Vorhofflimmern
etwas erzählt? Und du
hast ihr geglaubt? Komm schon, das ist doch wohl nicht wahr.“ Er kam wieder
näher. „Wieso glaubst du dieser dummen Ziege und mir nicht? Es verletzt mich
sehr, dass du immer noch kein Vertrauen zu mir gefasst hast.“
Er war verletzt? Dieser beschissene Mistkerl wagte es
ernsthaft, mir Vorwürfe zu machen und versuchte wieder mir ein schlechtes
Gewissen einzureden?
Das dufte doch alles nicht wahr sein!
Ich war inzwischen so weit vor ihm zurückgewichen, dass ich
mit dem Rücken zur Wand stand. Ich saß sozusagen in der Falle.
„Komm ja nicht näher“, stieß ich hervor und hielt drohend die
Nadel hoch.
„Jetzt ernsthaft?“, fragte er und blieb mit verschränkten
Armen direkt vor mir stehen. „Du bedrohst mich lieber mit einer Kanüle, anstatt
mit mir zu reden?“
Entschlossen zog ich die Plastikkappe von der Nadel und
machte meine Waffe damit sozusagen scharf.
„Das glaub ich ja wohl nicht“, meinte er kopfschüttelnd und
sah mich nachdenklich an. „Jetzt sag mir doch einfach, was ich getan haben
soll, damit ich Steffi ordentlich zur Rede stellen kann, um die Sache zu
berichtigen.“
„Steffi hat damit nichts zu tun“, zischte ich und ließ meine
Hand mit der Kanüle sinken.
„Was ist es dann? Herrgott, Lena! Rede mit mir!“, forderte er
aufgebracht.
„Damit du mir noch mehr Lügen erzählen kannst?“, fragte ich und
spürte, wie sich eine Träne über meine Wange verirrte.
Desiderio reagierte mit Fassungslosigkeit. „Mein Gott, sag
mir doch endlich, was ich getan haben soll!“
Weil ich nur mit meinem Kiefer malte und verbissen schwieg,
machte er einen letzten Schritt auf mich zu.
„Fass mich nicht an!“, kreischte ich.
„Lena, beruhige dich.“ Er streckte langsam seine Hand nach
mir aus.
„Du sollst mich nicht anfassen!“, wiederholte ich und presste
mich beinahe ängstlich gegen die Wand. „Nie wieder!“
„Du musst mir endlich… Aua! Bist du wahnsinnig?“
Ja, man sollte niemals ein verletztes Tier in die Ecke
drängen und dann auch noch die Finger danach ausstrecken. Desiderio würde sich das
jetzt wohl merken, denn in seinem Arm steckte nun zur Strafe die Nadel, die ich
ihm in meiner Verzweiflung einfach hineingerammt hatte.
Das wirkte weit dramatischer, als es war, denn diese Kanüle
war erstens unbenutzt und steril, und zweitens gerade einmal lang genug, um
allerhöchstens in den Muskel vorzudringen, wo sie keinen weiteren Schaden
anrichten würde.
Trotzdem piekte es und das war gut, denn dieser kleine
Schmerz ließ Desiderio automatisch zurückweichen. Dadurch bekam ich endlich
freie Bahn für meine Flucht.
Sofort stürzte ich mich an ihm vorbei, hinaus auf den Flur.
Mein Ziel war die Umkleide und auf meinem Weg dorthin riss ich beinahe noch den
Chefarzt von den Beinen, doch das bekam ich nur so am Rande mit.
Endlich konnte ich die Tür hinter mir zuknallen. Ich sperrte
mit klammen Fingern zu und versuchte mich erst einmal wieder unter Kontrolle zu
bringen.
Das war gar nicht so einfach.
Ich war zornig und traurig zugleich. Lautlos weinte ich vor
mich hin, während ich auf einen Stapel frischer Handtücher einprügelte.
Wieso hatte ich ihn denn nicht einfach zur Rede gestellt?
Weil ich nach wie vor ein riesiger Feigling war und ich Angst
davor hatte. Ich fürchtete mich weniger vor der Aussprache selbst, eher, dass
ich seinen Worten wieder blindlings glauben würde. Dass er mich wieder
einlullte und mich bezirzte, bis ich mich wieder seiner Umarmung hingab.
Nein, ich würde nicht stark genug sein, ihm lange zu
widerstehen. Alles an mir verlangte nach ihm. Mein Körper schrie geradezu
danach, wieder zu ihm zu gehen und in dem Ozean seiner Augen zu versinken. Denn
obwohl er mich so sehr verletzt hatte, vermisste ich ihn und das war es auch,
was mich so wütend machte. Ich war mehr auf mich selbst sauer, als auf
Desiderio, denn schließlich war ich es ja selbst gewesen, die der Verlockung
nachgegeben hatte. Und das trotz der leisen Stimme in meinem Kopf, die mich
partout davor warnte.
Jemand klopfte zaghaft an die Tür. Ich stand sofort
mucksmäuschenstill und lauschte.
Sandras Stimme ertönte gedämpft von der anderen Seite: „Lena?
Bist du da drin?“
Ich zögerte kurz. Schließlich riss ich mich am Riemen, weil
es ja doch keinen Sinn machte meine Anwesenheit zu leugnen. „Ja“, rief ich
erstickt.
„Baumer hat gesagt, ich soll nach dem Rechten sehen. Geht es
dir nicht gut?“
Nicht gut? Mir ging es geradezu
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