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Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Titel: Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Lorello
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Teufel in ihr vorgeht. Außerdem erzählen sie dir dann eher, was ihnen gefällt.«
    »Aber was ist, wenn ich keine Lust zu dem habe, was er von mir will? Oder wenn mir nicht gefällt, was er gerne hat?«
    »Tja, dann könnte er der Falsche für dich sein.«
    Ich sah ihn verwirrt an. »Nur weil wir uns nicht aufs Vorspiel einigen können?«
    »Hängt natürlich davon ab, wie wichtig das für euch ist.«
    Ich überdachte das und trank etwas Wasser.
    »Stimmt es denn nicht, dass die meisten Männer das Vorspiel am liebsten überspringen würden?«, fragte ich.
    »Nicht, wenn es das Beste am Sex ist.«
    »Ich dachte immer, der andere Teil sollte der Knüller sein.«
    Er beugte sich vor, und ich spürte noch immer die Hitzeseines Körpers von unserem Rollenspiel. »Ich verrate dir mal ein Geheimnis, Andi.«
    »Ich hatte gehofft, du würdest mich küssen.«
    »Alles, was sie dir über Sex erzählt haben, ist falsch«, flüsterte er.
    »Wen meinst du mit
sie

    »Diejenigen, die dir erzählt haben, was du weißt.« Er lehnte sich zurück und sah mich fragend an. »Wie und durch wen hast du denn etwas über Sex erfahren?«
    Das hatte mich noch niemand gefragt, und ich hatte auch noch nie darüber nachgedacht. Ich bin in einer patriarchalischen italienischen Familie an der Nordküste von Long Island aufgewachsen, als Jüngste von drei Geschwistern. Meine beiden Brüder, Joseph und Anthony, sahen gut aus, waren beliebt und sind sehr talentierte Musiker, die schon als Jugendliche professionell gespielt haben. Joey als Jazzsaxofonist, Tony als Rockgitarrist. Mir gegenüber waren sie immer sehr besitzergreifend, bis sie auszogen und mit ihren jeweiligen Bands auf Tourneen gingen. Sie schüchterten alle Raufbolde ein. Sie flankierten mich wie Bodyguards, egal ob wir einkaufen oder ins Kino gingen. Die konnte ich ja schlecht bitten, mich aufzuklären. Wenn ich mal in eine der düstereren Kneipen ging, in denen sie auftraten, sagten sie an, dass ich ihre kleine Schwester war und wortwörtlich »tabu« – was mir immer grottenpeinlich war. In der sechsten Klasse schickte mir Gary Whitmore einen Valentinsgruß mit einem Foto von ihm. Tony rief Gary an und warnte ihn, sich »gefälligst fernzuhalten«. Gary sprach nicht mehr mit mir, und eine Woche später schenkte er meiner Freundin Rosie einen kleinen Kuschelbären.
    Ich erinnere mich nicht besonders gut an meinen Vater; er starb kurz nach meinem dreizehnten Geburtstag an einem Herzinfarkt. Er arbeitete viel, spielte Golf und Gitarre, und sonntags gingen wir alle zusammen in die Kirche. Er verbot mir,Seifenopern zu sehen (»das ist ekelerregend«), Bikinis zu tragen (»du bist doch keine Frau, sondern ein kleines Mädchen«), und Fluchen war absolut verboten, verdammt noch mal. Nach dem Tod meines Vaters machte meine Mutter eine lange Trauerphase durch und hatte keine Zeit, ihre Tochter in Pubertätsfragen aufzuklären. Je älter ich wurde, desto mehr schien sie mich wegen meiner Jugend, meiner Vitalität und meiner Figur abzulehnen. Sie hatte an allem, was ich trug, etwas zu kritisieren, und schon den Klang meines Lachens fand sie anzüglich. Sie kaufte mir weite Pullover und Stretch-Leggings. Zum Ball in der zehnten Klasse hatte ich dreißig Pfund zugenommen, und die Jungen machten sich über mich lustig und glotzten den Heather-Locklear-Typen nach.
    In der Schule wurde sexuelle Aufklärung so sachlich behandelt wie die Uni-Zulassungstests, und ich hatte einfach zu viel Angst, meine Freundinnen zu fragen. Eine von ihnen nannte mich prüde, nachdem ich mich geweigert hatte, mir ein
Playgirl-
Heft anzusehen, das sie irgendwie in die Finger gekriegt hatte.
    Das erzählte ich Devin in einem einzigen Wortschwall. Tja, und wie hatte ich dann etwas über Sex erfahren?
    »Durch Bücher von Judy Blume wahrscheinlich«, sagte ich schließlich.
    »Vertrau mir, es gibt bessere Quellen.«
    Ich ließ den Kopf sinken, Gott, wie erbärmlich war ich doch! Dieses Gefühl kannte ich. Eine überwältigende Scham vergiftete meine Organe, Gallenflüssigkeit schien mich von innen zu zersetzen.
    Obwohl Devin mir gerade klargemacht hatte, dass Liebende keine Gedankenleser wären, reagierte er auf meine Gedanken, als hätte ich sie laut ausgesprochen.
    »Wofür schämst du dich so?«
    Ich hielt den Kopf gesenkt und brauchte ein paar Sekunden, um überhaupt antworten zu können. »Für meine Unerfahrenheit.«
    »Ich finde nicht«, sagte er, »dass das irgendetwas ist, wofür man sich schämen müsste.

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