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Vorhang auf für eine Leiche

Vorhang auf für eine Leiche

Titel: Vorhang auf für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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schon«, antwortete Dogger nach einer kaum wahrnehmbaren Pause. »Danke der Nachfrage.«
    »Phyllis Wyvern ist etwas zugestoßen. Im Blauen Zimmer.«
    »Verstehe.« Dogger nickte und entschwand kurz aus meinem Blickfeld. Als er wieder auftauchte, trug er eine Brille. Ich muss große Augen gemacht haben, denn ich hatte ihn noch nie mit Brille gesehen.
    Wir beide, Dogger und ich, machten uns auf den Weg zum Blauen Zimmer, also wieder quer durch die Halle und zwischen den Schlafenden hindurch. Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, hätte ich bestimmt darüber gelacht, wie Dogger wie ein Fischreiher zwischen Bunny Spirlings Dickwanst und dem ausgestreckten Arm von Miss Aurelia Puddock einherstakste.
    Im Blauen Zimmer angekommen, schloss ich die Tür hinter uns. Da meine Fingerabdrücke ohnehin schon auf der Klinke waren, spielte das jetzt keine Rolle mehr.
    Der Projektor surrte und schnatterte immer noch nervtötend vor sich hin, während Dogger bedächtig um Phyllis Wyverns Leiche herumging und ihr in Ohren und Augen spähte. Den zur Fliege gebundenen Filmstreifen um ihren Hals hob er sich bis zum Schluss auf.
    »Was denkst du?«, fragte ich im Flüsterton.
    »Erwürgt«, antwortete er. »Siehst du das hier?«
    Er holte ein Baumwolltaschentuch heraus und zog damit eines von Phyllis’ unteren Augenlidern herunter. Auf der Innenseite waren zahlreiche rote Flecken zu sehen.
    »Petechien«, sagte er. »Tardieu-Flecken. Ersticken durch schnelles Erwürgen. Eindeutig.«
    Er wandte sich der Filmfliege zu, und seine Miene verdüsterte sich.
    »Was ist denn?«
    »Eigentlich müssten viel mehr Druckstellen zu sehen sein, jedenfalls bei dieser Methode.«
    Ich beugte mich vor und fand auch, dass Phyllis’ Haut erstaunlich wenige Verfärbungen aufwies. Der schwarze Filmstreifen stach von ihrem blassem Hals ab, das Motiv auf den vielen kleinen Einzelbildern war deutlich zu erkennen: Es handelte sich um eine Nahaufnahme der Schauspielerin selbst, in einer Bauernbluse vor einem dramatisch bewölkten Himmel.
    Die Erkenntnis traf mich wie ein Hammerschlag.
    »Dogger!«, raunte ich. »Die Bluse, das Tuch und der Rock  … das gleiche Kostüm trägt sie hier in dem Film!«
    Dogger, der den Leichnam nachdenklich betrachtete, nickte.
    Einen Augenblick lang herrschte eine eigenartige Stille zwischen uns. Bis jetzt waren wir nur Freunde gewesen, aber mit einem Mal kam es mir vor, als wären wir Kollegen geworden – vielleicht sogar Partner.
    Vielleicht ermutigte mich die Nacht dazu, aber es mochte ebenso gut etwas anderes gewesen sein – eine seltsame Zeitlosigkeit hing im Raum.
    »Du hast so was schon mal gemacht, stimmt’s?«, fragte ich unvermittelt.
    »Ganz recht, Miss Flavia«, antwortete Dogger. »Schon oft.«
     
    Ich hatte immer geahnt, dass Tote für Dogger kein fremder Anblick waren. Schließlich hatte er volle zwei Jahre in einem japanischen Kriegsgefangenenlager überlebt, und danach war er gezwungen gewesen, über ein Jahr lang an der berüchtigten Todesbahn in Burma zu arbeiten, wo ihm jeder einzelne Tag zu mehr als nur einer flüchtigen Bekanntschaft mit dem Tod verholfen haben musste.
    Doch abgesehen von Mrs Mullets Getuschel in der Küche wusste ich herzlich wenig über Doggers Zeit beim Militär. Ebenso wenig wie über die meines Vaters.
    Einmal, als ich Dogger beim Stutzen der Rosenbüsche zuschaute, hatte ich versucht, ihn auszufragen.
    »Du und Vater, ihr seid doch zusammen beim Militär gewesen, oder nicht?«, hatte ich so übertrieben beiläufig gefragt, dass ich mir sofort auf die Zunge biss.
    »Ja, Miss«, hatte Dogger geantwortet. »Aber es gibt Dinge, die man am besten auf sich beruhen lässt.«
    »Nicht mal mir willst du davon erzählen?«
    Ich wünschte mir, dass er gesagt hätte: »Ganz besonders dir nicht«, oder etwas in der Art. Etwas, worüber ich genüsslich zu mitternächtlicher Stunde nachdenken konnte – aber den Gefallen tat er mir nicht. Er griff wortlos zwischen die Dornenranken und kappte mit präzisen Schnitten die letzten welken Rosenblüten.
    So war Dogger nun mal. Seine Loyalität Vater gegenüber konnte einen manchmal wirklich auf die Palme bringen.
     
    »Ich glaube«, sagte er jetzt, »es wäre am besten, wenn du nach unten schleichst und Dr. Darby weckst … falls es dir nichts ausmacht.«
    »Wird erledigt!«, erwiderte ich und war schon zur Tür hinaus.
    Zu meiner Verwunderung war Dr. Darby nicht mehr dort, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte. Sein Schlafplatz war verlassen und der

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