Vorhofflimmern
starken
Schneefällen.
Bereits der Weg zur ersten Bar wurde eine wahre
Herausforderung. Wir kämpften uns energisch durch die Massen und schließlich
gelang es Frank tatsächlich bis zum Tresen vorzudringen.
„Hier werde ich den ganzen Abend nicht mehr weggehen“,
beschloss er, ein wenig außer Atem.
Er orderte Whiskey-Cola für die Herren und Weinschorlen für
die Damen. Anschließend gab er sein Bestes, um den heißbegehrten Platz an der
Bar zu verteidigen. Gut, dass er so kräftig war, denn es bedarf einer gewissen
Anstrengung, um nicht einfach von den vom Durst getriebenen Massen fortgespült
zu werden. Wir anderen drapierten uns um ihn herum und taten unser Möglichstes,
um ihn ein wenig vom Andrang abzuschirmen, damit unsere persönliche Versorgungsquelle
erhalten blieb.
Schon nach zehn Minuten war ich überaus genervt von der
Drängelei. Frank bemerkte wohl meinen grimmigen Gesichtsausdruck, denn er
drückte mir kurzerhand einen Schnaps in die Hand. Ich musste nicht lange
überlegen, ob ich heute einen Schwips brauchte, oder lieber nicht. So viele
Leute auf einen Haufen konnte ich nüchtern kaum ertragen.
Vera entdeckte irgendwelche Arbeitskolleginnen, entschuldigte
sich kurz und drängelte an mir vorbei. Kurz darauf hörte ich hinter mir ein
mehrstimmiges Kreischen, das deutlich verriet, dass da jemand gerade seinen
neuen Verlobungsring zur Schau gestellt hatte.
Sebastian und Frank unterhielten sich über irgendetwas, das
ich wegen der lauten Musik nicht hören konnte, darum stand ich eine ganze Weile
schweigend da und beobachtete das Treiben um mich herum. Obwohl mich die Männer
immer wieder mit einem Schnäpschen versorgten, langweilte ich mich ein wenig.
Vera blieb verschwunden und ich war immer noch genervt von den vielen
Schubsern, die ich abbekam.
Irgendwann wurde meine Beobachterei doch recht spannend, weil
sich direkt vor mir eine kleine Eifersuchtsszene entwickelte. Ein junges
Pärchen hatte eine ziemlich lautstarke Auseinandersetzung, wobei das lautstarke
hauptsächlich von der Frau ausging. Ihr Freund hatte wohl einer anderen Dame
ziemlich tief in den Ausschnitt geguckt, was nun für seine Freundin ein überaus
großes Problem darstellte. Hach, die jungen Leute! Wie schnell konnte doch aus
einem solch kleinen Ärgernis ein Drama werden! Einerseits tat mir der junge
Mann mit den hängenden Schultern leid, andererseits war er wohl auch selbst schuld
an seinem Dilemma. Es ist keineswegs so, dass Frauen nicht einmal einen
verbotenen Blick auf etwas Hübsches riskieren würden, nur gingen sie dabei
stets etwas subtiler vor.
Eine Frau sieht einen gutaussehenden Mann, denkt sich „ganz
nett“ und wendet sich schließlich wieder den wichtigeren Dingen des Lebens zu.
Ein Mann sieht eine gutaussehende Frau, denkt sich „ganz
nett“, überprüft den Vorbau, denkt sich „wow“, überprüft die Hüfte, denkt sich
„krass“, checkt nochmals den Vorbau, stellt sich das ganze Gebilde einmal in
Nackt vor und reckt schließlich den Kopf, um das Ganze noch einmal von hinten
zu prüfen.
Na, also bitte, liebe Herren, dazu braucht man doch gar
nichts mehr zu sagen, oder?
Dasselbe dachte sich wohl auch gerade die eifersüchtige Dame
vor mir, denn sie schloss ihre Schimpftirade mit einer saftigen Ohrfeige ab und
verschwand anschließend wütend in der Menge. Der arme Kerl hielt sich
bedröppelt die Wange und sah seiner Liebsten erst eine Weile hinterher, ohne
ihr zu folgen. Vielleicht musste er erst abwägen, ob es ihm der ganze Aufwand
überhaupt wert war, oder ob er lieber den vorher bestaunten Ausschnitt suchen
sollte. Letztendlich entschied er sich für seine Freundin und schlich sich niedergeschlagen
in ihre Richtung davon.
Ich hoffte für die beiden, dass sich alles zum Guten wenden
würde, denn eine Beziehung wegen eines solchen Mists zu beenden, wäre dann doch
ziemlich übertrieben.
„Guten Abend, Schönheit“, flüsterte mir jemand ins Ohr.
Überrascht wandte ich den Kopf und blickte direkt in
Desiderios grinsendes Gesicht.
Was wollte der denn hier?
Und, verdammt, warum musste der Kerl eigentlich so
unverschämt gut aussehen?
Er trug verwaschene Jeans und dazu ein dunkelblaues Hemd mit
aufgekrempelten Ärmeln, das genau dieselbe Farbe hatte, wie seine Augen. Und
eben jene Augen strahlten mich so derart intensiv an, dass sie den bunten
Scheinwerfern an der Decke ernsthafte Konkurrenz machten.
„Du siehst umwerfend aus“, schwärmte er anerkennend und
betrachtete mich unverhohlen
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