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Vorhang auf für eine Leiche

Vorhang auf für eine Leiche

Titel: Vorhang auf für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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gewesen war, so verwandelte sich der Raum jetzt in eine Gletscherhöhle.
    »Dich hassen, Flavia?«, fragte meine Schwester mit bebender Stimme zurück. »Glaubst du das wirklich? Wenn es doch nur so wäre! Das würde alles so viel leichter machen!«
    Damit war sie draußen.
     
    »Es tut mir leid, dass wir alle hier festsitzen«, sagte Vater soeben, »auch wenn wir gemeinsam festsitzen.«
    Was zum Henker sollte das heißen? Entschuldigte er sich etwa für das Wetter?
    »Trotz ihrer … äh … kleinen Polarexpedition haben der Herr Vikar und Mrs Richardson hervorragende Arbeit bei der Beschäftigung und Ablenkung der Kleinen geleistet.«
    Lieber Himmel! Hatte Vater etwa einen Witz gemacht? Das war ja noch nie da gewesen!
    Hatten unsere belastende Lage und die Ankunft der Filmleute ihn um den Verstand gebracht? Hatte er vergessen, dass Phyllis Wyvern tot in ihrem Zimmer lag – nein, nicht lag, sondern saß?
    Die Dorfbewohner, die ein wenig zerknittert, aber aufmerksam lauschend auf ihren Stühlen hockten, quittierten seine Worte mit höflichem Lachen. Die Filmleute standen mit steinernen Mienen in einer Ecke und tuschelten miteinander.
    »Ich habe mir sagen lassen«, fuhr Vater mit einem Blick auf Mrs Mullet fort, die strahlend am Eingang zum Küchenflur stand, »dass wir in der Lage sind, ausreichend Marmelade und frisches Brot zur Verfügung zu stellen, bis wir aus unserer  … Gefangenschaft erlöst werden.«
    Bei dem Wort »Gefangenschaft« musste ich an Dogger denken. Wo steckte er eigentlich?
    Ich drehte mich um und sah ihn. Er stand abseits und war in seinem schwarzen Anzug vor der dunkelbraunen Wandtäfelung kaum zu erkennen. Seine Augen waren finstere Abgründe.
    Ich wand mich auf meinem Stuhl und ließ die Schultern kreisen, als hätte ich einen steifen Nacken, dann stand ich auf und reckte mich übertrieben. Schließlich schlenderte ich zur Wand hinüber und lehnte mich dagegen.
    »Dogger!«, flüsterte ich. »Der Mörder hat sie zum Sterben extra umgezogen!«
    Dogger wandte sich langsam zu mir um, seine Augen wanderten durch den ganzen Raum und begannen dabei zu leuchten, bis sie sich schließlich wie der Lichtstrahl eines einsamen Leuchtturms auf mich richteten.
    »Ich glaube, du hast recht, Miss Flavia«, sagte er.
    Bei Dogger musste man nie lange um den heißen Brei herumreden. Ein Blick zwischen uns sagte mehr als viele Worte. Unsere Gedanken folgten den gleichen Pfaden, und damit war die Welt – abgesehen von Phyllis Wyverns unglückseligem Tod natürlich – völlig in Ordnung.
    Anscheinend war auch ihm aufgefallen, dass …
    Aber mir blieb keine Zeit mehr zum Nachdenken. Ich hatte Vaters abschließende Bemerkungen verpasst. Jetzt war Val Lampman ins Scheinwerferlicht getreten, eine tragische Gestalt, die sich an ein Scheinwerferstativ klammerte, als müsste sie sonst zusammenbrechen.
    »… diesem schrecklichen Vorfall«, sagte er gerade mit zittriger Stimme. »Es ist undenkbar, ohne Miss Wyvern weiterzumachen, deshalb habe ich mich dazu durchgerungen, die Produktion sofort abzubrechen und so bald als möglich nach London zurückzukehren.«
    Ein einhelliger Seufzer kam aus der Ecke, in der die Filmleute standen. Marion Trodd beugte sich vor und raunte Bun Keats etwas zu.
    »Da wir momentan keine Verbindung zum Studio haben«, fuhr Val Lampman fort und legte zwei Finger an die Schläfe, als erhielte er gerade eine Botschaft vom Planeten Mars, »werden Sie verstehen, dass ich diese Entscheidung allein treffen musste. Morgen früh erhalten Sie nähere Anweisungen. Bis dahin, meine Damen und Herren, schlage ich vor, dass wir den Rest dieses traurigen Weihnachtsfestes in Erinnerung an Miss Wyvern verbringen und daran denken, was sie jedem Einzelnen von uns bedeutet hat.«
    Ich dachte allerdings nicht an Phyllis Wyvern, sondern an Feely. Wenn die Dreharbeiten abgebrochen wurden, war ihre Chance, ein berühmter Star zu werden, schon wieder futsch.
    Irgendwann in ferner Zukunft würden Historiker, die sich durch die Archive von Ilium Films wühlten, auf eine Filmrolle stoßen, auf der ein Brief wieder und immer wieder auf einen Tisch gelegt wird. Was sie wohl daraus schließen mochten?
    Auf verquere Weise war es ein hübscher Gedanke, dass die unscharfen Hände mit den langen, schön geformten Fingern meiner Schwester Feely gehörten. Feely würde alles sein, was von Der Schrei des Raben übrig blieb, dem Film, der starb, ehe er das Licht der Welt erblickte.
    Ich gab mir einen Ruck und kehrte in

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