Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Danninger
Vom Netzwerk:
ich ewig mit ihm hier in der Küche sitzen und über Gott und die Welt
reden.
    Desiderios Kichern wandelte sich zu einem Lächeln, bei dem
mir ganz warm ums Herz wurde. Es war nicht so aufreibend, wie sein erotisches
Grinsen, sondern ehrlich und sympathisch. Wieso konnte er nicht öfters so
normal sein? Wenn er mich nicht gerade bis aufs Äußerste anmachte, konnte ich
ihn direkt gern haben. Warum musste er mich denn mit seinem Machogehabe ständig
auf die Palme bringen?
    Gerade als ich ihm eben diese Frage stellen wollte, hörten
wir die elektrische Tür zur Notaufnahme mit einem Brummen aufschwingen.
    Ich rollte mit meinem Bürostuhl vor, damit ich auf den Flur
hinaussehen konnte.
    Und wollte am liebsten sofort die Küchentür zuknallen, als
ich erkannte, wer da auf mich zukam.
    Schwester Steffi kam mit wehenden Extensions und zwei Kilo
Make-Up heran geschwebt und winkte mir mit einem Stapel Papieren.
    „Hiii!“, trällerte sie mir entgegen. „Ich hätte noch ein paar
Entlassbriefe zum Unterschreiben.“
    Briefe unterschreiben? Um diese Uhrzeit? Und dann wurden sie
auch noch von Miss Plastik persönlich vorbeigebracht? Normalerweise beauftragten
die Stationen für solche Dinge das niedere Volk, wie beispielsweise
Praktikanten oder Zivis (neuerdings als BuFDis bezeichnet). Nur in ganz
dringenden Fällen bequemte sich eine Krankenschwester zu einer derart
anspruchslosen Aufgabe.
    „Ist Dr. DiCastellooo noch da?“, fragte Steffi und reckte
suchend ihren dürren Hals.
    Aha, das war also der wahre Grund für ihren späten Besuch.
Sie wollte Desiderio bezirzen.
    Meine Güte, die Frau war so durchschaubar, dass sie sich mit
Glasreiniger waschen sollte.
    „Ich bin hier!“, rief Desiderio, beugte sich ein wenig vor
und winkte durch den Türrahmen.
    „Ah, Herr Doktor! Darf ich Sie noch kurz stören?“, säuselte
Steffi und trat unaufgefordert ein.
    Ihr Tonfall alleine verursachte bereits einen starken
Brechreiz in mir und ich rollte mit meinem Stuhl schnell zurück an den
Schreibtisch, um mich nicht noch zusätzlich ihrer süßlichen Parfümwolke
aussetzen zu müssen. Einzig das respektvolle Sie , mit dem sie Desiderio
angesprochen hatte, stimmte mich ein wenig fröhlicher.
    „Natürlich“, antwortete Desiderio derweil höflich. „Was
gibt’s?“
    „Ich bräuchte driiingend Ihre Unterschrift auf diesen
Papieren.“
    Mit klimpernden Wimpern legte sie besagte Briefe der Reihe
nach vor ihn hin. Ich wunderte mich kurz darüber, dass man mit so viel
Wimperntusche überhaupt noch klimpern konnte. Eigentlich müssten die feinen
Härchen um Steffis Augen durch die viele Farbe so schwer sein, dass sie die
Lider gar nicht mehr hochbekam. Ihre Augenmuskeln mussten erstaunlich sein.
    Desiderio zückte ohne weitere Fragen einen Kugelschreiber und
ging die Schreiben nochmals kurz durch, bevor er jeweils seine Unterschrift
darunter setzte.
    Ich schwenkte derweil mit finsterer Miene auf meinem
Bürostuhl hin und her.
    „ Dringende Entlassbriefe? Wer wird denn bei euch um
Mitternacht vor die Tür gesetzt?“, fragte ich gehässig.
    Steffi lachte und sah mich mit einer Art Mitleid an. „Ach,
aber neeeein. Die Patienten werden natürlich erst morgen Früh entlassen.“
    Fehlte gerade noch, dass sie „du Dummchen!“ hinzugefügt
hätte.
    Was für eine blöde Kuh!
    Ich schlug mir übertrieben die Hand vor die Stirn und
verstellte meine Stimme, als wäre ich wirklich schwer von Begriff: „Achsoooo!
Und ich dachte, dass die Unterschriften auch bei der Morgenvisite reichen
würden.“
    Ha, Treffer!
    Steffi starrte mich wütend an und ich grinste schadenfroh
zurück.
    Desiderio schien von unserer Feindseligkeit nichts zu
bemerken, denn er blätterte unbeeindruckt weiter und kritzelte hin und wieder
seinen Namen unter die Dokumente.
    Als wir genug gestarrt hatten, wandte sich Steffi wieder dem
Grund zu, weswegen sie gekommen war. „Na, Herr Doktor? Hatten Sie viel Stress
heute?“
    Eigentlich war ihre Schleimerei an sich schon schlimm genug,
aber zu allem Überfluss platzierte sie jetzt auch noch in vermeintlich lässiger
Absicht ihren knochigen Hintern direkt vor Desiderio auf dem Tisch.
    Auf MEINEM Küchentisch!
    Während ich vor Empörung beinahe aus den Ohren dampfte, sah
Desiderio nicht einmal zu ihr auf, was Steffi deutlich wurmte.
    „Es ging so“, antwortete er nur abwesend und kritzelte
weiter.
    Ich frohlockte und ergriff sogleich die Chance, die sich mir
bot. „Aber Desiderio, was redest du denn da?“, zwitscherte ich

Weitere Kostenlose Bücher