Vorhofflimmern
ich
überzeugt.
Ich riss mich von seinem Anblick los, drehte mich auf den
Bauch, wobei ich sehr darauf achtete dabei ein Stück von ihm weg zu rutschen
und versuchte mich irgendwie auf meinen Roman zu konzentrieren.
Das gelang mir sogar für eine Weile.
Desiderio lag ganz ruhig neben mir und döste vor sich hin.
Nur ab und zu bewegte er sich, um eine lästige Fliege fort zu scheuchen oder
sich an der Nase zu kratzen. Diese kleinen Bewegungen reichten jedes Mal aus,
dass ich automatisch zusammenzuckte und zu ihm hinüber sah, worüber ich mich
anschließend einige Minuten lang ärgern musste.
Wovor hatte ich Angst? Dass er sich plötzlich auf mich
stürzen würde?
Wäre es denn wirklich so schlimm, wenn er es täte?
Lena!
So ein Schwachsinn! Ich konnte mich doch nicht auf ewig von
dem Kerl so durcheinander bringen lassen. Damit musste sofort Schluss sein!
Trotz meines Vorsatzes setzte mein Herz einige Schläge lang
aus, als Desiderio mich plötzlich fragte: „Hast du den ersten Teil auch schon
gelesen?“
Ich blickte ihn verwirrt an, so als hätte er in einer mir
unbekannten Sprache gesprochen. Er deutete amüsiert auf das Buch in meinen
Händen.
„Natürlich!“, brachte ich dann hervor. „Sonst ergäbe es ja
keinen Sinn, dass ich jetzt den zweiten lese.“
Er ging nicht auf meine doofe Antwort ein. „Ich fand den
dritten Teil am besten. Der zweite ist meiner Meinung nach in der Mitte
ziemlich langatmig, aber das Urteil solltest du dir selbst bilden.“
Überrascht legte ich das Buch zur Seite. „Du liest?“
„Ja! Stell dir vor, ich kann lesen“, grinste Desiderio.
„Haha, wer hätte das gedacht... Nein, im Ernst. Ich meinte
damit eigentlich eher, dass du Bücher liest. Dass ein Mann lesen kann, heißt
noch lange nicht, dass er es auch tut“, erklärte ich und sagte damit meine
wahre Meinung.
Männer, die sich mit Literatur beschäftigten, waren mir
vollkommen fremd. Zumindest die Exemplare in meinem Alter. Für diese Männer
begann Literatur beim Sportteil der Tageszeitung und gipfelte in einem Artikel
über Angelsport im Playboy-Magazin.
„Ich weiß“, stöhnte er theatralisch, „und ich schäme mich
täglich erneut über meine Artgenossen.“
Er setzte sich auf, stützte die Ellbogen auf seine
angewinkelten Knie und bettete das Kinn auf seinen Händen. Verträumt sah er hinaus
auf den See. „Ich habe schon immer viel gelesen. Schon als Kind haben mich
Geschichten jeder Art fasziniert. Sei es Film oder Roman. Wobei ich Bücher dem
Fernsehen eindeutig vorziehe, denn meiner Meinung nach ist es unmöglich
Gedankengänge und Gefühle komplett in einem Bild einzufangen. Dabei bleiben
immer Fragen offen. Es ist wie bei einem Gemälde, bei dem man sich fragt: Was
denkt die Frau, die diese hübsche Rose betrachtet, gerade? Das passiert in
einem guten Buch nicht. Natürlich gibt es Dinge, die kann man nicht
beschreiben, aber es gibt so unglaublich viele Worte auf dieser Welt, mit denen
man es wenigstens versuchen kann.“
„Das hast du schön gesagt“, hauchte ich fasziniert und
bemerkte erst danach, dass ich das gerade laut ausgesprochen hatte. Peinlich
berührt räusperte ich mich schnell. „Äh, ich meine... ja, du hast recht. Das
finde ich auch. Was, ähm, was liest du denn am liebsten?“
„Hm, das lässt sich nicht so genau festlegen. Eigentlich
Querbeet, je nachdem wonach mir der Sinn gerade steht. Meistens Thriller oder
Krimis, aber auch SciFi und Fantasy.“ Er wandte sich zu mir. „Ich habe sogar
alle Bände der Harry Potter Reihe gelesen“, gestand er.
Ich konnte gar nicht anders, als ihn anzulächeln. „Ich auch“,
zwinkerte ich. „Aber das finde ich wirklich nicht schlimm. Viel schlimmer wäre
es, wenn du die Biss-Reihe ge... oh mein Gott, du hast sie gelesen?“
„Asche auf mein Haupt!“ Desiderio vergrub das Gesicht in
seinen Händen.
„Okay, also das ist nun doch ein wenig seltsam“, kicherte ich
und setzte mich ebenfalls auf. „Ein Mann, der Vampir-Liebesgeschichten liest
und womöglich auch noch für gut befindet.“
Er lugte mit einem Auge zwischen gespreizten Finger hervor.
„Ich fand sie wirklich gut.“
„Tja, ich wusste ja schon, dass mit dir etwas nicht stimmt“,
scherzte ich ausgelassen, „aber, dass es so schlimm ist...“
„Hey! Fass dich lieber an die eigene Nase!“, empörte er sich.
„Ich bin mir sicher, dass dir die Bücher auch gefallen haben.“
„Natürlich, aber ich bin ja auch eine Frau. Ich darf das.“
Desiderio warf in
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