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Vorhang

Vorhang

Titel: Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Schwester Craven vernommen. In ihrer schmucken Uniform wirkte sie tüchtig und zuverlässig, und ihre Antworten waren sachlich und bestimmt. Sie sei über zwei Monate als Pflegerin bei Mrs Franklin gewesen. Mrs Franklin habe unter starken Depressionen gelitten und mindestens dreimal davon gesprochen, dass sie »allem ein Ende machen« wolle, ihr Leben sinnlos und sie nur ein Mühlstein am Hals ihres Mannes sei.
    »Warum hat sie das gesagt? Hatte es Streit gegeben?«
    »Nein, aber sie wusste, dass ihr Mann vor Kurzem einen Posten im Ausland abgelehnt hatte, weil er sie nicht allein lassen wollte.«
    »Und manchmal war sie darüber unglücklich?«
    »Ja. Sie beklagte ihre schlechte Gesundheit und regte sich sehr auf.«
    »Wusste Dr. Franklin das?«
    »Ich glaube nicht, dass sie ihm gegenüber oft davon gesprochen hat.«
    »Und sie litt unter Anfällen von Depression.«
    »Ja, ganz gewiss.«
    »Hat sie jemals konkret von Selbstmord gesprochen?«
    »Ich glaube, sie bediente sich des Ausdrucks: ›Ich möchte allem ein Ende machen.‹«
    »Sie hat nie eine bestimmte Art von Selbstmord erwähnt?«
    »Nein, sie hat sich nur vage ausgedrückt.«
    »Hat sie in letzter Zeit etwas besonders bedrückt?«
    »Nein, sie hat sich verhältnismäßig wohlgefühlt.«
    »Stimmen Sie mit Dr. Franklin überein, dass sie an ihrem letzten Abend guter Laune war?«
    Schwester Craven zögerte. »Nun, sie war erregt. Sie hatte einen schlechten Tag verbracht – sie hatte über Schmerzen und Schwindelgefühle geklagt. Am Abend schien es ihr besser zu gehen, aber ihre gute Laune wirkte etwas unnatürlich. Ihr Verhalten hatte etwas Fieberhaftes und Gekünsteltes.«
    »Ist Ihnen ein Fläschchen oder ein anderer Behälter aufgefallen, der zur Aufbewahrung des Gifts gedient haben könnte?«
    »Nein.«
    »Was hat sie zuletzt gegessen?«
    »Suppe, Kotelett, Erbsen, Kartoffelbrei und Kirschtorte. Dazu ein Glas Burgunder.«
    »Woher stammte der Burgunder?«
    »Es stand eine Flasche in ihrem Zimmer. Der Rest wurde, glaube ich, untersucht und für einwandfrei befunden.«
    »Hätte sie das Gift in ihr Glas schütten können, ohne dass Sie es merkten?«
    »O ja, ohne Weiteres. Ich bin im Zimmer hin und her gegangen, habe aufgeräumt und alles Mögliche erledigt. Ich habe sie nicht beobachtet. Sie hatte ein kleines Köfferchen neben sich stehen und ihre Handtasche. Sie hätte leicht etwas in den Burgunder schütten können oder später in den Kaffee oder in die warme Milch, die sie als Letztes trank.«
    »Was könnte sie in diesem Fall mit dem Fläschchen oder Behälter gemacht haben?«
    Schwester Craven überlegte. »Nun, sie könnte es aus dem Fenster geworfen haben oder auch in den Papierkorb. Sie könnte es sogar ausgewaschen und in das Medizinschränkchen zurückgestellt haben. Dort stehen einige leere Fläschchen. Ich habe sie gesammelt, weil ich immer wieder mal eines brauche.«
    »Wann haben Sie Mrs Franklin zuletzt gesehen?«
    »Um zehn Uhr dreißig. Ich habe sie für die Nacht fertig gemacht. Sie trank noch ein Glas warme Milch und verlangte nach einer Aspirintablette.«
    »Was für einen Eindruck machte sie?«
    Die Zeugin dachte einen Augenblick nach. »Nun, sie wirkte nicht anders als sonst… doch, sie war etwas erregt.«
    »Nicht depressiv?«
    »Nein, eher überdreht. Aber wenn Sie an Selbstmord denken – das könnte durchaus so auf sie gewirkt haben. Sie wäre sich vielleicht sehr heroisch vorgekommen.«
    »War sie Ihrer Meinung nach der Typ, der imstande ist, sich das Leben zu nehmen?«
    Es entstand eine Pause. Schwester Craven schien sich nicht ganz schlüssig zu sein.
    »Nun«, erwiderte sie dann, »ja und nein. Ich – doch, alles in allem würde ich es bejahen. Sie war sehr unausgeglichen.«
     
    Sir William Boyd Carrington trat als Nächster vor. Er machte einen ziemlich mitgenommenen Eindruck, aber seine Aussage war klar und verständlich.
    Er habe mit der Verstorbenen am Abend vor ihrem Tod Pikett gespielt und bei dieser Gelegenheit keine Anzeichen von Depression an ihr festgestellt, doch einige Tage zuvor habe Mrs Franklin in einem Gespräch das Thema Selbstmord gestreift. Sie sei eine sehr selbstlose Frau gewesen, die darunter litt, dass sie die Karriere ihres Mannes behinderte. Ihr habe viel am Wohlergehen und an der Zukunft ihres Mannes gelegen. Ihr Gesundheitszustand habe sie manchmal sehr bedrückt.
    Judith wurde aufgerufen, hatte aber wenig zu sagen.
    Sie wisse nichts über das Verschwinden der Physostigminlösung. Am Abend vor

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