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Vorhang

Vorhang

Titel: Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sahen, wie Allerton und Judith sich küssten. Dann holt Norton Sie hinter die Hausecke zurück. Zweifellos weiß er sehr wohl, dass Allerton sich mit Schwester Craven im Sommerhaus treffen will. Nach einigem Hin und Her ist Norton einverstanden, dass Sie hingehen, aber er begleitet Sie. Der Satz, den Sie von Allerton aufschnappen, kommt Norton wie gerufen, und er zieht Sie schnell fort, bevor Sie entdecken können, dass Allertons Gesprächspartnerin nicht Judith ist!
    Ja, er war ein Virtuose! Und Sie reagierten prompt und mit aller Heftigkeit. Sie beschlossen, Allerton zu ermorden!
    Aber zum Glück, Hastings, hatten Sie einen Freund, dessen Gehirn noch funktionierte. Und nicht nur sein Gehirn!
    Wenn Sie die Wahrheit nicht herausgefunden haben, dann beruht das, wie ich eingangs sagte, auf Ihrer zu großen Vertrauensseligkeit.
    Sie glauben, was man Ihnen erzählt. Sie glaubten, was ich Ihnen erzählte.
    Doch Sie hätten die Wahrheit leicht herausfinden können. Ich hatte George fortgeschickt – weshalb? Ich hatte ihn durch einen weniger erfahrenen und offensichtlich viel weniger intelligenten Mann ersetzt – weshalb? Ich wurde nicht von einem Arzt behandelt, ich, der ich immer so um meine Gesundheit besorgt gewesen war, weigerte mich, einen Arzt zu konsultieren – weshalb?
    Verstehen Sie jetzt, warum ich Sie auf Styles brauchte? Ich brauchte jemanden, der fraglos akzeptierte, was ich ihm erzählte. Sie glaubten meine Behauptung, dass sich mein Gesundheitszustand in Ägypten verschlechtert habe. Das war nicht der Fall. Bei meiner Rückkehr ging es mir viel besser! Mit einiger Mühe hätten Sie das leicht herausfinden können. Aber nein, Sie glaubten mir! Ich schickte George fort, weil er bezweifelt hätte, dass meine Gliedmaßen mir plötzlich den Dienst versagten. George hat ein feines Gespür für das, was um ihn herum vorgeht. Er hätte gemerkt, dass ich ihm etwas vormachte.
    Verstehen Sie, Hastings? Die ganze Zeit über, während ich den Hilflosen spielte und Curtiss täuschte, war ich es gar nicht. Ich konnte gehen – mit einem leichten Hinken.
    Ich hörte Sie ja an jenem Abend heraufkommen. Ich hörte, wie Sie zögerten und dann in Allertons Zimmer gingen. Ich war sofort alarmiert. Schließlich kenne ich Sie sehr gut.
    Ich verlor keine Zeit. Ich war allein. Curtiss war zum Essen hinuntergegangen. Ich schlich mich aus dem Zimmer und über den Gang. Ich hörte Sie in Allertons Badezimmer hantieren. Und prompt tat ich das, was Sie so verachten, mein Freund. Ich ließ mich auf die Knie nieder und spähte durch das Schlüsselloch der Badezimmertür. Zum Glück kann man hindurchsehen, da sie von innen nicht mit einem Schlüssel, sondern mit einem Riegel zu verschließen ist.
    Ich verfolgte Ihre Manipulationen mit den Schlaftabletten und begriff, was Sie vorhatten.
    Und so handelte ich, mein Freund. Ich kehrte in mein Zimmer zurück und traf meine Vorbereitungen. Als Curtiss heraufkam, schickte ich ihn los, um Sie zu holen. Sie kamen gähnend herein und erklärten, Sie hätten Kopfschmerzen. Ich machte sofort viel Aufhebens darum und wollte Ihnen Medikamente aufdrängen. Um des lieben Friedens willen waren Sie bereit, eine Tasse Schokolade zu trinken. Sie stürzten sie rasch hinunter, um so schnell wie möglich verschwinden zu können. Aber ich, mein Freund, ich besitze auch Schlaftabletten!
    Und so schliefen Sie – schliefen Sie bis zum Morgen, wo Sie als der alte gute Hastings wieder erwachten und über das, was Sie fast getan hätten, entsetzt waren.
    Sie waren nicht mehr in Gefahr. Man tut so was nicht zweimal – nicht, wenn man wieder normal geworden ist.
    Aber für mich gab das den Ausschlag, Hastings! Denn was für andere Leute gelten mochte, das traf auf Sie nicht zu: Sie sind kein Mörder, Hastings! Doch Sie hätten wegen Mordes gehängt werden können – wegen eines Mordes, den eigentlich ein anderer begangen hatte, der in den Augen des Gesetzes unschuldig gewesen wäre.
    Ausgerechnet Sie, mein guter, mein ehrenhafter – o so ehrenhafter Hastings! So freundlich, so gewissenhaft – so unschuldig.
    Ja, ich musste handeln! Ich wusste, dass meine Zeit kurz bemessen war – und dafür war ich dankbar. Denn das Schlimmste am Mord, Hastings, ist seine Wirkung auf den Mörder. Ich, Hercule Poirot, hätte zu der Überzeugung kommen können, ich sei von Gott zum Herrn über Leben und Tod eingesetzt worden… Doch zum Glück war die Zeit zu knapp, als dass dies hätte passieren können. Mein Ende war nahe. Und

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