu machen.
Als ich ins Merlotte's kam und zu arbeiten begann, hatte ich mich wieder beruhigt. Schließlich hat Claude , dachte ich , in seiner langen Lebenszeit vermutlich schon Unmengen Nackter gesehen. Für die meisten Supras war Nacktheit sowieso keine große Sache. Und auch die Tatsache, dass Claude und ich entfernt miteinander verwandt waren - mein Urgroßvater war sein Großvater -, würde für ihn keinen Unterschied machen; eigentlich für die meisten Supras nicht. Also, sagte ich zu mir selbst, alles keine große Sache.
Als eine Zeit lang nicht so viel zu tun war, rief ich Eric auf dem Handy an und hinterließ ihm die Nachricht, dass ich heute Abend ein Kind babysitten würde. »Falls du vorbeikommen kannst, prima. Ich wollte dir nur vorher Bescheid geben, dass noch jemand da sein wird«, sprach ich auf seine Mailbox. Tja, Hunter würde einen ziemlich passablen Anstandswauwau abgeben. Dann fiel mir mein neuer Untermieter im ersten Stock ein. »Und irgendwie habe ich letztens vergessen, dir noch was zu erzählen. Vermutlich wird's dir nicht besonders gefallen... Ach, ich vermiss dich.« Ein Pfeifton ertönte. Meine Sprechzeit war um. Na gut... auch okay. Wer weiß, was ich sonst als Nächstes gesagt hätte.
Heute Abend sollte auch die Fährtenleserin Heidi nach Bon Temps kommen. Es schien schon fast ein Jahr her zu sein, seit Eric beschlossen hatte, sie zu mir zu schicken und mein Land überprüfen zu lassen. Jetzt beunruhigte es mich ein wenig, wenn ich daran dachte. Würde Remy immer noch glauben, eine Beerdigung sei nichts für Hunter, wenn er wüsste, wer bei mir zu Hause sonst noch so aufkreuzte? Verhielt ich mich unverantwortlich? Brachte ich den Jungen in Gefahr?
Nein, so zu denken war doch paranoid. Heidi würde nur durch meinen Wald streifen.
Als ich mit der Arbeit fertig war und bereit, das Merlotte's zu verlassen, hatte ich meine übertriebenen Sorgen überwunden. Kennedy war gekommen, um wieder für Sam einzuspringen, weil er mit der jungen Werwölfin Jannalynn nach Shreveport zum Abendessen und danach ins Casino gehen wollte. Ich hoffte, dass sie gut zu Sam war, denn das hatte er wirklich verdient.
Kennedy drehte und wendete sich vor dem Spiegel hinter der Bar und versuchte wieder mal festzustellen, ob sie abgenommen hatte. Ich sah auf meine eigenen Oberschenkel hinunter. Jannalynn war so richtig schlank, ja, man konnte sie eigentlich sogar dürr
Weitere Kostenlose Bücher